| # taz.de -- Infrastrukturprojekt in Ostafrika: Der große Eisenbahnbau | |
| > Ostafrika will das Streckennetz aus der Kolonialzeit wiederbeleben. | |
| > Einige Abschnitte sind schon gebaut, an anderer Stelle knirscht es. | |
| Bild: Ein Zug auf der kenianischen Strecke zwischen Mombasa und Nairobi | |
| Kampala taz | Zweimal am Tag ist im Zentrum von Ugandas Hauptstadt Kampala | |
| ein ungewöhnliches Geräusch zu hören: das Alarmsignal einer Diesellock. | |
| Dann riegelt die Verkehrspolizei eine der Hauptverkehrsstraßen ab, Autos | |
| stauen sich für rund 20 Minuten. Gemächlich tuckert eine alte Lok vorbei, | |
| mit einigen Waggons im Schlepptau, meist voller Öl, Benzin oder Diesel. Vom | |
| fast verlassenen Bahnhof in der Innenstadt rollt sie auf den verrosteten | |
| Schienen in Richtung Hafen Port Bell am Ufer des großen Victoria-Sees. | |
| Diese 12 Kilometer Gleise sind eine der letzten Überbleibsel des | |
| gigantischen Schienennetzes, das während der Kolonialzeit quer durch Ost- | |
| und Zentralafrika verlegt worden war. Britische und deutsche Kolonialherren | |
| hatten die Trasse in den Busch hauen lassen, um Rohstoffe wie Holz oder | |
| Baumwolle an die Küstenhäfen in Kenia oder Tansania zu transportieren – und | |
| Importgüter aus Europa nach Afrika hinein. Damals verrichteten von den | |
| Briten geholte indische Gleisarbeiter die harte Arbeit. Nach der | |
| Unabhängigkeit verrottete das Schienennetz. Vielerorts sind die Gleise | |
| überwuchert. | |
| Doch jetzt soll die Eisenbahn in Ostafrika wiederbelebt werden: von dem | |
| kenianischen Küstenhafen Mombasa über Nairobi nach Uganda und weiter gen | |
| Norden bis zur südsudanesischen Hauptstadt Juba oder gar nach Kisangani, | |
| der größten Stadt im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Eine weitere | |
| Trasse soll vom tansanischen Daressalam bis zur ruandischen Hauptstadt | |
| Kigali verlegt werden, so der Plan der Staaten der Ostafrikanischen | |
| Gemeinschaft (EAC). | |
| Dieses Megaprojekt soll Arbeitsplätze schaffen, den Transport von Waren | |
| günstiger und schneller machen und die Straßen entlasten. Der erste, 470 | |
| Kilometer lange Abschnitt vom kenianischen Hafen Mombasa bis in die | |
| Hauptstadt Nairobi wurde im Mai 2017 eröffnet. | |
| ## Investoren aus Europa und China | |
| Jetzt versuchen die anderen Länder nachzuziehen, was ihre finanziellen | |
| Möglichkeiten um ein Vielfaches übersteigt. Bis zu 10 Milliarden Dollar, so | |
| die Schätzungen der EAC, müssen in den nächsten zehn Jahren aufgebracht | |
| werden. Die Europäische Union, die Weltbank sowie die African Development | |
| Bank kommen als Kreditgeber infrage. Im November sagte die Weltbank 600 | |
| Millionen Dollar zu, um den Kongo an die ostafrikanischen Strecken | |
| anzubinden. Jüngst drängen chinesische Investoren auf den Markt. Sie | |
| liefern das Komplettpaket, wie bei der Mombasa–Nairobi-Strecke: Die | |
| chinesische Staatsbank Eximbank lieh Kenia rund 90 Prozent der 3,8 | |
| Milliarden US-Dollar, dafür bekam der Staatskonzern CRBC den Bauauftrag. | |
| Theoretisch soll die Eisenbahn mehr Handel bringen, die EAC buchstäblich | |
| zusammenschweißen. Doch es kommt zu Querelen: Ursprünglich war geplant, die | |
| Trasse von Mombasa in Kenia via Nairobi und Kisumu bis nach Malaba an der | |
| Grenze zu Uganda zu bauen. Von dort aus sollte Ugandas Regierung den | |
| Abschnitt über Kampala bis nach Westuganda finanzieren und bauen, dann | |
| sollte die Trasse bis nach Ruanda folgen. Dafür hatte Uganda bei der | |
| Eximbank einen Kredit von 3 Milliarden Dollar beantragt. Der chinesische | |
| Baukonzern CHEC bekam die Konzessionen für den Bau. | |
| Doch dann wurde in Kenia das Geld knapp, die Eisenbahn wurde teurer als | |
| erwartet. Womöglich reiche das Budget nur bis nach Kisumu am Victoriasee, | |
| so Kenias Regierung im Frühjahr 2017. Auch Ugandas Pläne schienen damit zu | |
| platzten. Denn die Eximbank hatte den Kredit an die Bedingung geknüpft, | |
| dass die ugandische Trasse an Kenia angedockt werden müsse. | |
| Uganda musste umschwenken und verhandelt derzeit mit Tansania, um an deren | |
| Gleise Anschluss zu finden. „Wir müssen warten, bis unsere Nachbarn über | |
| den letzten Schritt ihres Projekts entschieden haben, denn die Chinesen | |
| wollen keine weißen Elefanten finanzieren“, so Ugandas Finanzminister Matia | |
| Kasaija. Als weiße Elefanten werden in Afrika Bauprojekte bezeichnet, die | |
| nie genutzt werden und dann verrotten. Die Hürde: Tansania plant eine | |
| elektrische Eisenbahn zu bauen, in Kenia wird sie mit Diesel betrieben. | |
| Uganda, das derzeit drei neue Staudämme zur Stromproduktion baut, weiß | |
| nicht, ob es die Elektroeisenbahn mit Strom versorgen kann. Damit platzten | |
| auch die Pläne für Ruanda, das seine Schienen mit der Strecke durch Uganda | |
| verbinden will. | |
| Anfang Januar vereinbarten die Staatschefs von Ruanda und Tansania, einen | |
| 400 Kilometer langen Streckenabschnitt von der tansanischen Stadt Isaka | |
| nach Kigali zu bauen, die Kosten sollen geteilt werden. „Präsident Kagame | |
| und ich haben vereinbart, nach Krediten Ausschau zu halten, um die | |
| Fertigstellung der Eisenbahntrasse zu beschleunigen“, sagte Tansanias | |
| Präsident John Magufuli. Drei Milliarden US-Dollar hat Tansania investiert, | |
| aus „lokalen Quellen“, wie Magafuli betont. Davon kamen 200 Millionen | |
| Dollar von der Weltbank. Ein Teil davon wird von türkischen und | |
| portugiesischen Firmen gebaut. | |
| Bereits über 750 Kilometer Gleise wurden verlegt: vom Hafen Daressalam über | |
| die neue Hauptstadt Dodoma bis nach Isaka. Von dort teilt sich die geplante | |
| Strecke nach Ruanda und zur Hafenstadt Mwanza am Victoriasee, wo die | |
| Eisenbahnfähre über den See nach Uganda übersetzt – bis an den Hafen von | |
| Port Bell bei Kampala. Ende 2019, so der Plan, soll die Lock in Kampala | |
| dann nicht nur 12 Kilometer, sondern weitertuckern können. | |
| 3 Feb 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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