# taz.de -- Donald Trumps Wirtschaftspolitik: Erfolg mit Voodoo-Ökonomie | |
> Noch floriert die US-Wirtschaft. Aber was macht der Präsident in einer | |
> Krise? Auf einen Crash ist er nicht gefasst – genau das macht ihn | |
> gefährlich. | |
Bild: Trump versteht die Risiken nicht | |
US-Präsident Donald Trump kennt keine Selbstzweifel. Besonders gern glaubt | |
er, dass es allein ihm zu verdanken sei, dass die US-Wirtschaft floriert. | |
In einem seiner Tweets hieß es kürzlich: „Seit dem 8. November, Wahltag, | |
hat die Börse 3,2 Billionen Dollar an Kursgewinnen verbucht, und die | |
Verbraucherstimmung ist auf einem Allzeithoch. JOBS!“ | |
Schon dieser Tweet zeigt, dass Trump nicht versteht, wie groß die Risiken | |
sind. Wenn die Börse boomt, kann es nur noch abwärts gehen. Für einen | |
Präsidenten ist es deutlich günstiger, wenn seine Amtszeit in einer | |
Konjunkturkrise beginnt – und er dann vom Aufschwung profitiert, der | |
irgendwann einsetzt. | |
Dieses Glück hatte etwa Ronald Reagan, Trumps großes Vorbild. Er wurde | |
1980 zum Präsidenten gewählt, als die USA ihre bis dahin schwerste | |
Rezession der Nachkriegszeit durchmachten. Doch ab 1982 ging es wieder | |
aufwärts. Mit Reagan hatte dies nichts zu tun, denn er betrieb eine | |
Wirtschaftspolitik, die Kritiker hämisch „Voodoo-Ökonomie“ nannten: Reagan | |
senkte die Steuern für die Reichen und erhöhte die Militärausgaben, sodass | |
die Staatsschulden explodierten. Doch das kümmerte weder ihn noch die | |
Wähler. Reagan ist bis heute ein Volksheld, weil angeblich er es war, der | |
die Jobs geschaffen hat. | |
Trump will Reagan kopieren. Werbewirksam stellt er sich auf | |
Schlachtschiffe, um steigende Militärausgaben anzukündigen. Auch die | |
Steuersenkung für die Reichen ist in Arbeit. Doch anders als Reagan kann | |
Trump nicht hoffen, dass ein Konjunkturaufschwung ihn zum Helden macht. Die | |
Wirtschaft brummt bereits. | |
Trump wiederholt zwar in jeder Rede, dass er „Chaos geerbt“ habe. Aber | |
tatsächlich herrscht fast Vollbeschäftigung. Jobs sind da – nur können | |
viele Menschen von ihrem Lohn nicht leben. An diesem Problem will Trump | |
jedoch nichts ändern, schon weil er es nicht zur Kenntnis nimmt. Armut ist | |
für ihn kein Verteilungsproblem, das man mit Lohn-, Steuer- und | |
Sozialpolitik lösen könnte. Stattdessen glaubt er an eine Art | |
„Job-Ontologie“: Bei ihm gehört es zum Wesen eines Jobs, ob er gut oder | |
schlecht bezahlt ist. Jobs in der Automobilindustrie sind gut bezahlt – | |
also müssen ganz viele Jobs in der Automobilindustrie entstehen. | |
Dieser monomanische Ansatz kann nicht funktionieren. Selbst in ihren besten | |
Zeiten machte die US-Automobilindustrie nur 3 bis 3,5 Prozent der | |
US-Wirtschaftsleistung aus. Trump hat seinen Wählern also nichts zu bieten. | |
Selbst Fans werden bald merken, dass sich an ihrem dürftigen Leben nichts | |
ändert und sie weiterhin für einen Hungerlohn die Regale bei Wal-Mart | |
füllen. | |
## Tweets der Superlative | |
Auch Trump wirkt etwas nervös. Am Donnerstag setzte er erneut einen | |
bemerkenswerten Tweet ab. Begeistert verlinkte er auf FoxNews, die mit | |
einem Superlativ titelten: „Trumps erster voller Amtsmonat verzeichnet das | |
