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# taz.de -- Trumps Lügen und andere: Machiavelli wäre stolz
> Donald Trump betreibt eine Politik der Lügen. Die Geschichte zeigt: So
> haben es schon viele gemacht. Nur – Gutes kam dabei selten raus.
Bild: Echt wahr: Dieser Mann ist US-Präsident
Eigentlich hat es keinen Zweck, sich aufzuregen. Die Lüge war schon immer
da, als Mimikry ist sie eine anthropologische Konstante und hat uns als
Spezies aus den Savannen geführt. Wer dem Mammut nicht glaubhaft machen
kann, an ihm nicht interessiert zu sein, wird es nicht erlegen.
Täuschung und Arglist sind in der sozialen DNA des Menschen ebenso
verankert wie die Abscheu vor dem Lügner. Es ist unmöglich, einen ganzen
Tag ohne die kleinste Flunkerei zu verbringen; wenn auch nur die wenigsten
so charmant lügen können wie Marcel Proust in seinem legendären
Absage-Telegramm: „Kommen unmöglich, Lüge folgt“. Wir sitzen alle im
Glashaus und saßen dort schon immer. Verschwörungstheoretiker nehmen gern
an, es ließe sich eine „Weltgeschichte der Lüge“ schreiben, hinter der si…
die Wahrheit verberge. Tatsächlich waren es oft genug kleine und große
Lügen, aus denen erst die Geschichte mit ihren Fakten hervorgegangen ist.
„Niemals wird so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und
nach der Jagd“, sagte Otto von Bismarck, der es wissen musste. Ein internes
Telegramm über ein Gespräch zwischen dem französischen Botschafter und dem
preußischen König publizierte der Kanzler so radikal gekürzt, dass die
Öffentlichkeit es als Kriegserklärung werten musste. Bald darauf brach
tatsächlich ein Krieg aus, der 1871 mit der Gründung des Deutschen Reichs
endete. Worauf Bismarck, über diese Tatsache entzückt, bemerkte: „Lügen
können Kriege in Bewegung setzen. Wahrheiten hingegen können ganze Armeen
aufhalten“.
1898 war es der Verleger Randolph Hearst, der mit Lügen aus Kuba die USA in
einen Krieg gegen Spanien trieb – weil’s der Auflage diente. Schon damals
gab es Intellektuelle, die weniger die Lüge als vielmehr ihre Mobilität
beklagten: „Die Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen“, notierte
Mark Twain ein Jahrhundert vor Twitter, „bevor sich die Wahrheit die Schuhe
gebunden hat.“
## Virtuosen der Macht
Es gibt Beispiele in deprimierender Zahl für die Rolle und Wirksamkeit der
Lüge allein in der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts. Der polnische
Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz 1939? Lüge. Der Angriff
nordvietnamesischer Schnellboote auf US-Kriegsschiffe im Golf von Tonkin
1964? Lüge. Irakische Soldaten, die 1990 kuwaitische Säuglinge aus den
Brutkästen zerren? Lüge. Dergestalt ins Werk gesetzt, fanden der Zweite
Weltkrieg, der Vietnamkrieg oder der Zweite Golfkrieg tatsächlich statt.
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten? Zack, schon steht sie
dort. Es sind dies Lügen, auf die sogar Machiavelli stolz wäre, rät er
seinem Fürsten doch dazu, ein Virtuose nicht der Wahrheit, sondern der
Macht zu sein. Ihm sekundierte Hannah Arendt, die den Ehrlichen zum Dummen
erklärte: „Wahrhaftigkeit ist nie zu den politischen Tugenden gerechnet
worden, wie sie in der Tat wenig zu dem eigentlich politischen Geschäft,
der Veränderung der Welt und der Umstände, unter denen wir leben,
beizutragen hat.“
Und nun Donald Trump, den nachprüfbare Tatsachenwahrheiten nicht kümmern.
Notfalls wird geleugnet. Stattdessen bringt er en masse ins Spiel, was der
Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz „Vernunftwahrheiten“ genannt hat,
Aussagen auf Basis eigener Einschätzungen. Bei Trump scheint das
Wunschdenken diese Einschätzungen zu bestimmen, von seinem Pressesprecher
mit Aplomb vorgetragen: „Es war das größte Publikum, das jemals einer
Vereidigung beigewohnt hat. Punkt.“
Nicht nur der herrische „Punkt“ ist das Problem, nicht nur die massenhafte
Verbreitung der präsidialen Version der Wahrheit, also einer Lüge.
Problematisch ist, dass sich die Lüge auf dem intellektuellen Niveau eines
Halbwüchsigen befindet, der sich auf Teufel komm raus im besten Licht
dargestellt wissen will. Und dabei hat der Mann noch nicht einmal mit dem
Regieren begonnen.
23 Jan 2017
## AUTOREN
Arno Frank
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