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# taz.de -- Intensive, nicht extensive Gleichstellung: Männertrupp mit Gender …
> Die Stadt Osnabrück ist stolz auf ihre Auszeichnung mit dem „Gender
> Award“. Dabei ist der Verwaltungsvorstand seit Januar wieder rein
> männlich
Bild: Oberbürgermeister Griesert hat nichts gegen Frauen, wenn sie Socken stri…
OSNABRÜCK taz | Manchmal freuen sich Stadtverwaltungen ja über die
merkwürdigsten Widersprüche. In Osnabrück zum Beispiel: Da trat Wolfgang
Beckermann (parteilos) Anfang Januar sein neues Amt an – als Vorstand für
Bildung, Kultur und Soziales. Auf Vorschlag von Oberbürgermeister Wolfgang
Griesert (CDU) hatte ihn Osnabrücks Rat Mitte November gewählt.
Soweit normaler Geschäftsalltag. Wäre da nicht Osnabrücks Bewerbung um den
„Gender Award“: Einen Tag vor Beckermanns Wahl belohnte die
„Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros“ die
Stadt mit einem 4. Platz, den sie sich nach Herten, Köln und Freiburg mit
dem Heidekreis teilt. Osnabrück, so Laudatorin Helga Lukoschat von der
„Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft“, praktiziere
„intensive Gleichstellungspolitik“.
Allerdings: Als neuer Verwaltungsvorstand ersetzt Beckermann eine Frau,
Rita Maria Rzyski, die 2015 als Dezernentin nach Hannover ging. Und: Mit
ihm ist die Osnabrücker Verwaltungsspitze wieder vollständig in Männerhand.
Neben dem Oberbürgermeister und Beckermann, der bis dato Kämmerer der Stadt
Greven war, gehören ihr Kämmerer Thomas Fillep und Stadtbaurat Frank Otte
an.
Katja Weber-Khan, Osnabrücks Gleichstellungsbeauftragte, die den „Gender
Award“ in Berlin in Empfang genommen hatte, sagt zu der Personalie:
„Fachlich ist Beckermann keine schlechte Wahl. Aber eine Stadtspitze ohne
Frauenbeteiligung? Enttäuschend!“
Zunächst hatte es für die Frauenquote gar nicht so schlecht ausgesehen: 13
Frauen und 16 Männer erfüllten die Ausschreibungsvoraussetzungen. Unter den
drei KandidatInnen, die in die engere Wahl kamen, waren zwei Frauen.
Allerdings waren sie keine wirkliche Alternative. „Beckermann hat beim
Vorstellungsgespräch einfach die überzeugendste Vorstellung abgeliefert“,
sagt auch die Gleichstellungsbeauftragte Weber-Khan.
Widerspruchslos durchgewunken wurde Beckermann aber nicht. Linkspartei,
Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) und Piraten stimmten gegen ihn. Drei
Sozialdemokraten enthielten sich, ebenso vier Grüne.
Michael Hagedorn, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Osnabrücker Stadtrat,
erklärte: „Bei einem fairen demokratischeren Verfahren wären mit Sicherheit
auch ernsthafte Kandidatinnen in die engere Auswahl gekommen. Wir hätten
gerne eine Frau unterstützt.“ Mit nur einem „ernsthaft belastbaren
Vorschlag“ sei Griesert seiner politischen Verantwortung aber nicht gerecht
geworden.
Der Oberbürgermeister macht Vorschläge, der Rat kann sie nur ablehnen oder
abnicken, aber keine eigenen machen – so sieht es die niedersächsische
Kommunalverfassung vor. Alles korrekt also. Aber es bleibe ein „ungutes
Gefühl“, sagt Hagedorn: „Da war eine sehr gute Bewerberin aus Bremen. Sie
kam nicht in die Endauswahl.“ Für ihn sei das „unverständlich“. Hagedor…
Forderung: mehr Transparenz, mehr Mitbestimmung.
Auch die Osnabrücker SPD fand harte Worte: „Zurück in die Steinzeit“,
kommentierten sie die Wahl. „Ein rein männlich besetzter Vorstand ist in
der heutigen Zeit keine Option mehr.“ Andere Kommunen seien mit einer
gendergerechten Personalpolitik auch auf oberster Leitungsebene
erfolgreich. „Bislang gehörte die Stadt Osnabrück eigentlich auch dazu.“
Osnabrücks Nachbarstädte zeigen, wie es besser gehen kann. Münster, wo von
sieben Dezernaten nur eines von einer Frau geführt wird, ist zwar auch
nicht gerade vorbildlich, und auch in Bielefeld ist es nur eines der sechs
Dezernate – in Oldenburg allerdings sieht das anders aus: Hier sind drei
der vier Dezernate in Frauenhand, in Hannover ist es genau die Hälfte.
Osnabrücks Oberbürgermeister Griesert ist indes überzeugt, ein
„ausführliches und differenziertes Verfahren“ verfolgt zu haben, „komplex
und detailliert“ – schließlich habe auch ein extern begleitetes
Assessment-Center dazugehört. Wolfgang Beckermann sei „mit sehr breiter
Zustimmung gewählt worden“. Und: „Er wird im Vorstand der Stadt für vier
Fachbereiche zuständig sein, von denen drei durch Frauen geleitet werden.“
Gleichstellungsbeauftrage Weber-Khan sieht allerdings einen deutlichen
Verbesserungsbedarf: „Wenn wir die Fachbereichs- und Fachdienstleitungen
einbeziehen, sind wir bei einem Frauenanteil von rund einem Drittel. Das
ist nicht schlecht. Aber ausruhen kann man sich darauf nicht.“
Der „Gender Award“, der 2016 zum ersten Mal verliehen wurde, ist für
Osnabrück also eher Motivation als Ehre. Zumal zu den nur 15
Bewerberkommunen auch Leichtgewichte wie die Gemeinde Bohmte und der Kreis
Steinfurt gehörten.
Nachholbedarf sieht auch die auslobende Bundesarbeitsgemeinschaft der
kommunalen Gleichstellungsbüros: „Für die meisten Kommunen ist der Weg zur
Gleichstellung noch weit. Dezernate werden immer noch hauptsächlich von
Männern geführt, die Stadtspitze ist häufig männlich.“
13 Jan 2017
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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Uwe Schünemann
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