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# taz.de -- Finanzexperte über Staatsverschuldung: „Kaum Spielraum für Sozi…
> Der Schuldenreport 2017 analysiert die Gefahren wachsender Verschuldung.
> Klaus Schilder erklärt, warum wir eine neue Entschuldungsinitiative
> brauchen.
Bild: 116 Staaten im Globalen Süden sind derzeit kritisch verschuldet
taz: Bei der Bundesrepublik sind 73 Länder des Globalen Südens verschuldet.
Woher kommen diese Schulden?
Klaus Schilder: Ein großer Teil entsteht durch deutsche Unternehmen, die in
ein Entwicklungsland exportieren und ihre Geschäfte durch
Hermesbürgschaften absichern lassen. Kann die dortige Regierung oder ein
Unternehmen nicht mehr zahlen, springt die Bundesregierung ein. Das
geschieht häufig. So resultieren private Handelsgeschäfte in Schulden beim
Bund. Dazu kommen noch Tilgungen von Entwicklungskrediten.
116 Staaten im Globalen Süden sind derzeit kritisch verschuldet. Welche
Konsequenzen hat hohe Staatsverschuldung?
Ein Viertel bis ein Drittel der Exporteinnahmen vieler hochverschuldeter
Entwicklungsländer fließt an Gläubiger. Das lässt kaum Spielraum für
soziale Umverteilung oder Ausgaben im Gesundheits- und Bildungsbereich. Die
Verschuldung steht dem Kampf gegen Armut und der Umsetzung der nachhaltigen
Entwicklungsziele im Weg.
Gibt es Parallelen zu den Schuldenkrisen in den 1970ern und 1980ern?
Wir wissen nicht, wie sich die Weltwirtschaft entwickeln wird oder ob
weitere Staaten von der Niedrigzinspolitik ablassen. Klar ist aber, dass
vielen Staaten eine Überschuldung droht. Deshalb brauchen wir wieder ein
auf internationaler Ebene abgestimmtes Handeln der in der G20 versammelten
führenden Industrienationen. Wir müssen über eine neue internationale
Entschuldungsinitiative diskutieren.
Reicht die HIPC-Initiative, die die Schuldenlast armer Länder reduzieren
möchte, nicht aus?
Die HIPC-Initiative war ein Schritt in die richtige Richtung. Die Analyse
des aktuellen [1][Schuldenreports 2017] zeigt aber, dass mehr als 116
Länder von einem hohen Schuldenrisiko bedroht sind. Deshalb ist MISEREOR
auch zusammen mit Erlassjahr.de bei dem G20-Finanzministertreffen in
Baden-Baden auf der Straße. Wir müssen öffentlichen Druck für ein Umdenken
der G20 schaffen.
Die chinesische Präsidentschaft hat das Schuldenproblem auf die Agenda der
G 20 gesetzt.
China hat sich 2016 dafür eingesetzt, die Verschuldung der bedrohten
Staaten genauer zu analysieren. Nicht nur der öffentliche Teil, sondern
auch die Schuldenlast bei privaten Gläubigern soll in den Blick genommen
werden. Mit einer Schuldentragfähigkeitsanalyse sollte überprüft werden, ob
der Staat langfristig in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen, ohne
dabei zum Beispiel die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele zu gefährden.
2015 haben die UN auf Druck der G77 und China neun Grundprinzipien für
tragfähige Verschuldung verabschiedet. Das ist ein guter Anknüpfungspunkt
für die G20, konkrete Schritte müssen folgen.
Was sind Ihre Forderungen an die G20?
Die Bundesregierung greift Chinas Initiative im G-20-Programm nicht auf.
Dabei sollte sich Deutschland für ein koordiniertes Vorgehen auf
multilateraler Ebene einsetzen. Wir benötigen ein internationales faires
und transparentes Staateninsolvenzverfahren, das auf den Grundprinzipien
der UN aufbaut. Dazu gehört, dass das Existenzminimum für alle Bürger*innen
eines hochverschuldeten Staates erhalten bleiben muss. Der Schuldendienst
eines Staates darf nicht zu Abstrichen bei wichtigen öffentlichen
Investitionen, z.B. für Bildung oder Gesundheit, führen. Sonst müssen
Schulden zumindest teilweise erlassen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt
eingefordert werden.
18 Mar 2017
## LINKS
[1] https://www.misereor.de/fileadmin/publikationen/schuldenreport-2017.pdf
## AUTOREN
Merle Groneweg
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