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# taz.de -- Treffen der G20-Finanzminister: Babysitting in Baden-Baden
> Die USA gaben sich eher passiv bei dem Treffen, verhinderten jedoch klare
> Bekenntnisse zu Klima- und Entwicklungszielen.
Bild: Der Bundesfinanzminister beim Treffen mit seinen G20-Kollegen
Baden-Baden taz | Das Essen war wunderbar und auch gut trinken könne man in
Baden-Baden. „Die Weine waren alle aus der Gegend“, sagte Wolfgang Schäuble
auf der Abschlusspressekonferenz und damit ist das Wesentliche auch
erklärt: Am Freitag und Samstag trafen sich die Finanzminister und
Notenbankchefs der 20 größten Industrienationen in der badischen Kurstadt.
Primär ging es darum, den Amerikanern zu zeigen, wie gemütlich es auf
multilateralen Treffen sein kann. Wer sich wohl fühlt, kommt wieder.
Da kann man schon mal den Klimaschutz vergessen. Im vergangenen Jahr gab es
dazu noch starke Sätze von den G20-Staaten. Die Finanzminister riefen
damals dazu auf, das 2015 abgeschlossene UN-Abkommen von Paris schnell
umzusetzen. Es soll die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen. Gleiches galt
für die Agenda 2030 der Vereinten Nationen, mit der sich die Staaten der
Welt unter anderem verpflichtet haben, Armut und Hunger bis zum Jahr 2030
zu beenden.
Beides ist gleich zu Beginn der Gespräche ersatzlos und ohne Gegenwehr der
deutschen Präsidentschaft von der G20-Agenda gestrichen worden.
US-Präsident Donald Trump glaubt nicht an den Klimawandel. Im Juli treffen
sich die Staats- und Regierungschefs in Hamburg, da wird die große Linie
des Clubs der mächtigsten Staaten festgelegt – und in dem Rahmen soll auch
das Klima wieder verhandelt werden. Schäuble wollte als Gastgeber offenbar
vor allem zeigen, dass die G20 auch mit der seltsamen neuen US-Regierung
grundsätzlich funktionieren.
Stattdessen verwies Schäuble darauf, dass die G20-Staaten erstmals ein
Partnerschaftsprogramm mit Afrika entworfen haben, was mehr bringe als noch
ein Bekenntnis zur Agenda 2030 der Vereinten Nationen ins Papier zu
fummeln. „Das ist im Zweifel auch nichts, was die Welt voranbringt“, so
Schäuble.
## Abgelesene Statements
Sein französischer Kollege Michel Sapin sah das anders. „Ich finde es
schade, dass unser Gespräch heute kein gutes Ergebnis für die wichtigsten
Themen der heutigen Welt gebracht hat“, sagte er und nannte Klimawandel und
Handel. US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte allerdings schlicht kein
Mandat seitens seines Präsidenten Donald Trump, die beiden Themen überhaupt
in Baden-Baden zu verhandeln. Aus Verhandlungskreisen war zu hören, dass
sich Mnuchin während der Gespräche kaum zu Wort gemeldet habe und wenn,
dann habe er Statements von Zetteln abgelesen.
Ein derart passiver US-Finanzminister ist wohl ein Novum auf einem
G20-Treffen. Und einer der Gründe, warum das Thema Klima nicht zur Sprache
kam – die US-Regierung ist sich nicht einig, wie sie damit umgehen soll.
Mnuchin sagte auf seiner Pressekonferenz, Trump schaue sich das
Klimaschutzabkommen von Paris derzeit an, außerdem sei es Thema der
Regierungschefs. Ob er, Mnuchin, im Gegensatz zu seinem Präsidenten, davon
überzeugt sei, dass es einen von Menschen verursachten Klimawandel gebe?
„Da bin ich kein Experte“, sagte Mnuchin vor Journalisten.
Nun lässt sich das Thema Klima aus einem G20-Communiquée leicht streichen,
nicht aber das Thema Handel. Schließlich ist das 5-seitige Abschlusspapier
ein Gradmesser dafür, welche gemeinsamen Position die größten Staaten der
Welt in der internationalen Finanz- und Wirtschaftspolitik haben. Einer von
Trumps Wahlkampfschlagern war stets, auf die schlechte Handelsbilanz der
USA zu schimpfen – und zur Not Importzölle zu erheben, um das Defizit mit
anderen Staaten, insbesondere mit Deutschland, auszugleichen.
Schäuble zuckt bei dem Thema nur mit den Schulter und verweist darauf, dass
es eben so ist, wie es ist; die Amerikaner kaufen mehr deutsche Produkte
als andersherum, was soll man da machen? Immerhin haben es die G20
geschafft, nun eine Formel zu finden. „Wir arbeiten daran, den Beitrag des
Handels für unsere Wirtschaft zu stärken“, heißt es ziemlich nichtssagend
im Abschlusspapier. Außerdem wolle man sich anstrengen, globale
Ungleichgewichte abzubauen.
## Shaolin-Schäuble
Immerhin zeitigt das G20-Treffen einen Erfolg: Die USA scheren offenbar
nicht beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerflucht von
Großkonzernen aus. Mehr als hundert Staaten wollen bis 2018 dazu Daten
austauschen – auch die neue US-Administration macht mit.
Schäuble scheint sein Hauptziel erreicht zu haben: einen guten Draht zu
Mnuchin aufzubauen, der im deutschen Finanzminister offenbar eine Art
Shaolin-Mönch der internationalen Politik sieht. Es sei seine erste
Auslandsreise als Finanzminister gewesen, sagte Mnuchin und in Richtung
Schäuble: „Die Weisheiten von jemandem zu hören, der schon so viel
rumgekommen ist, das hat wirklich sehr geholfen.“
18 Mar 2017
## AUTOREN
Ingo Arzt
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