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# taz.de -- Neue Kritik an der Pkw-Maut: Dobrindt hält dagegen
> Auch der neue Gesetzentwurf für eine Pkw-Maut in Deutschland sei
> unvereinbar mit EU-Recht, urteilen Juristen der Bundestagsverwaltung.
Bild: Lässt sich hier noch eine Maut durchsetzen?
Berlin taz | Neuer Dämpfer für das Lieblingsprojekt von Verkehrsminister
Alexander Dobrindt (CSU): Der Fachbereich Europa der Bundestagsverwaltung
hält die geplante Einführung der Pkw-Maut, trotz der kürzlich beschlossenen
Nachbesserungen, für nicht mit dem EU-Recht vereinbar. In einem Gutachten
kommen die Juristen zu dem Schluss, dass die Einführung einer Maut bei
gleichzeitiger Entlastung inländischer Autohalter über die Kfz-Steuer
weiterhin „eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit (…) bewirkt“.
Dobrindt widersprach am Freitag dem Gutachten: „Die Maut kommt, sie ist
gerecht und europarechtskonform. Das hat auch die EU-Kommission bestätigt.“
Zur Erinnerung: Dobrindt hatte die Pkw-Maut Anfang 2015 bereits erfolgreich
durch das Parlament gebracht. Die Einführung war für 2016 geplant. Doch die
Europäische Kommission sah in dem Beschluss einen Verstoß gegen das
EU-Recht und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland
ein. Da die „Kfz-Steuer um den exakten Betrag der Gebühr gesenkt wird“,
handele es sich um eine „indirekte Diskriminierung auf Basis der
Staatsangehörigkeit“, teilte die Kommission damals mit. Dobrindt stoppte
daraufhin die Einführung, um einem Verfahren zu entgehen.
Zur Überraschung vieler präsentierte der Verkehrsminister Ende 2016 jedoch
einen mit der EU-Kommission ausgehandelten Kompromiss. Dieser wurde am 27.
Januar dieses Jahres im Kabinett angenommen und sieht unter anderem vor,
die Tages- und Monats-Vignetten für ausländische Pkw-Halter preislich
stärker zu staffeln und zumindest für umweltfreundliche Autos günstiger zu
gestalten. Des Weiteren sollen Inländer mit besonders abgasarmen Autos noch
stärker als bislang geplant von der Kfz-Steuer-Entlastung profitieren.
## Neuer Entwurf, altes Ergebnis
Folgt man dem Fachbereich Europa der Bundestagsverwaltung, sind diese
Änderungen jedoch nicht ausreichend, um geltendem EU-Recht zu entsprechen.
Das Gutachten stellt klar, dass zwar sowohl die Maut als auch die
Kfz-Entlastung für sich genommen rechtskonform sind. Allerdings stünden die
Gesetze in einem „objektiven Sachzusammenhang“, der letztendlich
ausländische Pkw-Halter diskriminiere. Mit anderen Worten: EU-Kommission
und Dobrindt haben zwar einige Details bei der Berechnung angepasst, das
Ergebnis bleibt jedoch gleich.
Dementsprechend kommentiert Grünen-Abgeordneter Oliver Krischer, der das
Gutachten in Auftrag gegeben hatte, den Bericht: „Egal, was Dobrindt auch
versucht: Die absurde Idee einer Maut, bei der am Ende nur Ausländer zahlen
sollen, ist eine Diskriminierung und verstößt gegen EU-Recht.“ Ähnlich
sieht man das beim Verkehrsclub Deutschland (VCD): „Das Gutachten
überrascht mich gar nicht“, sagte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer
Sprecher des VCD. Ziel der Maut sei es stets gewesen, Ausländer zur Kasse
zu bitten. Daran ändere auch der neue Entwurf nichts.
Dass die Kommission dem Kompromiss Ende vergangenen Jahres überhaupt
zugestimmt habe, sei wohl nur durch einen „politischen Kuhhandel“ zu
erklären, so Lottsiepen. Tatsächlich lässt die Bewertung der Europajuristen
der Bundestagsverwaltung die EU-Kommission in keinem guten Licht
erscheinen. Auf Nachfrage der taz wollte man sich zu dem jetzt erschienenen
Gutachten nicht äußern. Eine erneute Bewertung der Kommission werde erst
stattfinden, wenn die Pkw-Maut vom Bundestag verabschiedet worden sei.
Ob es überhaupt so weit kommt, ist zurzeit mehr als fraglich. Für die SPD
könnte das Gutachten einen willkommenen Anlass bieten, die
Gesetzesänderungen im Parlament doch noch zu verhindern. Im sich
anbahnenden Wahlkampf sicher keine unattraktive Option. Großer Verlierer
wäre Alexander Dobrindt, der es dann in vier Jahren nicht geschafft hätte,
ein europarechtskonformes und mehrheitsfähiges Maut-Gesetz auf die Bein zu
stellen. Ein anderes Unions-Mitglied dürfte sich dagegen insgeheim freuen.
Ihr Versprechen – „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben“ – hätte
Bundeskanzlerin Merkel im Fall einer SPD-Blockade zumindest gehalten.
17 Feb 2017
## AUTOREN
Daniel Böldt
## TAGS
Pkw-Maut
Alexander Dobrindt
Österreich
Bundesrat
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Autobahn
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Infrastruktur
Pkw-Maut
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