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# taz.de -- Kolumne „So nicht“: Du Bananenrepublik
> Deutschland soll die türkische Diplomatie mit seiner stoischen
> Gelassenheit in Rage bringen – solange bis die das Gelaber nicht mehr
> hören kann.
Bild: Es war hart, dem türkischen Sportminister in einer deutschen Talkshow zu…
Ein Diplomat ist ein Diplomat ist ein Diplomat und ich meine nicht das
KAD-Luxuslimousinen-Modell von Opel. Was ein Diplomat so macht, meint man
genau zu wissen: Er ist ein Mr. Wolf. Einer, der Probleme löst.
Ein Politiker ist kein Diplomat, aber meistens benimmt er sich wie einer.
Das heißt, er sagt seinen Zuhörern in aller Regel nicht ins Gesicht: „Du
Arschloch!“, „Du Faschist!“, „Du Vollhorst!“, „Du Bananenrepublik!�…
Lügner!“.
Ein Diplomat spricht so, wie ihn Kurt Tucholsky einst sprechen ließ: „Ei,
guten Tag, meine liebe Frau Doktor Zeisig! Wie ich sehe, sind auch Sie zu
diesem exklusiven Empfang erschienen! Es ist heut Abend sehr interessant!“.
Diplomatie ist vor allem gefragt, wenn Politiker sich nicht mehr an diese
Regeln halten. In den Niederlanden klappte das am Wochenende nicht so gut.
Statt „Ei, guten Tag, meine liebe Frau Familienministerin Kaya! Wie ich
sehe, sind Sie auch zu diesem exklusiven Vortrag erschienen …“, sagte man
dort:
„Sorry, kein Bock. Du kommst hier nicht rein.“ Also eher so
Türsteher-Style. Und dann gab es Bilder von beißenden Polizeihunden und auf
der anderen Seite drückten sie Orangen aus.
## Äußerst besondere Aufgabe
Es war nun zugegeben etwas hart, dem türkischen Sportminister am
Sonntagabend in einer deutschen Talkshow zuzuhören: „Ei, guten Abend, mein
lieber Herr Minister für besondere Aufgaben Altmaier! Wie ich sehe, sind
auch Sie zu diesem exklusiven Empfang erschienen! Es ist heute Abend sehr
interessant.“
Aber so sehr man auch hätte schreien wollen: „Du Arschloch!“, so sehr
konnte man den Minister Altmaier dafür bewundern, wie er diese äußerst
besondere Aufgabe des öffentlichen Ministertreffens erfüllte. „Wie
bezaubernd Sie heute wieder aussehen, mein lieber Herr Sportminister Kılıç!
Sie sind stets Gentleman, vornehm und diskret-elegant. Welche Verwandlung!
Wie machen Sie das nur? Am Tage bei der Arbeit, beim Sport und am Volant.
So habe ich es wenigstens in der Zeitung gelesen.“
Dass der deutsche Minister für besondere Aufgaben einen jämmerlichen
Auftritt hingelegt habe und dass das alles nur Gelaber sei, warfen ihm die
vor, die vor den Empfangsgeräten saßen.
Sicher, der Herr Minister für besondere Aufgaben hätte in Sachen Deniz
Yücel ruhig deutlicher sagen können, dass er sich vom Herrn Sportminister
wirklich wünsche, er würde alles dafür tun, damit der deutsche Journalist
unverzüglich freigelassen werde.
## Stoische Gelassenheit
Gerne hätte man auch den Satz gehört: „Wenn Deniz Yücel wirklich den Job
eines deutschen Agenten hätte, dann würden wir dazu sicher einen Vermerk in
unseren Akten feststellen können.“
Ich aber fand den Auftritt des deutschen Ministers großartig. Ich erwarte
von diesem Mann nicht, dass er sein Jackett auszieht und darunter ein
#FreeDeniz-T-Shirt trägt.
Ich erwarte, dass der Minister mit seiner stoischen Gelassenheit, seinen
kleinen Seitenhieben und seinem Festhalten an der Unschuld von Deniz die
türkische Diplomatie derart in Rage bringt, dass sie Deniz allein deswegen
freilassen, weil sie das ganze Gelaber nicht mehr ertragen.
13 Mar 2017
## AUTOREN
Doris Akrap
## TAGS
Schwerpunkt Deniz Yücel
Türkei
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Anne Will
Peter Altmaier
So nicht
Schwerpunkt Deniz Yücel
Deutsch-Türkische Beziehungen
Türkei
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