# taz.de -- Die Wahrheit: The bad day after | |
> Nach der Wahl ist vor der Wahl. Und der Albtraum beginnt von Neuem. Mit | |
> Wahlkampf. Mit Trump. Mit Clinton. Mit dem ganzen Dreck … | |
Bild: Nach dem Karneval brennt der Hoppeditz – auch nach der US-Wahl | |
Mittwoch, der 9. November 2016, 6 Uhr morgens MEZ. Der Tag danach. Es ist | |
vorbei. | |
Lähmendes Entsetzen überfällt die Menschen auf der ganzen Welt. Nach und | |
nach wird ihnen bewusst: Nun also ist klar, wer die Präsidentschaftswahl | |
gewonnen hat. Und wir alle müssen irgendwie damit klarkommen. Denn | |
allmählich dämmert uns, was das heißt: kein Wahlkampf mehr, keine | |
Wahlkampfberichterstattung, Schluss, aus, game over! | |
Sicher, eine Weile noch überschlagen sich die Analysen: Latino-Wähler hier, | |
deutsche Einwanderer da, Frauen, Schwarze, schwarze Frauen und deutsche | |
Latino-Einwanderer. Wer hat wen und warum gewählt und bei wie viel Grad im | |
Schatten? | |
Aber noch während wir uns durch die Datenberge graben, den | |
Weltpressespiegel lesen und Interviews mit Experten hören, die uns in den | |
letzten anderthalb Jahren zu engsten Bekannten geworden sind, so | |
allgegenwärtig wie die Fruchtfliegen über der Obstschale in der Küche, so | |
vertraut wie das Maulen des Busfahrers der immer gleich verspäteten Linie | |
auf dem Heimweg, wird uns schmerzhaft bewusst, dass das nur noch ein müder | |
Nachhall dessen ist, was einmal war, und wir spüren die drohende Leere tief | |
in uns drin. | |
## Aufregend schillernde Battlegrounds | |
Von nun an werden wir wieder jeden Morgen in die eigene, grottenlangweilige | |
E-Mail-Inbox schauen müssen statt in die noch viel grottenlangweiligere, | |
dafür aber wenigstens geheimnisvoll geleakte von Hillary Clinton. Statt | |
atemlos darauf zu warten, zwischen wessen Beine Donald Trump seine Hand nun | |
wieder hat gleiten lassen, werden wir wie früher nur noch auf uns selbst | |
achten, damit niemand mitbekommt, wie wir mit unserer Hand versonnen im | |
eigenen Schritt herumkraulen. | |
Statt täglicher Polls von aufregend schillernden Battlegrounds wie Nevada | |
oder Florida werden wir wieder quartalsweise politische Stimmungslagen von | |
deprimierenden Ödländern wie Baden-Württemberg oder Mecklenburg-Dingsda | |
lesen. Statt uns an täglich neuen Witzen über das explodierte | |
Meerschweinchen auf Trumps Kopf zu erfreuen, bleibt uns nur der traurige | |
Anblick der lustlosen Frisurimitate von Beatrix von Storch, Boris Johnson | |
und diesem ausgebleichten Holländer. | |
Wo wir in den vergangenen Monaten voll wohligem Grusel in den so wunderbar | |
heruntergekommenen Rust Belt oder in die schaurig-schönen Inner Cities | |
geschaut haben, müssen wir uns jetzt wieder mit Sachsen oder Berlin-Wedding | |
begnügen. Es ist, als sähe man nach einem nervenzerfetzenden | |
Hollywood-Thriller zwei „Tatorte“ des MDR hintereinander, als würde man | |
nach dem Hören einer Platte des amerikanischen Literaturnobelpreisträgers | |
Bob Dylan Gedichte des deutschen Literaturnobelpreisträgers Günter Grass | |
lesen, als freue man sich auf John Olivers „Last Week Tonight“ und müsste | |
stattdessen eine ganze Sendung lang Nuhr im Ersten angucken. Tristesse | |
total. | |
Und wir sind ja nicht die Einzigen! Wer denkt denn bitte an unsere armen | |
Rassisten, die sich statt der knackigen Ansagen von The Donald nun wieder | |
das beamtenartig hölzerne Gerede von Alexander Gauland oder das Gestammel | |
von Horst Seehofer anhören müssen? Wer an die Linken, die ihren | |
Antisemitismus wieder ganz alltäglich an Israel abarbeiten müssen, statt | |
sich über die von der Wall Street gekaufte Hillary ereifern zu können? Wer | |
an die Querfrontler, die, statt Fox News zu sehen, wieder Nachdenkseiten | |
lesen müssen? Und hat mal jemand bedacht, wie die Deutschen sich jetzt | |
insgesamt fühlen, wenn sie nicht mehr auf die waffenwahnsinnigen Amis | |
zeigen können, während sie sich über ihre Rekordexportquoten bei | |
Handfeuerwaffen freuen? Die diejenigen, die sie einst von Hitler befreiten, | |
nun nicht mehr belehren können, sie würden sich gerade einen neuen Hitler | |
wählen? | |
## Die adipöse Fressmaschine als Präsident | |
Aber gerade, als alle sich ganz in ihrer Katerstimmung verlieren, kommt die | |
erlösende Nachricht: Kommando zurück! Die Wahl war ungültig! Alles wird | |
noch einmal wiederholt! Wie FBI-Chef James Comey in einem Brief an den | |
US-Kongress mitgeteilt hat, ermittelt seine Behörde derzeit nämlich gegen | |
Donald Trump, der im Verdacht steht, seinen Body-Mass-Index um mindestens | |
fünf Punkte nach unten geriggt zu haben. | |
In Wirklichkeit aber habe der adipöse „Mr. Piggy“ sich wie eine | |
„Fressmaschine“ benommen und nach seinem Sieg bei den Vorwahlen „massiv an | |
Gewicht zugelegt“. Der Mann habe sich Brüste angefressen wie „eine crooked | |
demokratische Präsidentschaftsanwärterin“, so Comey. Nachdem das Wahlvolk | |
so fundamental getäuscht wurde, bleibt keine andere Möglichkeit, als das | |
Ergebnis zu annullieren und noch mal ganz von vorn anzufangen, und zwar | |
beginnend mit den Vorwahlen. | |
Die Welt atmet erleichtert auf. Das ist ja gerade noch mal gut gegangen! | |
9 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Heiko Werning | |
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