# taz.de -- Alternativen zum Einwegkaffeebecher: Das Ende des Cupitalismus | |
> Vor einem Jahr entschieden die deutschen Umweltminister, etwas gegen | |
> Einwegbecher zu tun. Was ist seitdem passiert? Drei Beispiele. | |
Bild: Schluck aus der Pappe. Viele Betriebe haben Bedenken, mitgebrachte Mehrwe… | |
## Die bundesweite Lösung? | |
Ein eigener Mehrwegbecher ist nervig. Kunden müssen mitdenken: morgens den | |
Becher in die Tasche stecken, dann abends zu Hause auswaschen, tagsüber | |
aufpassen, dass die Kaffeereste nicht in die Tasche sickern. Unpraktisch, | |
oder? | |
„Wir wollten die Coffee-to-go-Mentalität beibehalten, aber eine | |
unkomplizierte Alternative aufbauen“, sagt Fabian Eckert, Mitbegründer des | |
Start-ups Recup. Eckert und sein Partner Florian Pachaly wollen ein | |
bundesweites Pfandsystem für Mehrwegbecher aufbauen. Das Vorbild war | |
Freiburg. | |
Nach Angaben von Recup sind in Rosenheim und München etwa 150 Betriebe | |
beteiligt. Welche das sind, lässt sich in einer App nachlesen. 27 000 | |
Kunststoffbecher sollen bereits im Umlauf sein. Die Becher sind aus | |
Polypropylen hergestellt, einem recycelbaren Kunststoff. | |
Doch wie lässt sich mit Pfandbechern Geld verdienen? Die | |
Coffee-to-go-Betreiber zahlen pro Filiale und pro Tag für die Teilnahme am | |
System von Recup einen Euro als Lizenzgebühr. Dafür schrumpft in den | |
Geschäften die Menge der Einwegbecher. Ein Becher kann etwa 500 Pappbecher | |
ersetzen, so oft kann er wiederverwendet werden. (Ein kurzes Rechenspiel: | |
27.000 mal 500? Über 13 Millionen weniger Pappbecher!) Recup übernimmt den | |
Service, sie stellen die Becher bereit und verzeichnen die Unternehmen in | |
der App für die Kunden. „Wir bieten auch einen kostenpflichtigen | |
Reinigungsservice an“, sagt Eckert. | |
Bereits im März ist Recup mit der Berliner Initiative Just swap it | |
fusioniert. Clemens Pech hatte dort bereits vergangenes Jahr ein eigenes | |
Pfandprojekt gestartet. „Wir haben in Berlin noch auf Bambusbecher gesetzt, | |
die jedoch von unseren meisten Kunden nicht zurückgegeben wurden“, erzählt | |
Pech. Deshalb habe man sich nun mit Recup zusammengetan, um ein | |
bundesweites einheitliches System aufzubauen. | |
Recup ist nicht das einzige Pfandsystem, das den bundesweiten Markt erobern | |
möchte. Der FairCup hat in Göttingen als ein Berufsschülerprojekt | |
angefangen. Ab September wird es als Unternehmen weitergeführt. 90 | |
gastronomische Betriebe hat FairCup mit 7.800 Pfandbechern und Deckeln | |
versorgt. Die Göttinger haben zudem einen Pfandautomaten entwickelt. „Unser | |
Ziel ist, dass Personen auf ihr Pfandgeld verzichten und es für unsere | |
sozialen und Fair-Trade-Projekte spenden“, so FairCup. | |
## Hessische Rabatte | |
An welcher Stelle sind VerbraucherInnen empfindlich? An ihrer Geldbörse. | |
Sommerschlussverkäufe, Paybackkarten, Gutscheine – Rabatte funktionieren. | |
Wie wäre es also mit einem Rabatt für weniger Müll? | |
Das hessische Umweltministerium hatte die Idee, ein Rabattsystem für den | |
Mehrwegbecher aufzubauen. Dass die Initiative aus Hessen kam, hatte einen | |
simplen Grund: Viele BürgerInnen hatten sich in Briefen über überquellende | |
Mülleimer, ungemütliche Parks und Bahnhöfe beschwert. | |
Bereits im April 2016 startete das Projekt namens Becher Bonus. Das grüne | |
Ministerium schrieb Briefe, aber nicht zurück an die BürgerInnen, sondern | |
an die Coffee-to-go-Betriebe. Die Unternehmen sollten sich verpflichten, | |
