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# taz.de -- Die Wahrheit: Trällernder Reichsbürger
> Aus den Lautsprechern der Republik jault Xavier Naidoo. Sein Hit heißt
> „Marionetten“. Und der Alukappenträger hat dabei sehr spezielle
> Verbündete.
Bild: Xavier Naidoo2017 auf einem Konzert in Mannheim
Ich höre schon lange kein Radio mehr, weil ich so schreckhaft bin. Immerzu
fahre ich aus meinen Gedanken hoch und fürchte, nun ist es so weit, nun
haben Trump oder Putin oder das lustige Pummelchen aus Nordkorea oder mein
islamistischer Obst- und Gemüsehändler von um die Ecke tatsächlich die
Bombe gezündet, und dann ist es nach einem kurzen Schreckmoment schon
wieder nur Xavier Naidoo, der aus dem Lautsprecher jault, und doch gar
nicht die Zivilschutzsirene.
Aber auch als Zeitungs- und Internetleser ist dem wimmernden Mützengesicht
nicht zu entgehen. Denn er hat eine neue Platte gemacht, und
selbstverständlich muss die Bevölkerung über diesen Katastrophenfall
schnellstmöglich informiert werden. Weshalb er ein Lied namens
„Marionetten“ aufgenommen hat, in dem er auch tatsächlich ein bisschen wie
das Sams aus der Augsburger Puppenkiste vor sich hin schimpft, nur leider
ohne jeden Witz: dass die Politiker eben nur Marionetten seien und
gesteuert von geheimnisvollen Puppenspielern das Volk verraten, im Übrigen
gehören Kinderschänder an die Wand gestellt – was man halt rappt, wenn man
sich kritisch geben und doch nur sagen will, was eh alle sagen.
Mit anderen Worten: gerappte deutsche Leitkultur. Immer ein bisschen
nebulös gegen die Juden, immer schön selbst das unterdrückte Opfer geben,
von Gewaltfantasien getrieben und sich dabei ordentlich die Taschen füllen.
Ganz sicher reicht Naidoo zur Begrüßung auch jedem ordentlich die Hand und
nennt seinen Namen. Naidoo ist der Fleisch gewordene Zehn-Punkte-Plan von
Thomas de Maizière.
Und kaum dass mal ein paar journalistische Kollegen auf die fragwürdigen
Inhalte des trällernden Reichsbürgers hinweisen, springt ihm ein
Telepolis-Trottel zur Seite. Das auf die etwas anderen Theorien
spezialisierte Onlinemagazin überführt uns, also den „Rudeljournalismus“,
der „Hetze“ gegen die „Systemkritik“ Naidoos und stellt sich an die Sei…
des tapferen Barden, der sich auf „einen brutalen Spießrutenlauf
einstellen“ muss, „an dessen Ende die Exkommunikation aus der öffentlichen
Gemeinschaft stehen kann. Nur wenige Intellektuelle, Künstler etc. sind
bereit, diesen Kampf aufzunehmen – Naidoo ist einer von ihnen.“
Ein kämpfender, exkommunizierter Millionär, der auf Zuruf jederzeit in
praktisch jedem Fernsehsender sagen kann, was er will, und der so sehr
gegen das System ist, dass er nicht einmal davor zurückschreckt, sich über
drei Stunden lang mit dem Oberbürgermeister von Mannheim über seine
kontroverse Kritik zu unterhalten. Das muss man sich erst mal trauen: mit
dem Oberbürgermeister von Mannheim!
Xavier Naidoo ist ein wahrer Rebell. Hand in Hand mit Innenminister Thomas
de Maizière kämpft er unerschrocken gegen die Wächter, die ihre
abweichenden Meinungen mit aller Macht unterdrücken wollen. Man wüsste
gern, was das Sams dazu sagen würde, aber das wäre vermutlich sogar den
Puppenspielern in Augsburg zu albern.
12 May 2017
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
Xavier Naidoo
Reichsbürger
Schwerpunkt Rassismus
Xavier Naidoo
Antisemitismus
Lesestück Recherche und Reportage
Reichsbürger
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