# taz.de -- Kraftprobe I: Landeseigene Vermieter: Renitente Mieterhöher | |
> Die Degewo langt bei den Mieten in Kreuzberger Sozialwohnungen zu. Sie | |
> nutzt ein Geschenk der Politik, vielleicht zu unrecht. | |
Bild: Rings um das Bethanien am Mariannenplatz sollen die Mieten kräftig steig… | |
Berlin taz Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind das wichtigste | |
Instrument für Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke), um für | |
eine soziale Wohnraumversorgung zu sorgen und die Mieterhöhungsspirale zu | |
brechen. So weit die Theorie. Doch die Unternehmen handeln nach ihrer | |
eigenen Logik, vielleicht sogar in bewusster Opposition. | |
Ungeachtet der neuen politischen Leitlinien [1][verschickten die sechs | |
Gesellschaften im Januar Tausende Mieterhöhungen], auch für | |
Sozialwohnungen. Ein Affront, den sich Lompscher und ihr für Finanzen | |
zuständiger Senatskollege Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) nicht gefallen | |
ließen. Sie drängten die Gesellschaften, [2][bis zum Abschluss einer | |
Kooperationsvereinbarung auf Mieterhöhungen zu verzichten] und bereits | |
ausgesprochene Bescheide zu überprüfen. | |
Dass die Spielräume der Unternehmen damit nicht gänzlich eingeschränkt | |
sind, zeigt ein Fall in der Siedlung am Mariannenplatz. Dort erhöhte die | |
Degewo die Mieten ihrer Sozialwohnungen um satte 51 Cent pro Quadratmeter. | |
Bereits am Sonntag fanden sich 120 betroffene Mieter zu einer Versammlung | |
ein, am Dienstag hielten sie eine Kundgebung ab. „Viele sind verzweifelt, | |
das ist eine sehr arme Gegend“, so Ulrike Hamann von der Mieterinitiative | |
Kotti & Co. | |
In einem Mieterhöhungsschreiben begründet die Degewo die Anhebung mit einer | |
„Ausnahmeregelung“, die 2011 vom damaligen Senator Michael Müller (SPD) | |
erlassen wurde. Zur Finanzierung der Rückzahlung der einst beim Land | |
aufgenommenen Darlehen – für den Bau von Sozialwohnungen – dürfen die | |
Unternehmen die Mieten jährlich um 13 Cent pro Quadratmeter anheben. | |
Mit dem Erlass wurde ihnen eingeräumt, dies auch nach Ablösung der Darlehen | |
tun zu dürfen. Ein Geschenk: Denn Mehrkosten haben sie ohne die jährlich | |
steigenden Darlehenskosten nicht. Die Wohnungen in der Siedlung | |
Mariannenplatz fielen bereits 2009 bis 2012 aus dieser Bindung. | |
## Alls auf einmal | |
In den vergangenen vier Jahren verzichtete die Degewo auf die Erhöhung, nun | |
holt sie diese auf einen Schlag nach: 13 Cent pro Quadratmeter für die | |
Jahre 2013 bis 2016. | |
Ob sie das darf, ist umstritten. Laut einer Sprecherin der Senatsverwaltung | |
wurde Müllers Weisung längst wieder aufgehoben: „Im März 2016 haben wir | |
diese Mieterhöhungsmöglichkeit abgeschafft.“ Bei der Degewo heißt es | |
dagegen, abgeschafft wurde die Möglichkeit einer vorzeitigen | |
Darlehensablösung, ihre Mieterhöhung sei rechtens. | |
Klar wird: Die kommunalen Wohnungsbauunternehmen nutzen ihre vermeintlichen | |
Möglichkeiten – auch gegen die Interessen der Mieter. Sie auf Sozialkurs zu | |
bringen wird für den Senat eine heikle Aufgabe. | |
15 Feb 2017 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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