den KundInnen Rabatte zu erlassen, wenn sie einen Becher mitbringen. „Uns | |
war es wichtig, dass wir mit den Unternehmen ein freiwilliges Angebot | |
entwickeln“ sagt Mischa Brüssel de Laskay, Pressesprecher des hessischen | |
Umweltministeriums. „Verbote sind natürlich ein wirksames Mittel, aber sie | |
fördern nicht das, worum es uns eigentlich geht, nämlich ein Bewusstsein | |
und eine Verantwortung für das eigene Handeln.“ | |
Mittlerweile beteiligen sich 60 Unternehmen und 3.600 Filialen an der | |
Kampagne – bundesweit. Jüngst hat der Konzern Tchibo angekündigt, 10 Cent | |
Rabatt für Mehrwegbecher zu geben. Viele andere Unternehmen haben das | |
Angebot bereits eingeführt: Einige Filialen von McCafé, Nordsee und der | |
Bäckerei Kamps geben ebenfalls 10 Cent, im Bordrestaurant der Deutschen | |
Bahn gibt es 20 und bei Starbucks und Alnatura sogar 30 Cent Preisnachlass. | |
Bedenken gab es wegen der Hygiene. „Viele Betriebe waren unsicher, ob sie | |
den fremden Mehrwegbecher befüllen dürfen“, sagt Brüssel de Laskay. Die | |
Rechtslage war nicht eindeutig. Dorothea Kesberger von der | |
Verbraucherzentrale Berlin sieht kein Problem. „Es gibt keine | |
Hygienevorschrift, die das Abfüllen in private Mehrwegbecher verbietet.“ Im | |
eigenen Interesse sollten Verbraucher jedoch nur saubere Becher abgeben und | |
Verkäufer die hygienischen Standards beachten. | |
Bisher nutzen nur wenige Kunden der großen Ketten das Angebot. Das | |
bestätigt eine Sprecherin von McDonald’s: „Generell ist das Feedback | |
unserer Gäste sehr positiv. Im Moment bewegt sich die Nutzung allerdings | |
noch auf einem niedrigen Niveau, steigt aber an.“ | |
## Die Pioniere aus Freiburg | |
Mit 15 Cafés hat die Universitätsstadt Freiburg im November ihr Pfandsystem | |
gestartet. Mittlerweile sind 18.000 FreiburgCups im Umlauf. Die Stadt | |
verteilt sie gratis an die Anbieter. | |
Das Pilotprojekt läuft gut, fast drei Viertel aller Geschäfte machen mit. | |
KundInnen haben in Freiburg die Wahl: Entweder sie nehmen den Einwegbecher, | |
oder sie entscheiden sich für das Pfandsystem. Zusätzlich zum Kaffeepreis | |
wird ein Euro Pfand für den Mehrwegbecher gezahlt. Der Becher kann in allen | |
mitmachenden Restaurants und Cafés wieder abgegeben werden. Diese haben | |
einen Aktionsaufkleber am Eingang. Das Pfand gibt es dann zurück, nur der | |
Deckel landet im Müll. | |
Anfangs waren nicht alle Cafés vom neuen System begeistert. „Wir wollten | |
unsere Kunden nicht bevormunden. Das Becherdesign war auch nicht | |
überzeugend“, erzählt Christoph Wyen, Betreiber des Sedan Cafés. 1.500 | |
Becher hat Wyen bisher bestellt, doch nur wenige kamen nach der Ausgabe | |
wieder zurück. „Die Leute sind bequem und behalten die Becher als | |
Souvenirs.“ Für Wyen ist das gut. Das Café zahlt für die Becher nichts, | |
darf aber das Pfand behalten. | |
Am Universitätsklinikum der Stadt kommt das System besser an. Jeder fünfte | |
Kunde trinkt in den Cafeterien seinen Kaffee in einem Mehrwegbecher. „Die | |
jungen Menschen an der Uni denken nachhaltiger“, sagt Dietmar Bootz von der | |
Abfallwirtschaft Freiburg. | |
Ob der Müll weniger wurde, konnte von der Abfallwirtschaft noch nicht | |
ausgewertet werden. Ende des Jahres läuft das Pilotprojekt aus. Die Stadt | |
sucht nach einem Unternehmen, das das Pfandsystem übernimmt. | |
1 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Jan-Peter Schulz | |
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