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# taz.de -- Nächste Runde im Undercover-Drama: Verdeckte Liebschaften
> Die Hamburger Polizei gesteht die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des
> Einsatzes der verdeckten Ermittlerin Maria B. ein – um eine Aufklärung zu
> unterbinden
Bild: Beliebter Treffpunkt für Linke und Spitzel: Rote Flora in Hamburg.
Hamburg taz | Der volle Körpereinsatz der verdeckten Ermittlerin (VE) Maria
B. unter dem Tarnnamen „Maria Block“ bleibt – vorerst – weiter eine geh…
Kommandosache. Das Verwaltungsgericht Hamburg lehnte die Klage eines
Berliner Aktivisten gegen die Polizei ab. Er wollte feststellen lassen,
dass Maria B.s sexuelle Beziehung zu ihm als vermeintlicher Zielperson
während ihres Undercover-Einsatzes rechtswidrig war.
Denn die Hamburger Polizei räumte ein, dass der gesamte Spionageeinsatz der
Staatsschützerin des Landeskriminalamts in der linken Szene in den Jahren
2008 bis 2012 verfassungswidrig gewesen war. Dadurch gäbe es keine
rechtliche Möglichkeit, Einzelbestandteile ihres Einsatzes und ihre
sexuellen Beziehungen aufzuklären, argumentierte der Vorsitzende Richter.
Somit muss die Polizei ihre Akten nicht offenlegen. Nach dieser Methode
hatte die Polizei bereits in einem Parallelfall die gerichtliche Aufklärung
verhindert.
## Keiner will vom Sex gewusst haben
„Jemanden unter Vorgaukelung falscher Tatsachen zum Geschlechtsverkehr zu
bewegen, ist das Letzte“, schimpft der Betroffene. „Dass die Polizei diese
Methoden nutzt, um Leute auszuspähen, ist schockierend. Dass sie dann auch
noch die Aufklärung der Umstände durch Verweigern der Akteneinsicht
behindert, ist ein Skandal.“ Er will Berufung einlegen.
In der Tat tun sich Fragen auf: Die Polizei hat im Innenausschuss der
Bürgerschaft und jetzt auch vor Gericht immer wieder beteuert, dass sie von
sexuellen Aktivitäten ihrer eingesetzten SpionInnen gegenüber Zielpersonen
– wie auch zuvor bei der verdeckten Ermittlerin Iris P. alias „Iris
Schneider“ in der queer-feministischen Szene – nichts gewusst habe. Wenn
dies den Vorgesetzten „VE-Führern“ bekannt geworden wäre, wären die
Undercover-Einsätze sofort abgebrochen worden, so die Einlassung der
Polizei.
„Das halte ich für nicht glaubwürdig“, sagte der Berliner Kläger-Anwalt
Lukas Theune der taz. Denn die heute 34-jährige Maria B. – die sexuelle
Beziehungen zu mindestens zwei ihrer Zielpersonen hatte – sei von ihren
VE-Führern „sehr eng geführt“ worden. Selbst bei ihren Auslandseinsätzen
auf der griechischen Insel Lesbos, in Paris, Brüssel und Kopenhagen, bei
denen sie Hamburger Aktivisten beobachtete, sei immer ein Tross an
VE-FührerInnen mitgereist.
## Mit dem Rechtsstaat unvereinbar
Laut Anwalt schließe das Gericht nicht einmal aus, dass die VE-Führer von
Maria B.s Sexaffären gewusst, sie gebilligt oder sogar angeordnet hätten.
Doch würde nicht einmal das Gericht erwarten, dass die VE-Führer so dumm
gewesen seien, dies in den Akten zu dokumentieren.
Diesen Vorhalt aber möchte Anwalt Theune nicht ungeprüft stehen lassen.
„Wir werden beim Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Beschwerde
beantragen“, sagte er. „Dass verdeckte Ermittler der Hamburger Polizei zur
Erfüllung ihres Ausforschungsauftrags bis hin zu Geschlechtsverkehr mit
ihren Zielobjekten gehen, ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen absolut
unvereinbar.“
Theune ist nicht ohne Hoffnung. Auch bei der Bewertung der Kontrollen in
den „Gefahrengebieten“ traute sich das Verwaltungsgericht 2012 nicht an die
grundsätzliche Prüfung, da schon die Art und Weise der Durchsuchung
rechtswidrig gewesen war. Erst das Oberverwaltungsgericht erklärte die
Gefahrengebiet 2015 in zweiter Instanz für verfassungswidrig.
25 Apr 2017
## AUTOREN
Kai von Appen
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