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# taz.de -- Xavier Naidoo und Antisemitismus: Das nächste Alarmsignal
> Der Sänger Xavier Naidoo darf laut einem Gerichtsurteil nicht Antisemit
> genannt werden. Das sagt viel aus – über Deutschland.
Bild: Sänger und „Kein-Antisemit“ Xavier Naidoo
Nun ist es amtlich: Xavier Naidoo, der Sänger, der bei Treffen sogenannter
Reichsbürger [1][gesprochen hat] und [2][von „Marionetten“ singt], die an
den Fäden der „Puppenspieler“ hängen, der Parlamentarier
„Volks-in-die-Fresse-Treter“ nennt, ist kein Antisemit.
Dass Naidoo nicht Antisemit genannt werden darf, hat am Dienstag das
Oberlandesgericht Nürnberg entschieden. Eine Referentin der Amadeu Antonio
Stiftung hatte 2017 festgestellt, in seinen Songtexten sei Antisemitismus
„strukturell nachweisbar“. Daraufhin klagte Naidoo.
Mit dem Beschluss bestätigte das Nürnberger Gericht [3][eine Entscheidung
des Landgerichts Regensburg] aus dem vergangenen Jahr. Damals erklärte die
Richterin, die Mitarbeiterin der Stiftung hätte nicht ausreichend belegen
können, dass Naidoo „in seinem ganzen Tun und Denken als Antisemit
einzustufen ist“. Sie bewertete die Aussage der Stiftungsmitarbeiterin
deswegen als Meinungsäußerung.
Nun gaben die Richter dem Nicht-Antisemiten erneut Recht, sprachen von
einem erheblichen Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht, von einer
Prangerwirkung und einer Herabsetzung seines Ansehens. Und sie würdigten
Naidoos Verhalten – er habe etwa anlässlich des 40-jährigen Jubiläums
deutsch-israelischer Beziehungen ein Konzert gegeben.
## Das Halle-ist-ein-Alarmsignal-Land
Die Logik von Xavier Naidoos Argumenten bewegt sich derweil zwischen „Ich
bin kein Rassist, denn ich esse gerne Döner“ und „Ich bin kein Sexist,
schließlich habe ich eine Mutter“.
Beide Urteile sind ein Schlag ins Gesicht für jüdisches Leben in
Deutschland. Die Gerichte beweisen wieder einmal, dass im
Halle-ist-ein-Alarmsignal-Land kein Verständnis dafür herrscht, wie
Antisemitismus funktioniert. Wer in einem antisemitischen Land lebt, muss
aktiv daran arbeiten, antisemitisches Gedankengut kenntlich zu machen, und
es verurteilen. Insofern geht es bei Naidoo nicht um Absicht, sondern um
Einsicht – und die zeigte er an keiner Stelle.
Wer Naidoo getrennt von dem [4][Anschlag in Halle] betrachtet, von
andauernden Warnungen des Zentralrats der Juden, von [5][täglichen
Berichten] antisemitischer Übergriffe, wer erst von Antisemitismus spricht,
nachdem Schüsse fallen, verharmlost nicht nur Ressentiments, sondern macht
sich mit antisemitischem Gedankengut gemein – und wird so diskursiver
Brandstifter.
23 Oct 2019
## LINKS
[1] /Die-Wahrheit/!5406163
[2] /Xavier-Naidoo-und-der-Soehne-Song/!5404496
[3] /Saenger-hat-mit-Klage-Erfolg/!5522483
[4] /Das-Attentat-von-Halle/!5628896
[5] /Juedisches-Leben-nach-Anschlag-von-Halle/!5632050
## AUTOREN
Simon Sales Prado
## TAGS
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