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# taz.de -- Kommentar Polen nach der Tusk-Wahl: Argumente für den Polexit
> Donald Tusk ist als EU-Ratspräsident wiedergewählt worden. Die polnische
> Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit schäumt.
Bild: Nach Donald Tusk Wiederwahl klatschten die Abgeordneten der Opposition in…
„Verräter“, gifteten die einen, „Hurra“, jubelten die anderen: In Polen
[1][rief die Wiederwahl] Donald Tusks als EU-Ratspräsident am
Donnerstagabend extreme Reaktionen hervor. 27 Premierminister und
Präsidenten in der EU hatten am Donnerstagnachmittag für den
liberalkonservativen Ex-Premier Polens gestimmt – und eine einzige
Regierungschefin, ausgerechnet [2][Beata Szydlo] aus Polen, gegen den
eigenen Landsmann.
Während in der Ostseestadt Zoppot die Menschen mit einer spontanen
Demonstration den Sieg Tusks feierten, schäumte in Warschau Jaroslaw
Kaczynski, der „geniale Stratege“ der nationalpopulistischen
Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Obwohl nur einfacher
Abgeordneter, ist Kaczynski doch der mächtigste Mann im Lande und lässt
Szydlo wie auch die anderen Minister nach seiner Pfeife tanzen. Das
erklärt, wie die persönliche Obsession des polnischen Möchtegern-Diktators
zur Staatsräson Polens werden konnte.
Sein Ziel war es, die EU über die Tusk-Frage zu spalten, um dann bei Themen
wie Flüchtlingsverteilung, neuem Budget und gemeinsamer Energiepolitik als
lachender Dritter aus dem Streit der anderen hervorzugehen. Doch die
Mitglieder des Europäischen Rats zeigten Rückgrat und ließen sich nicht
auseinander dividieren. Tusk hatte als EU-Ratspräsident gute Arbeit
geleistet, war zwar mitunter kritischer, als sich der Europäische Rat das
wünschte, hatte sich aber letztlich von allen Seiten Lob und Anerkennung
verdient. Nach seiner Wiederwahl auf dem Gipfel in Brüssel skandierten die
Abgeordneten der Opposition in Warschau „Donald Tusk! Donald Tusk“ und
klatschten stehend Beifall.
Jaroslaw Kaczynski, der für den außenpolitischen Totalschaden Polens
verantwortlich zeichnet, tobte derweil auf der Rednertribüne: „Tusk hat die
Loyalität gegenüber dem eigenen Staat aufgekündigt“, Tusk würde sich in d…
inneren Angelegenheiten Polens einmischen, so dass „wir am Ende wohl enorme
Strafen bezahlen oder Emigranten aufnehmen müssen“. Das Argument ist nicht
neu: seit der Wahlkampagne 2015 baut Kaczynski über die Flüchtlinge ein
EU-Feindbild auf, das auf mittlere Sicht den Polexit zum Ziel hat.
Den perfekten Anlass dafür hat Kaczynski auch schon: Das nächste EU-Budget
wird ohne den Nettozahler Großbritannien vor allem für den Nettoempfänger
Polen deutlich weniger Geld aus der Brüsseler Kasse bringen.
10 Mar 2017
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## AUTOREN
Gabriele Lesser
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Aus Le Monde diplomatique: Polen zuerst
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Kommentar zum EU-Gipfel: Mission impossible
Die EU schlingert. Sie braucht eine starke Führung. Tusks Wiederwahl ist
sicher, doch das polnische Debakel wird auch für ihn Folgen haben.
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