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# taz.de -- Die Wahrheit: Blubbernde Bullenpisse für Berlin
> Vom Erfolg seines Fußballclubs RB Leipzig beflügelt, dehnt
> Red-Bull-Besitzer Mateschitz sein Imperium vom Extremsport in die
> Extrempolitik aus.
Wer hätte das gedacht, als Dietrich Mateschitz Anfang der achtziger Jahre
noch ein Leben als nutzlose Werbekreatur führte und nach Fernost
aufgebrochen war, um dort gebisslosen Mümmelgreisen die neueste
Blendax-Antibelag-Zahnpasta als unverzichtbares Top-Gadget zu verkaufen.
„Ein unbeschreiblich interessanter Markt“, hatte der Chef ihm gesagt und so
hysterisch gekichert dabei, und dann saß Mateschitz am Ende eines langen
Tages, an dem er sich unentwegt hatte auslachen lassen müssen, in einer
Hongkonger Absteige, und es gab nicht einmal ein ordentliches Bier an der
Bar. Stattdessen mümmelte er an einer Flasche mit einem klebrigen roten
Zeugs darin, das nicht nur aussah wie die Pisse von läufigen Katzen,
sondern auch so schmeckte. Mateschitz sann auf Rache.
Sicherlich, der österreichische Tausendsassa hatte halt nichts Anständiges
gelernt in seinem Leben, und seine Zunge war so zugerichtet wie ein Wiener
Schnitzel, weil er seit Jahr und Tag nichts anderes machte, als Leute so
lange zuzusabbeln, bis sie ihm jeden Dreck abkauften, lange schon hätte er
deshalb keine Tasse Jacobs Kaffee von einem Becher Katzenurin geschmacklich
unterscheiden können, aber er würde es schon noch allen zeigen.
## Plörre gegen Kakerlaken
„Bäh, das ist ja wirklich ekelhaft“, dachte er, als er mit dem lauwarmen
Drink kräftig gurgelte, um den nicht minder scheußlichen Zahnpastageschmack
endlich loszuwerden, da kam ihm plötzlich die Idee: Er müsste nur diese
faulige Plörre als hippes Zeitgeistgetränk verticken! Er musterte den
Schriftzug auf der Flasche: „Krating Daeng“. „Das heißt roter Bulle“,
kicherte der Asiat hinter der Bar irre, „altes Hausrezept von meiner Oma.
Ist das Einzige, was wirklich hilft gegen Kakerlaken. Die fallen tot um,
sobald sie das Zeug riechen!“ Da wusste Mateschitz, dass er einen Schatz in
seinen Händen hielt. Freudig erregt kaufte er die Rechte an dem Gesöff.
5,9 Milliarden Dosen (jährlich), ein paar Stratosphärensprünge und einige
Formel-eins-Siege später hat Mateschitz es jetzt endlich geschafft. Seine
roten Bullen stehen auf dem Logo von Rasen Ballsport Leipzig, und sein
Rasen Ballsport Leipzig steht an der Spitze der Fußballbundesliga.
Sicher, es gibt auch Kritik: „Die haben sich ihre Erfolge doch nur mit
wahnsinnig viel Geld erkauft“, beschwert sich etwa Uli Hoeneß. Bitter fügt
er an: „Und ehrlich verdient hat der seine Kohle garantiert nicht, glauben
Sie mir!“ Fan-Vereinigungen beklagen vor allem den Verlust von
Fußballkultur. „Haben Sie schon mal versucht, sich mit Red Bull zu
besaufen?“, fragt etwa Matthias Hörstmann von 11 Freunde, „Ich weiß
wirklich nicht, was so ein Getränk beim Fußball zu suchen hat! Und ich habe
es noch und nöcher ausprobiert: Ich war schließlich lange genug für das
Catering bei RB Leipzig verantwortlich. Aber das schmeckt einfach wie
Katzenpisse. Da kann man ja gleich Kölsch trinken!“
## Standortnachteil Sachsen
Dietrich Mateschitz aber ficht das alles nicht an. Dem Handelsblatt
gegenüber sagte er: „Der einzige Unterschied zwischen dem FC Barcelona,
Bayern München und RB Leipzig ist in 500 Jahren der, dass diese Klubs 600
Jahre alt sind und wir 500. Warum sich manche Leute echauffieren und dafür
sind, dass sie dagegen sind, weiß ich nicht.“ Bescheiden war Mateschitz
schon immer eine Zier, da ist er sich trotz seines Reichtums treu
geblieben.
