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# taz.de -- Türkei und Deutschland: Der Streit geht weiter
> Der Streit zwischen den Niederlanden und der Türkei ist eskaliert. Auch
> in Deutschland hält die Debatte um Wahlkampfauftritte türkischer
> Politiker an.
Bild: Viele deutsche Politiker wollen keinen türkischen Wahlkampf in Deutschla…
Berlin afp/rtr/dpa | Nach der Eskalation des Streits zwischen den
Niederlanden und der Türkei am Wochenende hält die Debatte um
Wahlkampfauftritte türkischer Politiker auch in Deutschland an.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erteilte dem türkischen Wunsch
nach engeren Wirtschaftskontakten mit Verweis auf den Streit über die
Wahlkampfauftritte und den inhaftierten Journalisten Deniz Yücel vorerst
eine Absage.
In der ZDF-Sendung Berlin direkt sagte Schäuble, er habe mit seinem
türkischen Kollegen „eine Reihe von Möglichkeiten“ diskutiert, doch dies
sei „vor der Verhaftung“ des deutsch-türkischen Journalisten Yücel gewese…
Unmittelbar danach habe er seinem Kollegen mitgeteilt, dass es „unter
diesen Umständen außergewöhnlich schwierig“ sei, „daran weiterzuarbeiten…
„Ich hoffe, dass in der Türkei jetzt wieder die Vernunft demnächst
ausbricht, denn was sie im Augenblick mit uns machen, mit den Niederlanden,
mit Dänemark, ist natürlich absolut nicht im Interesse der Türkei“, sagte
Schäuble am Sonntag.
Die Bundesregierung wolle nicht in laufende juristische Verfahren
eingreifen, aber „in der jetzigen Situation“ zerstörten „die
Verantwortlichen in der Türkei die Grundlagen für weitere Fortschritte in
der Zusammenarbeit“.
## Klare Grenzen für Auftritte
Zuletzt hatten mehrere deutsche Kommunen Wahlkampfauftritte von türkischen
Ministern im Vorfeld des Verfassungsreferendums über die Einführung eines
Präsidialsystems in der Türkei abgesagt. In Ankara löste dies Verärgerung
aus, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf Deutschland
„Nazi-Methoden“ vor. Dies stieß in Berlin [1][auf scharfen Protest].
In den Niederlanden war der Streit über Wahlkampfauftritte türkischer
Politiker am Wochenende eskaliert. Die niederländischen Behörden
[2][verweigerten Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Einreise mit dem
Flugzeug] und wiesen die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan
Kaya auf dem Landweg Richtung Deutschland aus. Erdogan erhob daraufhin auch
gegen Den Haag [3][Nazi- und Faschismus-Vorwürfe].
Kanzleramtsminister Peter Altmaier schloss ähnliche Verbote für Deutschland
nicht aus. In den vergangenen 60 Jahren habe die Bundesrepublik darauf zwar
immer wieder verzichtet. „Aber dies ist kein Freibrief für die Zukunft“,
sagte der CDU-Politiker am Montag im ZDF-Morgenmagazin.
Eine rote Linie sieht Altmaier dort, wo gegen deutsche Gesetze verstoßen
wird oder „wenn etwas gesagt würde, was in der Sache völlig inakzeptabel
ist“. Dazu gehörten auch die Nazi-Vergleiche türkischer Politiker.
Gleichzeitig relativierte er: „Ich bin jedoch sehr vorsichtig damit, zu
sagen, wann eine rote Linie ein für alle Mal überschritten ist.“
## Redefreiheit nach Recht und Gesetz gewähren
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach sich am Sonntag im
Bericht aus Berlin in der ARD entschieden gegen Auftritte türkicher
Politiker aus: „Ich will das nicht. Ein türkischer Wahlkampf in Deutschland
hat hier nichts verloren“, sagte de Maizière. Politiker von CDU und SPD
warnten vor einer weiteren Eskalation im Streit mit Ankara.
Wie die Niederlande Einreiseverbote gegen türkische Politiker zu verhängen,
„muss man klug abwägen“, sagte der Innenminister in der ARD. Es gebe für
solche Auftritte aber „klare Grenzen“, zum Beispiel das Strafgesetzbuch.
„Wer die Bundesrepublik Deutschland oder ihre verfassungsmäßige Ordnung
beschimpft und böswillig verächtlich macht, macht sich strafbar. Dort wäre
spätestens eine Grenze“, sagte der Minister.
SPD-Vizechef Ralf Stegner warnte im Deutschlandfunk davor, Auftritte in
Deutschland zu verbieten. „Man darf das Spiel nicht spielen, das sich Herr
Erdogan wünscht.“ Der türkische Präsident versuche von den jetzigen
Auseinandersetzungen innenpolitisch zu profitieren. Dennoch forderte
Stegner „Klarheit und Härte im Umgang“ mit der Türkei. „Wer hier gegen
Gesetze verstößt zum Beispiel, der kann hier auch nicht auftreten.“
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mahnte in der
Bild-Zeitung vom Montag, Deutschland sollte „mit kühlem Kopf bei uns
Redefreiheit nach Recht und Gesetz gewähren, aber auch klarmachen, dass mit
unerträglichen Nazi-Vergleichen einige türkische Politiker ihr Rederecht
selbst in Frage stellen“.
## Faire und demokratische Wahl
Grünen-Parteichef Cem Özdemir forderte ein koordiniertes europäisches
Vorgehen, „damit uns der Diktator aus Ankara nicht gegeneinander ausspielen
kann“. Dem Handelsblatt sagte er: „Ankara ist gegenwärtig unter Erdogan und
der AKP dabei, den letzten Rest an Ansehen und Respekt in Europa gründlich
zu verspielen.“
Der Welt sagte Özdemir, Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in der EU
sollten von der Einhaltung demokratischer Regeln in der Türkei abhängig
gemacht werden. „Die EU sollte einfordern, dass Erdogan in der Türkei eine
faire und demokratische Wahl zulässt, wenn er oder seine Leute hier reden
wollen.“
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley sagte der Welt: „Selbstverständlich
sind türkische Politiker in Deutschland willkommen, wenn sie als
Staatsgäste und nicht als Wahlkämpfer zu uns kommen.“
Erdogan setze gerade „ganz bewusst auf Provokation“. Er wolle damit von
innenpolitischen Problemen und einem drohenden Scheitern seines
Verfassungsreferendums ablenken. „Dieses altbekannte Spielchen sollten wir
nicht mitmachen“, sagte Barley. „Jede weitere Eskalation spielt nur den
radikalen Kräften in der Türkei in die Hände. Wir müssen alles daran
setzen, dass sich diese bedrohliche Situation nicht weiter verschärft.“
13 Mar 2017
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