# taz.de -- Seidenstraßen-Gipfel in Peking: Vom fernen Osten durch Eurasien | |
> Peking empfängt die mächtigsten Männer und Frauen der Welt: Es geht um | |
> Globalisierung und viel Geld – und eine große Vision. | |
Bild: Der erste Güterzug, der von London bis nach Yiwu durchgefahren ist | |
PEKING taz | Es wird ein illustres Treffen, der große Seidenstraßen-Gipfel | |
in Peking am kommenden Wochenende. Weißrusslands Diktator Alexander | |
Lukaschenko reist ebenso an wie Russlands Präsident Wladimir Putin und der | |
für seine brutale Drogenpolitik höchst umstrittene philippinische | |
Regierungschef Roberto Duterte. Ihr türkischer Amtskollege Recep Tayyip | |
Erdoğan ist mit von der Partie – und eine Reihe autokratischer Präsidenten | |
Zentralasiens wie etwa Nursultan Nasarbajew aus Kasachstan werden auch | |
erwartet. | |
In der Runde der 29 Staats- und Regierungschefs und Vertreter von insgesamt | |
110 Ländern wird Bundeskanzlerin Angela Merkel allerdings fehlen – im | |
Wahlkampfjahr möchte sie sich auf dem Gruppenfoto nicht unbedingt ablichten | |
lassen. Damit sie nicht den Ärger Chinas auf sich zieht – immerhin | |
Deutschlands derzeit wichtigster Handelspartner –, schickt sie | |
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Die SPD-Ministerin möchte | |
ohnehin bald abtreten und bekleidet ihr Amt nur noch bis zur nächsten | |
Bundestagswahl im September. | |
Angekündigt ist die Veranstaltung als „Gipfel zur neuen Seidenstraße“ –… | |
chinesischen Großprojekt von Handelsrouten bis nach Westeuropa, das in | |
China auch als „One Belt, One Road“ (ein Gürtel, eine Straße) bezeichnet | |
wird. | |
Dahinter verbirgt sich ein gigantisches Investitionsprogramm in neue | |
Straßen, Tiefseehäfen, Containerterminals, Pipelines, Stromnetze, Flughäfen | |
sowie Schienen- und Wasserwege. In Anlehnung an die antike Seidenstraße, | |
die einst das Reich der Mitte mit dem Orient verband und chinesische Güter | |
bis ins Römische Reich brachte, will Chinas Staatschef Xi Jinping diese | |
historische Handelsroute zwischen Ostasien und Europa wiederbeleben. | |
## Investitionen in Billionenhöhe | |
Pekings Vision geht von zwei Routen aus: Die eine (der „Gürtel“) erstreckt | |
sich von China über die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Usbekistan, | |
Turkmenistan, Tadschikistan, Kirgistan und den Iran bis nach Europa. Sie | |
ist damit ziemlich deckungsgleich mit der historischen Seidenstraße. Die | |
zweite, „maritime Seidenstraße“ führt über das Südchinesische Meer, den | |
Indischen Ozean nach Afrika und in den Nahen Osten, übers Rote Meer und den | |
Suezkanal bis ins Mittelmeer. | |
Es handelt sich um Xi Jinpings ehrgeizigstes Vorhaben. Mehr als 40 | |
Milliarden US-Dollar hat seine Regierung bereits dafür bereitgestellt. | |
Einige Hundert Milliarden Dollar sollen folgen. Will die chinesische | |
Regierung wirklich alles verwirklichen, was ihr vorschwebt, wird nach | |
Ansicht der Asian Development Bank (ADB) bis 2030 ein Investitionsvolumen | |
von rund 26 Billionen Dollar nötig sein. | |
Einen Großteil wollen die Chinesen tatsächlich selbst finanzieren. Die | |
Regierung in Peking hat bereits einen staatseigenen Seidenstraßen-Fonds | |
aufgelegt, der in den zentralasiatischen Ländern den Straßen- und | |
Schienenbau möglich macht. | |
## Zehntausende Kilometer Schienenweg | |
Dieser Fonds soll zudem die Gründung von Unternehmen vereinfachen, sofern | |
sie Joint-Ventures mit chinesischen Firmen eingehen. Außer der Asian | |
Development Bank treten auch die von China initiierte Asiatische | |
Infrastrukturinvestment Bank sowie die New Development Bank der | |
Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) als | |
Financiers auf, ebenso die staatseigenen chinesischen Banken. | |
Sollten die Pläne wirklich so umgesetzt werden, werde es sich „um eins der | |
größten Verkehrsinfrastrukturprojekt der Menschheitsgeschichte“ handeln, | |
schreibt der Analyst Tom Miller, der ein Buch über dieses Megaprogramm | |
verfasst hat. Einiges ist auch schon umgesetzt: Beim Ausbau des | |
transkontinentalen Güterzugverkehrs etwa sind mehrere chinesischen | |
Metropolen bereits mit Istanbul, Duisburg, Hamburg, Madrid und Rotterdam | |
verbunden. | |
Im April kam eine neue, 12.000 Kilometer lange Verbindung zwischen London | |
und der Industriestadt Yiwu hinzu. Beladen war der Güterzug aus England mit | |
Whisky, Babymilch, Medikamenten und Maschinenteilen. Die Zugfahrt soll bis | |
zu 30 Tage schneller sein als der Seeweg. Allerdings können Frachtschiffe | |
viel mehr laden. | |
## Hafenausbau auch in Europa | |
China baut und sponsert entlang der Seeroute gigantische Hafenanlagen: In | |
Colombo zum Beispiel, der Hauptstadt Sri Lankas, hat Peking rund 1,1 | |
Milliarden Euro dafür zur Verfügung gestellt, die größte bisher in dem | |
Inselstaat getätigte ausländische Direktinvestition. China fördert zudem | |
den Ausbau der Häfen in Kalkutta, Rangun und Nairobi. Auch der Kauf des | |
griechischen Hafens Piräus gehört zu dem ehrgeizigen Plan. | |
Dieser Seeweg zählt zwar schon jetzt zu den am häufigsten genutzten | |
Handelsrouten der Welt, aber die meisten Umschlagplätze auf dieser Strecke | |
gehören anderen Ländern. China will sich seine eigenen Standorte schaffen. | |
Das Seidenstraßen-Projekt werde „den weltweiten Handel beleben“, ist sich | |
die die KP-nahe Zeitung Global Times sicher. China werde damit eine neue | |
Ära der Globalisierung anstoßen. Auch andere Staatszeitungen berichten seit | |
Wochen ausführlich mit langen Artikeln und Landkarten über die Länder und | |
ihre wirtschaftlichen Chancen entlang der geplanten Handelsroute. | |
13 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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