# taz.de -- M23-Chef Sultani Makenga: Twitter-Krieger geht offline | |
> Der Militärführer der M23-Rebellen im Kongo ist abgetaucht. Erst 39, aber | |
> mit langer Karriere hinter sich, gilt er als unnahbar und schwerkrank. | |
Bild: Schluss mit Online: General Sultani Makenga. | |
BERLIN taz | Auf dem Display seines Blackberrys ist das Bild seines | |
ehemaligen Anführers Laurent Nkunda zu sehen. General Sultani Makenga | |
schaltet sein Mobiltelefon eigentlich nie aus: via Direktnachrichten, Email | |
und SMS ist Ostkongos bislang mächtigster Rebellenführer immer erreichbar. | |
Jetzt nicht mehr. | |
Wählt man seine direkte Nummer, kommt nur die Ansage: „Gesprächspartner | |
derzeit nicht erreichbar“. Die Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März) | |
verliert gerade ihren Krieg, und ihr Chef Makenga ist offline. | |
Trotz Kommunikationswahn ist der 39jährige M23-Militärchef kein | |
gesprächiger Typ. Dass er sich im Kameralicht nicht wohlfühlt, ist ihm | |
anzusehen. Irgendwie fehlt ihm das Charisma, das gewisse Etwas an | |
Ausstrahlung. Seine Antworten bei Interviews sind kurz und flapsig. Wenn er | |
spricht, dann zischt er Worte wie Kugeln aus einem Maschinengewehr – in | |
kurzen Salven, die direkt den wunden Punkt treffen. | |
Diplomatie ist nicht seine Stärke, schon ein Händedruck oder gar ein | |
Lächeln ist für ihn eine Überwindung, als würde er sich dem Feind ergeben. | |
Makenga ist von Kopf bis Fuß Militär. Er telefoniert nicht, weil er | |
plaudern will, sondern um zu kontrollieren. | |
## Erfahrener Feldherr | |
In seiner Rebellenarmee ist er dafür umso angesehener als erfahrener | |
Feldherr, cleverer Stratege und beinharter Kämpfer. Meist steht er | |
höchstpersönlich an der Front – bis zur endgültigen Erschöpfung. Seine | |
Schwäche ist seine angeschlagene Gesundheit, die in der M23 gehütet wird | |
wie ein strategisches Geheimnis. Aber wer ihn aus der Nähe sieht, | |
abgemagert bis auf die spitzen Knochen, die Lippen ausgetrocknet, Pickel am | |
ganzen Körper, Chemiecocktail in der Ausdünstung, merkt sofort, dass etwas | |
nicht stimmt. Aids, wie manche munkeln? Oder bloß Gastritis, wie es | |
manchmal heißt? | |
Bevor er aus der Armee desertierte, zu seinen Zeiten als Vizekommandeur der | |
Streitkräfte in der Provinz Süd-Kivu zwischen 2009 und 2012, konnte Makenga | |
noch eine Flasche Whiskey alleine trinken ohne umzufallen. Jetzt trinkt er | |
nur noch Wasser und Milch und hält sich manchmal kaum auf den Beinen. | |
Wie während der elftägigen Besetzung Gomas durch die M23 im November 2012, | |
als er sich im Auto kutschieren ließ statt mit seinen Truppen zu | |
marschieren,als er mittags vor Erschöpfung schlafen musste und niemand ihn | |
stören durfte. Nach dem Abzug der M23 aus Goma fand man in dem von Makenga | |
besetzten Haus jede Menge leere Medikamentenpackungen. | |
Aber als Makengas Fahrer beim Abzug aus Goma der Motor des | |
frischgestohlenen schwarzen Geländewagens durchbrannte, fluchte der General | |
wie ein Rohrspecht, dass alle in seiner Entourage die Köpfe einzogen. Er | |
fordert immer noch von seinen Untergebenen hundertprozentige Disziplin und | |
Einsatzbereitschaft. | |
Locker gehts erst wieder zu, wenn der General um 21 Uhr ins Bett geht, | |
nachdem er sich per Blackberry die letzten Lageberichte zusammentelefoniert | |
hat. Dann wird auch im M23-Oberkommando der Whiskey wieder ausgepackt. | |
31 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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