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# taz.de -- Vor der „Grünen Woche“: Angriff aufs freie Feld
> Umweltministerin Hendricks übt scharfe Kritik an Landwirtschaftsminister
> Schmidt – und legt ein eigenes Konzept für Agrarfinanzen vor.
Bild: Glückliche Kühe wenden einem gerne den Rücken zu. Schmidt macht es mit…
BERLIN taz | Eigentlich soll dies ja die Woche von Christian Schmidt sein.
Am Freitag beginnt mit der Grünen Woche der wichtigste PR-Termin des Jahres
für den Bundeslandwirtschaftsminister. Am Tag davor will der CSU-Mann sein
lange angekündigtes „Tierwohllabel“ vorstellen. Und am Wochenende empfängt
Schmidt bei der „Berliner Ernährungskonferenz“ rund 60 Ministerkollegen aus
aller Welt.
Doch ausgerechnet in diese Schmidt-Festspiele platzte am Dienstag
SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks mit einer eigenen Agrarkonferenz –
und machte schon mit dem Motto „Landwirtschaft mit Zukunft“ deutlich, was
sie bei ihrem Kabinettskollegen vermisst. Auch in ihrer Eröffnungsrede ging
Hendricks hart mit Schmidt ins Gericht. „In der bisherigen Form hat die
Landwirtschaft keine Zukunft“, hielt sie ihm vor. Denn derzeit befänden
sich die Bauern in einer „ökonomischen Krise, einer Akzeptanzkrise und
einer Umweltkrise“.
Vor allem die Umweltbelastungen sind die Rechtfertigung dafür, dass
Hendricks sich mit ihrer Konferenz auf das ureigene Zuständigkeitsgebiet
von Schmidt vorwagt. Bei Böden und Grundwasser würden die
„Belastungsgrenzen der Natur dauerhaft überschritten“, sagte Hendricks; die
Artenvielfalt gehe dadurch drastisch zurück. Und auch bei den Verbrauchern
stoße die industrialisierte Landwirtschaft auf immer mehr Vorbehalte. „Die
Menschen zweifeln daran, dass das, was auf ihren Tellern landet,
gesundheitlich unbedenklich ist“, erklärte die Umweltministerin.
Wie sich das ändern ließe, hat eine Gruppe von Wissenschaftlern im Auftrag
von Hendricks ausgearbeitet. Kern des Vorschlags, der beim Kongress
vorgestellt wurde, ist eine völlige Umstellung der EU-Agrarsubventionen.
Diese sollten von 2021 vollständig an Gemeinwohlleistungen der Landwirte
gekoppelt sein, also an Beiträge zum Natur- und Klimaschutz und vielfältig
strukturierter Landschaft statt Monokulturen. Bisher richten sich die
Subventionen überwiegend allein nach der Fläche – ohne qualitative
Bedingungen.
## Schmidt will nichts ändern
Daran soll sich auch nichts ändern, machte Schmidt in seiner Antwort auf
Hendricks klar. Damit auf dem Kongress nicht nur über ihn gesprochen wird,
hatte der Minister entschieden, dort auch selbst zu sprechen. Doch auf die
recht konkreten Forderungen von Hendricks ging er in seiner Rede kaum ein.
Zum Vorschlag, Subventionen am Gemeinwohl auszurichten, wandte Schmidt ein:
„Wir müssen auch die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit im Blick haben.“
Und als Umweltproblem mochte er seine Schützlinge auch nicht sehen.
„Deutschland ist schon heute Vorreiter einer ökologischen Landwirtschaft“,
behauptete Schmidt. Guter Umgang mit Tieren und sparsamer Einsatz von
Medikamenten seien für die Bauern „eigentlich eine Selbstverständlichkeit�…
Weil Schmidt für die Agrarsubventionen zuständig ist, wird sich zumindest
bis zur Bundestagswahl bei diesem Thema also nichts mehr ändern. Das dürfte
auch Hendricks klar gewesen sein. Hintergrund ihres Vorstoßes ist daher
vermutlich eher, ein Thema für den beginnenden Wahlkampf zu setzen, bei dem
es klare Unterschiede zwischen Union und SPD gibt. Und dem Agrarminister
seine Show zumindest ein bisschen zu verderben.
17 Jan 2017
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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Landwirtschaft
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