# taz.de -- Kommentar zu Dijsselbloems Entgleisung: Analyseniveau Stammtisch | |
> Der Eurogruppenchef bedient ungeniert das Klischee des faulen Südländers. | |
> Die strukturellen Ursachen der Eurokrise hat er nicht begriffen. | |
Bild: Dem fleißigen nordländischen Touristen ist das Thema Schnaps und Frauen… | |
Oft planen Politiker ihre Provokationen bewusst. Aber bei Eurogruppenchef | |
Jeroen Dijsselbloem kann man davon ausgehen, dass er einfach nur seine | |
Meinung gesagt hat. In einem FAZ-Interview gab Dijsselbloem zum Besten, was | |
er über die Krisenländer denkt: „Ich kann nicht mein ganzes Geld für | |
Schnaps und Frauen ausgeben und anschließend Sie um Ihre Unterstützung | |
bitten. Dieses Prinzip gilt auf persönlicher, lokaler, nationaler und eben | |
auch auf europäischer Ebene.“ | |
Seit vier Jahren ist Dijsselbloem damit betraut, die Eurokrise zu steuern. | |
Und wie der Niederländer nun selbst offenbart, hat er diese Krise bis heute | |
nicht verstanden – sondern ist auf einem Analyseniveau hängen geblieben, | |
das auch Stammtischbesucher mühelos erreichen. Es wird das gängige Klischee | |
bedient, dass die faulen Südländer angeblich das Geld zum Fenster | |
hinauswerfen, das ihnen fleißige Nordeuropäer selbstlos leihen. | |
Gut und Böse sind also klar verteilt, und es gerät völlig aus dem Fokus, | |
dass die Eurokrise strukturelle Ursachen hat. Dazu gehört auch das | |
Lohndumping, das die Niederlande und Deutschland betreiben, um ihre | |
Ausfuhren anzukurbeln. Gigantische Exportüberschüsse sind jedoch nur dann | |
möglich, wenn andere Länder Defizite im Außenhandel haben – sich also | |
verschulden. | |
## Dijsselbloem ist erledigt | |
Es ist der klassische Trick aller Populisten, dass sie Strukturprobleme | |
personalisieren – und nach Schuldigen suchen, die vorzugsweise Ausländer | |
sind. Wie der Fall Dijsselbloem zeigt, heißen die Populisten nicht nur | |
Geert Wilders oder Frauke Petry. Auch das EU-Establishment ist längst | |
infiziert. | |
Immerhin: Eine weitere EU-Karriere dürfte sich jetzt für Dijsselbloem | |
erledigt haben. Die Südeuropäer werden ihn in kein einziges Amt mehr | |
hieven. Dies ist jedoch kein echter Trost, denn das eigentliche Problem ist | |
damit nicht gelöst: Dijsselbloem war stets der Wunschkandidat von | |
Finanzminister Wolfgang Schäuble. | |
22 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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