| # taz.de -- Vor dem EU-Gipfel in Brüssel: Zoff statt Vorfreude | |
| > Berlin will keine Rücksicht mehr auf „langsame“ Partner nehmen. Warschau | |
| > kritisiert dagegen die deutsche Dominanz in der EU. | |
| Bild: Vorbereitungsgespräche für den Frühlingsgipfel der EU | |
| Brüssel taz | Den EU-Politikern läuft die Zeit davon. In zwei Wochen, am | |
| 25. März, wollen sie in Rom das 60. Jubiläum der europäischen | |
| Gründungsverträge feiern. Doch nach Feiern ist den 28 Mitgliedstaaten | |
| nicht zumute, wenn sie sich am Donnerstag und Freitag in Brüssel zu ihrem | |
| regulären Frühjahrsgipfel treffen. | |
| „Ich bin mit dem derzeitigen Vorbereitungsstand alles andere als | |
| zufrieden“, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth | |
| (SPD), Anfang der Woche in Brüssel. Die Planungen für Rom ließen zu | |
| wünschen übrig, wichtige Themen wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit | |
| kämen zu kurz. | |
| Das war nicht nur eine Kritik an der italienischen Regierung und der | |
| maltesischen Ratspräsidentschaft. Es war auch ein Seitenhieb auf die | |
| Regierungen in Ungarn und Polen, die mit dem Rechtsstaat auf Kriegsfuß | |
| stehen. Doch die Kritisierten schießen zurück – der Konflikt könnte den | |
| Gipfel schwer belasten. | |
| Die polnische Regierung stemmt sich nämlich mit aller Gewalt gegen die | |
| geplante Wiederwahl ihres Landsmanns Donald Tusk zum Ratspräsidenten für | |
| weitere zweieinhalb Jahre. Tusk sei „der Kandidat Deutschlands“, sagte der | |
| Vorsitzende der rechtsnationalen Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, | |
| in einem Interview. Kaczyński übte darin auch scharfe Kritik an der | |
| deutschen Europapolitik. Die EU sei von „deutscher Dominanz“ geprägt, ohne | |
| dass Deutschland diese Rolle wirklich ausfüllen könne. | |
| Tusk hatte im Dezember „Respekt“ gegenüber „verfassungsrechtlichen | |
| Prinzipien und Werten“ verlangt. Damals wollte die polnische Regierung die | |
| Parlamentsberichterstattung einschränken; zudem hat sie das | |
| Verfassungsgericht auf Linie gebracht. Nicht nur Tusk, sondern auch | |
| Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat deshalb protestiert. | |
| Der Streit dürfte das Abendessen der Staats- und Regierungschefs am | |
| Donnerstag überschatten. Zwar hat der polnische Gegenkandidat Jacek | |
| Saryusz-Wolski keine Chance. Doch es wäre das erste Mal, dass ein | |
| EU-Ratspräsident gegen den Widerstand seines Heimatlands gewählt würde. | |
| Ärger zeichnet sich auch beim zweiten großen Gipfelthema ab, der Zukunft | |
| der EU. Denn nicht nur die Bundesregierung ist unzufrieden. Mehrere | |
| EU-Länder sind verärgert, weil Kanzlerin Angela Merkel die Debatte über ein | |
| Europa der „verschiedenen Geschwindigkeiten“ vorantreibt – sie fühlen si… | |
| abgehängt und ausgegrenzt. | |
| ## Frankreich, Spanien und Italien auf der Überholspur | |
| Kritik kommt nicht nur von den „üblichen Verdächtigen“ in den | |
| Visegrád-Staaten. Auch Finnland und Österreich haben Vorbehalte. Sogar die | |
| EU-Kommission ist nicht glücklich mit der Zukunftsdebatte. Sie hatte vor | |
| einer Woche fünf Szenarien für die Reform der Union vorgelegt, doch in der | |
| Diskussion spielen sie kaum eine Rolle. | |
| Nur die dritte Option, bei der Deutschland mit wenigen Partnern vorangehen | |
| und „langsame“ Staaten abgehängt werden, findet Merkels Gunst. Bei einem | |
| Minigipfel in Versailles hatten sich auch Frankreich, Spanien und Italien | |
| für dieses Szenario ausgesprochen. Sie wollen bei Themen wie Euro oder | |
| Steuern auf die Überholspur. | |
| Doch wohin die Reise nach dem Brexit, dem EU-Austritt Großbritanniens, | |
| gehen soll, konnte auch Merkel nicht sagen. Bis zum Jubiläumsgipfel in Rom | |
| bleibt noch viel zu tun. Statt Vorfreude liegt Zoff in der Luft. | |
| 9 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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