| # taz.de -- Kommentar zum EU-Gipfel: Mission impossible | |
| > Die EU schlingert. Sie braucht eine starke Führung. Tusks Wiederwahl ist | |
| > sicher, doch das polnische Debakel wird auch für ihn Folgen haben. | |
| Bild: Ein scharfer Blick auf die Einheit der EU: Donald Tusk. Aber ob der hilft? | |
| Die Europäische Union kämpft ums Überleben. Eine Mehrheit der Briten hat | |
| bereits für den Austritt gestimmt. Viele Niederländer und Franzosen flirten | |
| mit europafeindlichen Parteien. Doch beim ersten regulären EU-Gipfel dieses | |
| Jahres ist das alles kein Thema. | |
| Der Brexit steht ebenso wenig auf der Tagesordnung wie die Frage, wie man | |
| mit möglichen Wahlsiegen von Geert Wilders oder Marine Le Pen umgehen soll. | |
| Nicht einmal der heftige Streit zwischen Deutschland und der Türkei soll in | |
| Brüssel zur Sprache kommen. | |
| Dafür hat vor allem ein Mann gesorgt: Donald Tusk. Der polnische | |
| EU-Ratspräsident führt seit zweieinhalb Jahren die Regie bei den | |
| Spitzentreffen der 28 Staats- und Regierungschefs. Dabei nimmt er auf eine | |
| mächtige Frau besonders Rücksicht: Angela Merkel. Noch nie hat Tusk ein | |
| Thema auf die Agenda gesetzt, das Merkel ärgern könnte. Genau das scheint | |
| die polnische Regierung besonders zu stören. Sie will ihren Landsmann nun | |
| absägen und durch einen willfährigen polnischen Europaabgeordneten | |
| ersetzen. | |
| [1][Tusk sei der „Kandidat Deutschlands“, wettert der Chef] der | |
| rechtsnationalen Regierungspartei PIS, Jaroslaw Kaczynski. Die „deutsche | |
| Dominanz“ führe die EU in die Katastrophe, fügt er hinzu. Darüber könnte | |
| man diskutieren, wenn Kaczynski es ernst meinte. Meint er aber nicht. In | |
| Wahrheit stört ihn vor allem, dass es Tusk und EU-Kommissionspräsident | |
| Jean-Claude Juncker gewagt haben, die Verstöße seiner Regierung gegen | |
| Rechtsstaat und Demokratie zu brandmarken. Deswegen möchte er den liberalen | |
| Politiker loswerden. | |
| ## Das polnische Debakel | |
| Doch damit kommt Kaczynski nicht durch. Tusk ist eine große Mehrheit beim | |
| EU-Gipfel sicher, Polen droht ein Debakel. Dummerweise wird damit aber auch | |
| Tusk beschädigt. Und das ausgerechnet in dem Moment, da die EU einen | |
| starken Präsidenten dringender braucht denn je. | |
| Denn die nächsten zweieinhalb Jahre werden noch härter als die letzten. | |
| Tusk wird die EU durch den Brexit führen und gegen Angriffe aus den USA | |
| verteidigen müssen. Und er sollte die wachsende Kritik an der deutschen | |
| Dominanz in vernünftige Bahnen lenken. | |
| Denn ganz so allein, wie es aussehen mag, steht Kaczynski dann doch nicht | |
| da. Viele Osteuropäer, aber auch Griechen, Italiener und sogar Franzosen | |
| verspüren ein Unbehagen im „deutschen Europa“, das der deutsche Soziologe | |
| Ulrich Beck schon 2012 diagnostizierte. | |
| Aktuell macht sich dieses Unbehagen allerdings nicht an Ratspräsident Tusk, | |
| sondern vor allem an [2][Merkels Plan fest, eine EU der „verschiedenen | |
| Geschwindigkeiten“] einzuführen. Selbst Länder wie Finnland oder Österreich | |
| fürchten, ausgegrenzt und abgehängt zu werden. Tusk kommt die schwierige | |
| Aufgabe zu, diese Sorgen zu entkräften und alle EU-Länder mitzunehmen. Ob | |
| ihm dies gelingen kann, ist zu bezweifeln. Denn dafür müsste er sich nicht | |
| nur von Kaczynskis Störmanövern erholen, sondern auch von Merkel | |
| emanzipieren. | |
| Es ist eine „Mission impossible“, eine unmögliche Mission. Aber vielleicht | |
| kommen Tusk ja die deutschen Wähler zu Hilfe: Wenn sie sich bei der | |
| Bundestagswahl gegen Merkel entscheiden, dann werden die Karten neu | |
| gemischt. Europa könnte es gut gebrauchen. | |
| 9 Mar 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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