# taz.de -- Mehrweg vs. Einweg I: Mehrmals bechern wird billiger | |
> Mit der Initiative „Better World Cup“ wollen Politik, Umwelt- und | |
> Wirtschaftsverbände die BerlinerInnen ermuntern, aus Mehrwegbechern zu | |
> trinken. | |
Bild: Stolze Mehrweg-Promoter: BSR-Chefin Tanja Wielgoß, Umweltsenatorin Regin… | |
Mit 2.600 Bäumen kann man einen kleinen Berliner Park bestücken. Oder aber | |
die Menge von Einwegkaffeebechern herstellen, die die Stadt jedes Jahr | |
verbraucht: 170 Millionen Stück, 20.000 pro Stunde. Eine ungeheure | |
Ressourcenverschwendung, die Umweltorganisationen seit Langem anprangern. | |
Auch in der Politik hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass | |
die Becherflut einzudämmen ist. Genau das versucht seit Freitag eine | |
Initiative des Senats und der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) | |
zusammen mit Wirtschafts- und Umweltverbänden. | |
„Better World Cup“ nennt sich das Projekt, das Umweltsenatorin Regine | |
Günther (parteilos, für die Grünen) und BSR-Chefin Tanja Wielgoß | |
vorstellten. Es beruht nicht – wie von vielen erwartet – auf einem | |
Pfandbechersystem, sondern auf einer Selbstverpflichtung von | |
Cafébetreibern, den von Kunden mitgebrachten Mehrwegbecher zu befüllen und | |
dafür einen kleinen Rabatt zu gewähren. | |
„Richtwert sind 20 Cent, aber das müssen die Teilnehmenden selbst | |
kalkulieren“, sagte Günther, „es kann auch ein Keks sein“. Sie verwies | |
darauf, dass die Herstellung der Einwegbecher allein für Berlin rund 6.600 | |
Tonnen CO2-Emmission verursache. Wer auf Mehrweg umsteige, vermeide also | |
die Emission klimaschädlicher Gase und mache „die Welt ein bisschen | |
besser“. | |
Für BSR-Chefin Wielgoß steht ein anderer Aspekt im Vordergrund: Die | |
täglichen Becherlawinen verstopfen die Mülleimer oder ergießen sich gleich | |
auf die Straße und in die Grünanlagen – zusätzliche Arbeit für ihre | |
Angestellten. Mit dem Better World Cup habe Berlin die Möglichkeit, „noch | |
ein bisschen schöner und sauberer zu werden“. Es könne nicht darum gehen, | |
die To-go-Kultur in Bausch und Bogen zu verdammen, man müsse sie aber | |
umweltfreundlich gestalten. | |
Für die beteiligten Verbände hielten die Vizechefs der Deutschen | |
Umwelthilfe (DUH), Barbara Metz, und der Berliner Industrie- und | |
Handelskammer, Tobias Weber, das Gesicht in die Kameras. Weber verkündete, | |
dass schon zum Start über 100 Cafés und Filialen von „Systemgastronomen“ … | |
der Initiative beteiligt seien. Unter anderem machten Starbucks, Tchibo und | |
die Biocompany mit. Man habe eine einfach formulierte Hygienecheckliste | |
erarbeitet, nach der sich alle richteten. Die beteiligten Betriebe, aber | |
auch andere Unternehmen könnten nun auch mit entsprechend gestalteten | |
Bechern werben, so Weber. | |
## Nur der erste Schritt | |
Barbara Metz von der DUH betonte, die Auffüllinitiative sei nur der erste | |
Schritt weg vom Einwegsystem. Es müsse darum gehen, eine „Pool-Lösung“ mit | |
Pfandbechern zu etablieren, die man in teilnehmenden Cafés auch wieder | |
zurückgeben kann. Dafür sprechen auch die Ergebnisse einer Umfrage, die die | |
DUH selbst in Auftrag gegeben hat: Demnach sind nur 10 bis 15 Prozent der | |
Deutschen bereit, immer ihren persönlichen Becher mit sich herumzutragen. | |
Ohne Unterstützung von Politik und Verbänden startet denn auch am Montag | |
ein Bechersystem, das sich bereits in München und einigen anderen Städten | |
etabliert hat: „Recup“ nennt es sich. Laut Geschäftsführer Clemens Pech | |
werden schon zu Beginn mindestens dreißig Gastronomen die beiden | |
Bechertypen in unterschiedlicher Größe gegen Pfand ausgeben – und nach | |
Benutzung zurücknehmen. | |
14 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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