# taz.de -- Rebellen im Kongo wieder aktiv: M23-Phantom am toten Vulkan | |
> Die totgeglaubten M23-Rebellen melden sich im Ostkongo zurück. Angeblich | |
> haben sie einen Hubschrauber abgeschossen. | |
Bild: M23-Rebellen aus dem Kongo bei der Ankunft in Uganda 2013. Wo sind sie je… | |
KINSHASA taz | Als am Freitag innerhalb kurzer Zeit zwei Kampfhubschrauber | |
der kongolesischen Armee (FARDC) nahe der Grenze zu Ruanda vom Himmel | |
fielen, hielten alle den Atem an. Gut informierte Kreise in Ostkongos | |
Provinzhauptstadt Goma erklärten zwar, Armeelogistiker hätten vermutlich | |
Kerosin mit Wasser gestreckt und dadurch Fehlzündungen verursacht. | |
Allerdings rühmte sich die ehemalige Rebellenorganisation M23 (Bewegung des | |
23. März), zumindest einen Hubschrauber abgeschossen zu haben. Er hatte | |
Aufklärungsflüge im Dreiländereck zwischen Kongo, Ruanda und Uganda | |
unternommen. | |
In den undurchdringlichen Waldhängen des erloschenen Vulkans Mikeno direkt | |
an der Grenze versteckt sich seit zwei Wochen M23-Militärchef Sultani | |
Makenga. Als der Helikopter im Tiefflug zu nahe gekommen sei und die Bäume | |
streifte, hätten sie ihn beschossen und er sei abgestürzt, sagen die | |
einstigen Rebellen. | |
Kongos Armeesprecher ließ verlauten, drei russische Besatzungsmitglieder | |
und zwei kongolesische Armeeoffiziere seien verletzt geborgen worden – die | |
Hubschrauber sind russisch, ihre Piloten und Flugingenieure auch. Von drei | |
Crewmitgliedern und einem FARDC-Offizier im zweiten Hubschraubers seien die | |
Leichen geborgen worden. | |
Die Gerüchte über einen möglichen Abschuss können jetzt als Kriegsansage | |
gedeutet werden. Aus M23-Kreisen hieß es am Samstag, Makenga habe die | |
Hubschraubercrew in seiner Gewalt, um sie als Kriegsgefangene | |
auszutauschen: mit Ex-M23-Kämpfern, die seit über drei Jahren in Kongos | |
Militärgefängnis ohne Anklage hocken. | |
Kongos Armee tut dies als Propaganda ab. Aber die M23 schickt Fotos: Sieben | |
Kämpfer posieren vor dem ausgebrannten Wrack. | |
## Sie langweilten sich im Exil | |
2012 bis 2013 war die M23 die mächtigste Rebellenbewegung im Kongo. | |
Massiver Druck von Kongos Armee und einer speziellen Eingreiftruppe der | |
UN-Mission im Kongo (Monusco) zwang sie in die Knie. Die M23 zog sich Ende | |
2013 geschlagen ins Nachbarland Uganda zurück. Die paar hundert M23-Kämpfer | |
und ihre Führer langweilten sich seitdem im Exil. | |
M23-Militärchef Makenga hatte vor zwei Wochen die Schnauze voll. Trotz | |
aller Ratschläge seiner eigenen Leute, es nicht zu tun, stahl er sich aus | |
seinem bewachten Haus in Ugandas Hauptstadt Kampala davon. | |
Mit ein paar Dutzend Mann überschritt er die Grenze zum Kongo hoch oben in | |
den Bergen. In Verstecken liegen noch immer die Waffen und Munition, die | |
die M23 vor ihrem Rückzug 2013 dort vergraben hatten. | |
Jetzt wartet der M23-General in dem ihm vertrauten Terrain auf | |
Unterstützung. Über hundert seiner ehemaligen Kämpfer sollen sich aus | |
Flüchtlingslagern in Ruanda und Uganda sowie aus ihren kongolesischen | |
Heimatgemeinden davongeschlichen haben – genau wie bei der Entstehung der | |
M23 im Frühjahr 2012. Einige wurden in Uganda von der Polizei rechtzeitig | |
gestoppt. | |
Wutentbrannt reiste letzte Woche FARDC-General François Olenga nach Goma. | |
Er stellte offen die Frage, welche Zwecke Ugandas Regierung damit verfolge, | |
Kongos Erzfeind ziehen zu lassen. | |
Der Zeitpunkt scheint kein Zufall: Zum Jahreswechsel 2016/17 wurde in | |
Kongos Hauptstadt Kinshasa haarscharf die Krise rund um die Absage der 2016 | |
fälligen Wahlen beigelegt, mit der Einigung, wonach Präsident Joseph Kabila | |
noch ein Jahr im Amt bleibt, aber nach den Wahlen Ende 2017 zurücktreten | |
muss. | |
Beobachter witzeln, Makenga sei im Auftrag Kabilas zurückgekehrt. Denn nur | |
Krieg könne den Präsidenten jetzt noch an der Macht halten. | |
## Selbstmörderische Aktion | |
Makenga war im November 2016 schon einmal über die Grenze gehuscht, jedoch | |
in einen Hinterhalt der FARDC geraten. Nach zwei Tagen saß er wieder in | |
Kampala. Der Rebellengeneral ist gesundheitlich schwer angeschlagen. | |
Viele seiner Gefährten sagen, die neue Operation komme einer | |
Selbstmordaktion gleich und nur wenige würden mitmachen. | |
Am Montag erklärte Ruandas Regierung, 30 „unbewaffnete Menschen, die sich | |
als M23-Kämpfer ausgaben“, hätten die Grenze überquert, auf der Flucht vor | |
Kongos Armee. Man habe sie dem Internationalen Roten Kreuz übergeben. | |
31 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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