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# taz.de -- Wahl in Nordrhein-Westfalen: Plötzlich Atomkraftgegner
> CDU-Landtagsfraktionschef Armin Laschet spricht sich für den Stopp von
> Brennstofflieferungen in belgische Risiko-AKWs aus. Grüne sind skeptisch.
Bild: Muss vielleicht bald ohne deutsche Brennelemente auskommen: das belgische…
Bochum taz | Im Streit um die Belieferung der belgischen
Risiko-Atomkraftwerke Tihange und Doel mit in Deutschland hergestelltem
Brennstoff wächst der Druck auf die schwarz-rote Bundesregierung: Alle im
nordrhein-westfälischen Landtag vertretenen Parteien fordern ein Ende der
Exporte aus Deutschlands einziger Brennelementefabrik im niedersächsischen
Lingen.
Die für die Atomaufsicht zuständige sozialdemokratische Umweltministerin
Barbara Hendricks (SPD) müsse ihr „falsches Doppelspiel“ beenden und
„erteilte Genehmigungen für die Lieferung von Brennelementen für die
Atomkraftwerke Tihange und Doel nach Belgien zurückzunehmen“, heißt es in
einer gemeinsamen Stellungnahme von CDU und FDP, der von deren
Landtagsfraktionschefs Armin Laschet und Christian Lindner unterzeichnet
ist.
Die Meiler Tihange und Doel gelten besonders in Laschets linksrheinischer
Heimatregion Aachen als das Aufregerthema Nummer 1, nachdem in deren
Druckbehältern Tausende kleiner Risse gefunden wurden. Nordrhein-Westfalens
grüner Umweltminister Johannes Remmel hat deshalb immer wieder eine
Stilllegung der „Bröckel-Reaktoren“ gefordert. Tihange liegt nur 57
Kilometer von Aachen entfernt. Als Vorbereitung auf einen Atomunfall hatte
NRW im Dezember den Kauf von 21 Millionen Jodtabletten bekannt gegeben. Das
Medikament verhindert die Anlagerung radioaktiver Partikel in der
menschlichen Schilddrüse.
Zwar fordert auch Hendricks seit April 2016, die beiden belgischen AKWs vom
Netz zu nehmen. Dennoch: Im Juli 2016 genehmigte das ihr unterstehende
Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE)
Brennstofflieferungen aus Lingen nach Tihange und Doel. Von insgesamt 50
geplanten Transporten haben 17 bereits stattgefunden. Hendricks bedauert
das ausdrücklich, sieht sich aber an das Atomgesetz gebunden. Das biete
„keine Handhabe, die Lieferung von Brennelementen ins Ausland zu
unterbinden, solange die Kernbrennstoffe dort nicht missbräuchlich
verwendet werden“, heißt es in einer Stellungnahme ihres Ministeriums.
Per Gutachten lässt die Ministerin stattdessen prüfen, unter welchen
Umständen eine Schließung der Brennelementefabrik Lingen und der sie
beliefernden einzigen deutschen Urananreicherungsanlage im benachbarten
westfälischen Gronau möglich wäre. Vorliegen soll dieses Gutachten aber
erst im Sommer. Hendricks’ Staatssekretär Jochen Flasbarth hat bereits
angedeutet, dass über die Stilllegung von Lingen und Gronau erst nach den
Bundestagswahlen im September ernsthaft verhandelt werde.
AKW-GegnerInnen sehen Hendricks deshalb in der Pflicht: „Es ist völlig
unverständlich und Heuchelei, dass die Ministerin Tihange und Doel erst als
gefährlich einstuft, dann aber deren Belieferung mit Brennstoff genehmigt“,
sagt Jörg Schellenberg vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie.
Und um glaubwürdig zu bleiben, sei auch Laschet gefordert, mahnt Matthias
Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen – immerhin sei
der auch stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender: „Laschet muss seine
Bundeskompetenz ausspielen – und dafür sorgen, dass Hendricks nicht wie
bisher von CDU-Seite blockiert wird.“
Die Grünen im Bundestag sprechen dagegen von „fadenscheinigem Populismus“
des CDU-Spitzenkandidaten im nordrhein-westfälischen Wahlkampf. „Fast fünf
Jahre lang hat er nicht dafür gesorgt, dass Kanzlerin Merkel oder zumindest
die NRW-Landesgruppe der Union sich für die Abschaltung starkmachen“, sagt
deren Sprecherin für Atompolitik, Sylvia Kotting-Uhl. Die NRW-CDU im
Bundestag spiele die Gefahr der belgischen AKWs herunter und setze sich
„vehement für den Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage in Gronau ein“.
11 Apr 2017
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
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