| # taz.de -- Umweltschutz in Hamburg: Nachschenken, bitte | |
| > Der Hamburger Senat plant ein Pfandsystem für Coffee-to-go-Becher. Dabei | |
| > haben kleine Cafés das längst umgesetzt | |
| Bild: Allein in Hamburg werden jährlich 60 Millionen Coffee-to-go-Becher wegge… | |
| HAMBURG taz | Wer brüht sich seinen Kaffee noch zu Hause auf, wenn man an | |
| jeder Straßenecke einen kriegen kann? Coffee to go ist zum | |
| Lifestyle-Produkt geworden. Doch die Pappbecher zum Mitnehmen sind echte | |
| Umweltsünden: Allein in Hamburg werden jährlich 60 Millionen Becher | |
| weggeworfen. | |
| Um den riesigen Müllbergen entgegenzuwirken, stießen Grüne und SPD die | |
| Debatte für ein Mehrwegsystem bei Kaffeebechern an. Anfang März genehmigte | |
| die Bürgerschaft den Antrag. Ab 2018 sollen Hamburger ihren Kaffee aus | |
| wiederverwendbaren Tassen trinken und diese bequem bei anderen Cafés wieder | |
| abgeben können. | |
| Aber die Bürokratie braucht ihre Zeit. Susanne Voss und Roman Witt vom Café | |
| El Rojito, das sich seit 25 Jahren für nachhaltigen Kaffeekonsum einsetzt, | |
| haben die Idee längst in die Tat umgesetzt. Sie riefen im November die | |
| Initiative „Refill it!“ ins Leben. Inzwischen beteiligen sich 19 Hamburger | |
| Cafés und Konditoreien daran. Für 1,50 Euro Pfand können die Kunden den | |
| Becher mitnehmen und im nächsten Laden wieder abgeben. | |
| Eines der Cafés ist „Herr Max“ am Schulterblatt. Der Eigentümer Matthias | |
| Max hat sofort zugesagt, als die Anfrage kam: „Erst zwei Tage vorher warf | |
| ich einen schön gestalteten Kaffeebecher weg und dachte: ‚Schade, dass | |
| etwas so Gutes so schnell zu Müll wird‘“. Seit Januar wurden bei Herr Max | |
| etwa 250 Kaffeebecher verliehen. Die Becher, die zurückkommen, werden | |
| ausgespült und neu verliehen. | |
| Die Nachfrage nach den Pfandbechern ist groß: „Mit 3.000 Bechern sind wir | |
| gestartet“, sagt Initiatorin Voss. „Inzwischen sind über 5.000 im Umlauf�… | |
| Das liegt auch an der steigenden Anzahl der Teilnehmer. Inzwischen nehmen | |
| sogar Cafés in anderen Städten teil – etwa in Leipzig. | |
| Große Konzerne will Voss aber nicht dabei haben: „Auf den Bechern steht | |
| unser Name – da sollte dann keine fiese Plörre drin sein“. Die Initiatoren | |
| des privaten Projekts glauben nicht daran, dass die Stadt mit ihrem | |
| Vorhaben erfolgreich sein wird – nicht zuletzt, weil große Ketten kein | |
| Interesse an dem Pfandsystem hätten. „Man macht keinen Gewinn mit diesem | |
| Projekt“, sagt Voss. Konzerne rechneten die Arbeitszeiten aus, die mit | |
| Einnahme und Herausgabe des Pfands verbunden seien. „Das lohnt sich einfach | |
| nicht“. | |
| Die Behörde für Umwelt und Energie ist wesentlich optimistischer. „Es gibt | |
| bereits ausreichend Aktionspartner“, sagt Behördensprecher Björn Marzahn. | |
| „Ziel ist es aber, eine gemeinsame Branchenlösung zu finden“. Dazu hat die | |
| Behörde einen Drei-Phasen-Plan ausgearbeitet. Im ersten Schritt werden | |
| Einladungen verschickt. „Die gehen an alle – von Tchibo bis Mc Donald's“, | |
| sagt Marzahn. Danach sollen eine Machbarkeitsstudie mit Pilotprojekt und | |
| später die flächendeckende Einführung folgen. Für die Logistik und neue | |
| Becher sollen die Unternehmen je nach Umsatz zwischen 5.000 und 12.000 Euro | |
| im Jahr zahlen. Nur wenn sich die Test-Unternehmen nach dem Pilotprojekt | |
| für das Pfandsystem entschieden, werde es auch tatsächlich eingeführt, sagt | |
| Marzahn. | |
| Eine der Firmen, mit der die Stadt laut Hamburger Abendblatt im Gespräch | |
| ist, ist „Balzac Coffee“. Die Hamburger Kaffeekette hat 19 Filialen in der | |
| Stadt. Wiederverwendbare Becher gibt es in den Filialen bisher nicht. Aber | |
| Kunden dürfen sich eigene Becher mitbringen. „Wir arbeiten derzeit noch an | |
| anderen Möglichkeiten“, sagt eine Sprecherin des Unternehmens vage. | |
| Um den Verpackungsmüll einzudämmen, wäre auch ein Verbot von Pappbechern | |
| möglich, aber die Stadt setzt auf Freiwilligkeit. Es sei kontraproduktiv, | |
| Strafen oder Gebühren für Einwegbecher einzuführen: „Die Anziehungskraft | |
| des Projekts ist größer, wenn wir nicht mit Strafen drohen“, sagt Marzahn. | |
| Im El Rojito wurden Einwegtassen inzwischen komplett abgeschafft. Neben | |
| ihrer Umweltverträglichkeit hätten die Mehrwegbecher noch einen weiteren | |
| Vorteil, sagt Max: „Der Kaffee schmeckt daraus besser“. | |
| 17 Mar 2017 | |
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