# taz.de -- Ein selbstverwaltetes Haus für Obdachlose: „Sie wollen ihr eigen… | |
> Das Leben auf der Straße ist härter geworden, sagt | |
> Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Er will mit Betroffenen | |
> ein Haus bauen | |
Bild: Wenn mehr Leute auf der Straße sind, wird der Verteilungskampf härter | |
taz: Herr Karrenbauer, ist das Leben auf der Straße gefährlicher geworden? | |
Stephan Karrenbauer: Ich glaube schon, weil die Obdachlosen auch immer mehr | |
werden. Wenn mehr Leute auf der Straße sind, gibt’s auch mehr Überfälle. | |
Und der Verteilungskampf auf der Straße ist härter geworden. | |
Der Senat hat angekündigt, 1.500 neue Plätze in Unterkünften für Obdachlose | |
zu schaffen. Löst das das Problem? | |
Diese Forderung stellen soziale Verbände schon seit Jahren. Es ist richtig, | |
die Platzzahl soweit zu erhöhen. Aber es müsste ein Gesamtkonzept her. Auch | |
für den Übergang: Wie kommen die Leute aus den Notunterkünften wieder in | |
reguläre Wohnungen? | |
Wie könnte so ein Konzept aussehen? | |
Man müsste Wohnungsbau ganz gezielt für Wohnungslose betreiben, damit sie | |
überhaupt eine Chance auf dem Wohnungsmarkt haben. Solange es das nicht | |
gibt, müssen sie sich immer ganz hinten anstellen in einer Kette von | |
Menschen, die auch alle günstigen Wohnraum brauchen. | |
Sie haben kürzlich eine andere Idee geäußert: ein von Obdachlosen | |
selbstgebautes Haus. | |
Wenn Obdachlose selbst ein Haus renovieren und sich ihr eigenes Zuhause | |
aufbauen, kann man damit auch zeigen, dass sie durchaus ein Zuhause haben | |
wollen. Dass es nicht so ist, wie viele denken, dass Obdachlose das gar | |
nicht wollen. | |
Wie würde das aussehen? | |
Die Obdachlosen könnten selbst Hand anlegen und eine Immobilie sanieren. Es | |
sind viele Handwerker dabei: Elektriker, Maurer, Stuckateure. Ich glaube | |
schon, dass man so ein Projekt zusammenstellen kann, mit ehrenamtlicher | |
Begleitung. | |
Wer würde das Projekt leiten? | |
Ich kann mir vorstellen, dass es unter der Regie von Hinz&Kunzt laufen und | |
wir die Koordination übernehmen könnten. | |
Und die Sozialbehörde soll zahlen? | |
Wer auch immer. Ich finde, da sind alle aufgerufen, die ein Objekt haben. | |
Aber wenn die Stadt das macht, würde es vielleicht am schnellsten gehen. | |
Wie hat sich die Situation für osteuropäische „Wanderarbeiter“ in letzter | |
Zeit verändert? | |
Sie hat sich stark verschärft mit der neuen Politik, die behauptet, sie | |
seien freiwillig obdachlos, weil sie eine Adresse in ihrem Pass haben, und | |
sie auffordert, das Winternotprogramm zu verlassen. Der eine oder andere | |
hat auch die Auflage gekriegt, sich bei der Ausländerbehörde zu melden, um | |
zu überprüfen, ob er nach drei Monaten die Berechtigung verloren hat, sich | |
hier aufzuhalten. | |
Ihnen wird vorgeworfen, sie nutzten das Winternotprogramm aus. | |
Jeder, der so etwas denkt, soll mal eine Nacht im Winternotprogramm | |
verbringen. Da wird man ganz schnell merken: Freiwillig geht dort keiner | |
rein. Die Leute haben zum Teil vielleicht Arbeit, aber verdienen so wenig | |
Geld, dass sie sich keine normale Unterkunft leisten können. | |
Stützt das Winternotprogramm so letztlich die ausbeuterischen | |
Arbeitsverhältnisse? | |
Nein, denn wenn es das Programm nicht gäbe, würden die Menschen auf der | |
Straße schlafen, unter Autos oder Brücken. Man muss die Arbeitgeber für | |
solche Arbeitsverhältnisse in Haftung nehmen. | |
Wie geht es weiter, wenn das Winternotprogramm am ersten April endet? | |
Versprochen hat die Behörde, dass keiner, der einen Rechtsanspruch hat, | |
wieder auf die Straße muss. Das heißt, die müssen noch einige hundert | |
Plätze schaffen. Das darf aber kein weiteres Notprogramm sein, es muss | |
einen besseren Standard haben. Aber die sogenannten osteuropäischen | |
Wanderarbeiter werden wieder auf die Straße geschickt. | |
12 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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