# taz.de -- EU-Gipfel in Brüssel: Merkel beschwichtigt nach EU-Eklat | |
> Polen antwortet nach der Abstimmungsniederlage über die | |
> EU-Ratspräsidentschaft mit einer Blockade. Alles halb so schlimm, sagt | |
> die Kanzlerin. | |
Bild: Beata Szydlo is not amused | |
BRÜSSEL dpa/rtr | Nach dem bitteren Streit mit Polen um die Wahl des | |
EU-Ratspräsidenten hat Kanzlerin Angela Merkel beschwichtigt. Die | |
Europäische Union sei arbeitsfähig und werde ihre Arbeit gut fortsetzen, | |
sagte sie in der Nacht zum Freitag nach Beratungen des EU-Gipfels in | |
Brüssel. Sie räumte aber ein, dass ausnahmsweise keine Einstimmigkeit über | |
die Gipfelerklärung erzielt wurde. Denn Polen stellte sich quer. | |
Der Hintergrund: Die 27 übrigen EU-Länder hatten gegen heftigen Protest der | |
Regierung in Warschau den aus Polen stammenden EU-Ratspräsidenten Donald | |
Tusk für eine zweite Amtszeit bestätigt. Polens nationalkonservative | |
Regierungspartei PiS liegt mit Tusk politisch über Kreuz und wollte die | |
Wiederwahl unbedingt verhindern. Sie fand aber keine Mitstreiter. | |
Aus Empörung kündigte Ministerpräsidentin Beata Szydlo an, die | |
Abschlusserklärung des Gipfels nicht mitzutragen. Szydlo sprach von einem | |
sehr traurigen Tag und einem äußerst gefährlichen Präzedenzfall. Vieles in | |
der EU entwickele sich in die falsche Richtung und müsse sich ändern. Trotz | |
allem will Szydlo aber auch am Freitag am Gipfel teilnehmen. | |
Merkel und andere EU-Staats- und Regierungschefs mühten sich um ein | |
Entschärfen des Streits. Maltas Regierungschef Joseph Muscat sagte mit | |
Blick auf Polen: „Wir müssen sie zurückholen, auch politisch.“ Tusk selbst | |
versicherte, er werde sich für alle 28 Mitgliedstaaten einsetzen, also auch | |
für Polen. Und er werde alles tun, damit sein Heimatland nicht weiter in | |
die politische Isolation gerate. | |
## Gemeinsame Militärplanungseinheit | |
Zum Abschluss des ersten Gipfeltags erinnerte Merkel daran, dass trotz des | |
Eklats wichtige Themen besprochen worden seien. In der Sicherheits- und | |
Verteidigungspolitik seien zuletzt wichtige Fortschritte erreicht worden. | |
Die 28 EU-Staats- und Regierungschefs hatten die Entscheidung der EU-Außen- | |
und Verteidigungsminister gebilligt, einen gemeinsamen Stab zur Planung und | |
Führung von EU-Auslandseinsätzen einzurichten. | |
Die künftige Zentrale mit zunächst bis zu 35 Mitarbeitern soll bei | |
EU-Einsätzen das Engagement der Mitgliedsländer in den Feldern Diplomatie | |
und wirtschaftliche Entwicklung sowie bei der Ausbildung von Polizei und | |
Militär bündeln. Der militärische Planungs- und Führungsstab (MPCC) in | |
Brüssel nimmt seine Arbeit noch im März auf. | |
Auch sei man sich einig gewesen, dass man angesichts der schwierigen | |
Situation auf dem Westbalkan „helfend eingreifen“ wolle. Obwohl Polen die | |
Schlusserklärung nicht unterstütze, gebe es doch eine Erklärung der | |
Ratspräsidentschaft, die 27 Länder mittrügen. | |
Der Brüsseler Gipfel endet an diesem Freitag mit einer Debatte über die | |
Zukunft der EU ohne Großbritannien. Die 27 verbleibenden Länder wollen sich | |
auf Eckpunkte einer Erklärung zur Feier des 60. Jahrestags der Römischen | |
Verträge am 25. März einigen. | |
10 Mar 2017 | |
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