größte Stellenplus seit Jahren“. Man sollte also den Eindruck gewinnen, | |
dass der Präsident persönlich die neuen Arbeitsplätze geschaffen habe. | |
Doch nur ein Klick reichte, um diese Legende wieder zu zerstören: Der | |
Artikel selbst stellte nämlich schon im ersten Satz fest, dass die 298.000 | |
neuen Jobs nicht etwa Trump zu verdanken sind – sondern „dem ungewöhnlich | |
warmen Wetter“. In diesem Winter wurden die Baustellen nicht stillgelegt, | |
sondern liefen einfach weiter. Liest Trump nicht, was er verlinkt? Oder | |
glaubt er, dass seine Fans nur Überschriften konsumieren? Wahrscheinlich | |
stimmt beides. | |
Trump agiert wie ein besonders naiver Börsianer: Er glaubt, dass | |
Aktienkurse und Wachstum stets nach oben zeigen. Eine Konjunkturkrise kann | |
er sich nicht vorstellen – und eine schwere Finanzkrise kommt in seinem | |
Denken gar nicht vor. Dabei weiß jeder, der in einer Bank arbeitet, dass | |
ein Crash ungeheuer wahrscheinlich ist. Denn es gibt viel zu viel Geld, das | |
um den Globus kreist und nach Rendite giert. | |
Ein vernünftiger Politiker würde seine Wirtschaftspolitik so ausrichten, | |
dass das eigene Image keinen Schaden nimmt, wenn es zu einem Finanzcrash | |
kommt. Zumindest symbolisch würde man Distanz zur Wall Street pflegen. Doch | |
Trump wagt das glatte Gegenteil: Er erfüllt jeden Wunsch der | |
Investmentbanken, als wäre er ihr Lakai. | |
## Im Dienste der Wall Street | |
Besonders erstaunlich ist, wie Trump mit dem Dodd-Frank Act umgeht, der | |
2010 unter Obama verabschiedet wurde. Diese Bankenregulierung will Trump | |
zertrümmern, obwohl der Dodd-Frank Act sowieso nur eine Art Attrappe war: | |
Das Gesetz umfasst zwar 849 Seiten – aber gebracht hat es wenig. Die | |
Investmentbanken können noch immer ungestört spekulieren, wie das Volumen | |
der Derivate zeigt. Aktuell belaufen sich diese spekulativen Wettgeschäfte | |
weltweit auf nominal 544 Billionen Dollar. Eine unvorstellbare Summe. | |
Trumps Politik besteht also darin, Obamas Symbolpolitik symbolisch zu | |
entfernen. Der Verlierer steht schon fest: Trump. Denn mit seinem ganzen | |
Brimborium erzeugt er den Eindruck, als wäre der Dodd-Frank Act ungeheuer | |
effektiv gewesen. Falls es zu einem neuen Finanzcrash kommt, wird daher | |
Trump als der Schuldige gelten, weil er eine angeblich wahnsinnig | |
drastische Bankenregulierung rückgängig gemacht hat. | |
Es irritiert, dass Trump Risiken selbst dann nicht erkennt, wenn sie ihn | |
selbst bedrohen. Diese Ignoranz ist so unpolitisch, dass es schwierig ist, | |
damit politisch umzugehen. An diesem Experiment nimmt jetzt erstmals die | |
deutsche Regierung teil: Am Dienstag reist Kanzlerin Merkel ins Weiße Haus, | |
am Donnerstag trifft sich Finanzminister Schäuble mit seinem neuen | |
US-Kollegen Mnuchin. | |
Wie immer diese Treffen enden: Es wird noch schlimmer kommen. Der Worst | |
Case tritt ein, wenn die US-Wirtschaft schwächelt. Denn auf eine Krise ist | |
Trump nicht eingestellt. Also wird er auf Rache sinnen. Da er sich selbst | |
für unfehlbar hält, müssen ja die Anderen schuld sein. | |
13 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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