Überhaupt: Dass er durch Red Bull zum Multimilliardär und zum reichsten
Mann seines Landes wurde, spielt der zurückhaltende Sportsfreund charmant
herunter: „Ja, wissen Sie, der reichste Mann meines Landes, was heißt das
schon? Das ist doch nur Österreich! Jeder Trottel könnte zum reichsten Mann
Österreichs werden, da ist doch gar nichts dabei.“ Da hat er natürlich
völlig recht. Er ist eben ganz natürlich geblieben!
Trotzdem denkt der rüstige 72-Jährige noch nicht daran, sich aufs Altenteil
zurückzuziehen. Schließlich verbleiben genug Herausforderungen, die es
anzugehen gilt. So strahlend RB Leipzig auch dastehen mag, der Standort
seiner Red-Bull-Arena, das weiß auch Mateschitz, bedeutet alles andere als
gute PR: Sachsen. Das marode Zonen-Mordor sorgt beständig für negative
Schlagzeilen, ist einfach schlecht für das Image seiner Marke, und da hört
der Spaß selbst für den sympathischen Geschäftsmann auf. „Schauen Sie doch
allein mal auf die Polizei hier – wie sollen denn da meine Bullen mit
positiven Vibes rüberkommen? Oder die sächsische Justiz: Wie soll jemand
auf dem Platz unseren Schiris vertrauen, wenn an den hiesigen Gerichten nur
Typen herumsitzen, die man nicht mal ein A-Jugend-Spiel pfeifen lassen
könnte?“
Aber zum Glück weiß Mateschitz, wo deren Autos stehen, denn der pfiffige
Unternehmer hat längst vorgesorgt und das ganze Bundesland einfach
aufgekauft. Mit bewährten Methoden wird er es schaffen, den Freistaat
wieder in die erste Liga zu bringen. Dafür muss er sich allerdings zunächst
von den personellen Altlasten trennen.
## Drei Bettpfannen Sangria
Ein spektakulärer Transfer ist ihm bereits gelungen: Lutz Bachmann spielt
ab dieser Saison auf Teneriffa, gegen eine Ablösesumme von drei Bettpfannen
voller Sangria und einer CD „Weihnachten mit Roland Kaiser“ konnte er
erfolgreich nach Spanien abgestoßen werden. Derzeit laufen Verhandlungen
mit Wladimir Putin, ob Russland nicht die verbleibende Restbevölkerung
aufnehmen könne, nachdem diese auf verschiedenen Veranstaltungen den Wunsch
nach einer größeren Nähe zu dem russischen Superstar geäußert hatte. Der
ursprüngliche Vorschlag „Merkel nach Sibirien, Putin nach Berlin!“ habe
sich aber als derzeit nicht praktikabel erwiesen.
Im Wesentlichen nämlich deshalb, weil Mateschitz selbst nach Berlin will.
Nach seinen Erfolgen im Extremsport reizt ihn nun auch extreme Politik.
Da orientiert der Österreicher sich ganz an seinem etwas finanzschwächeren
Milliardärskollegen Donald Trump. „Das Startrecht der SPD für die nächste
Bundestagswahl war billig zu haben“, verrät Mateschitz seine Pläne für das
kommende Jahr, „und wer mit dem SSV Markranstädt einen erfolgreichen
Fußballverein aufgebaut hat, der kann auch aus den Sozialdemokraten eine
richtige Partei machen. Außerdem passt der aktuelle Vorsitzende Gabriel
natürlich sehr gut zu unserem Logo, das ist ideal für die Corporate
Identity – mehr Red Bull ist mit einem echten Menschen kaum darstellbar.
Einen geeigneten Kanzlerkandidaten haben die ja sowieso nicht, das
übernehme ich einfach selbst. Traditionell sind österreichische Politiker
ja als Führungspersonal in Deutschland äußerst beliebt“, scherzt Mateschitz
bestialisch.
## Olé, RB Deutschland
Bald könne man dann auch an einen Anschluss nachdenken, wichtig seien dabei
natürlich vor allem die Namensrechte. Aber RB Deutschland sei ja letztlich
keine große Umstellung. „Klar, es wird wieder Kritik geben. Aber der
einzige Unterschied zwischen Frankreich, Großbritannien und RB Deutschland
ist in 1.000 Jahren der, dass diese Länder von der Landkarte getilgt sind
und wir halt 1.000 Jahre alt. Warum sich manche Leute echauffieren und
dafür sind, dass sie dagegen sind, weiß ich nicht.“ Wir wissen es auch
nicht und wünschen dem sympathischen Familienunternehmer alles Gute für die
Zukunft.
3 Dec 2016
## AUTOREN
Heiko Werning
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