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# taz.de -- Buch über chinesische Ökonomie: Die neuen Seidenstraßen
> Auf der Folie der Vergangenheit will China seine ökonomische Zukunft
> entwerfen und ausbauen. Eine Bestandsaufnahme.
Bild: Der erste chinesische Transportzug auf der Seidenstraße fährt in Tehera…
Zuerst fuhr nur ein Zug. Dieser transportierte Computerteile von Chongqing
nach Duisburg. Fuhren 2012 die Züge oft leer nach China zurück,
transportieren sie heute Champagner, Kosmetika und Schmuck. Auf dieser
transeurasischen Bahnverbindung sind die Waren nur halb so lange unterwegs
wie auf dem Meer. Sie ist der Vorläufer der Belt-and-Raod-Initative (BRI)
Chinas, eine der neuen Seidenstraßen.
Die Seidenstraßen-Initiative scheint für die meisten Menschen und selbst
Regierungen in weiter Ferne zu sein, doch dass Europa mittlerweile selbst
im Fadenkreuz liegt und quasi von unten über Griechenland und von Osten
über Ungarn und Serbien aufgerollt wird, „dämmert erst langsam“, schreibt
der Auto Uwe Hoering in seinem Buch über die neuen Seidenstraßen.
Der griechische Hafen Piräus ist für China der wichtigste Hafen in Europa:
Das Baumaterial sowie Arbeiter kamen aus China, die Löhne lagen unter dem
Gehalt der organisierten Dockarbeiter. Die chinesische Reederei Cocso
kontrolliert Fährhafen, Yachthafen, Terminals für Kreuzschiffe, Werften und
Ländereien, durch zusätzliche Flugverbindungen sollen chinesische Touristen
eingeflogen werden. Ziel ist auch hier – analog zu Südostasien – eine
Perlenkette rund ums Mittelmeer.
Auch Serbien und Ungarn können mithilfe chinesischer Gelder Brücken,
Autobahnen und Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken zwischen Belgrad und
Budapest bauen, Polen und die baltischen Länder sind bereits anvisiert.
China ist aus osteuropäischer Sicht ein attraktiver Konkurrent für die EU.
Die Kooperation ist ein „Akt nationaler Unabhängigkeit, nicht mehr nur
Lehrer und Schüler, sondern gleichberechtigte Partner“, zitiert der Autor
Viktor Orbán.
Dass diese Länder die gemeinsame Stellungnahme der EU zu Folter und
Menschenrechtssituation in China blockierten, ist nur ein Nebeneffekt
solcherart ökonomischer Zusammenarbeit. Treibt die BRI den Spaltpilz
zwischen EU und Beitrittskandidaten voran? Doch auch deutsche und
niederländische Transportunternehmen profitieren von der attraktiven und
schnellen Bahnverbindung zwischen Europa und China.
Während die chinesische Regierung ihre Finger Richtung Europa ausstreckt,
zeigt das Seidennetz bereits erste Löcher in Asien. Myanmar hat ein
überdimensioniertes Staudammprojekt gestoppt, das die südchinesische
Provinz Yunnan mit Strom versorgen sollte. Malaysia hat kürzlich (nach
Drucklegung des Buches) sämtliche BRI-Projekte der Vorgängerregierung
annulliert, weil sich das Land diese Projekte schlicht nicht leisten könne,
sie überdies nicht brauche und weder malaysische Firmen noch einheimische
Arbeitskräfte berücksichtigt worden seien, so der neu gewählte Präsident.
Solcherart gigantische Infrastrukturprojekte treiben verschuldete Länder in
Abhängigkeiten, von Schuldenimperialismus und Vasallenstaaten ist die Rede.
Hoering kritisiert zudem, dass bei der BRI „Rohstoffabbau und Großstaudämme
besonders häufig mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen
einhergehen“. Doch in Vietnam verstoßen auch westliche Textilfirmen gegen
soziale Standards, und in der Mongolei betreiben australische sowie
kanadische Bergbauunternehmen Raubbau. China also z. B.
Menschenrechtsverletzungen vorzuwerfen, ohne dasselbe bei westlichen
Unternehmen zu kritisieren, kommt bei der internationalen Kritik am
BRI-Projekt oftmals zu kurz.
Das Buch sei eine Momentaufnahme, schreibt der Autor Uwe Hoering im
Vorwort. Die Aktualität überholt es schnell, wie das Beispiel Malaysias
zeigt. Gleichwohl stellt Hoering seine Recherchen überzeugend in einen
globalen Kontext, weshalb das schmale Buch als Einstiegslektüre in das
Thema unbedingt zu empfehlen ist. Der geoökonomische Machtpoker hat längst
begonnen.
25 Nov 2018
## AUTOREN
Alice Grünfelder
## TAGS
Seidenstraße
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zeitgenössische Kunst
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