# taz.de -- Rechte Aktionen nach Berliner Anschlag: Stille Nacht und Hurensöhne | |
> Nazis in Berlin tun sich mit ihrer „Trauer“ schwer: Drei Aktionen | |
> mobilisieren nur wenige. Und viele Demonstranten stellten sich ihnen | |
> entgegen. | |
Bild: Rechte Trauergemeinde am Zoo am Mittwochabend | |
BERLIN taz Eine erstaunliche Varianz in ihrem Auftreten legten die etwa 50 | |
Nazis gegenüber vom Bahnhof Zoo am Mittwochabend an den Tag: Hübsch in | |
Dreierreihen aufgestellt, zwischen Schirmen einer | |
Süß-Kringel-Fast-Food-Kette brüllten sie ihren zahlenmäßig deutlich | |
überlegenen Gegnern „Antifa Hurensöhne“ entgegen und sprangen dabei auf u… | |
ab. Wie Hooligans vor der finalen Schlacht. | |
Doch zum direkten Aufeinandertreffen kam es nicht. Im etwa 20 Meter breiten | |
Sicherheitskorridor zwischen den beiden Veranstaltungen hatte sich die | |
Polizei stabil postiert. Also legten die jung-deutschen Trauernden erst mal | |
eine halbe Gedenkminute für die Opfer des Anschlags am Berliner | |
Breitscheidplatz ein, ehe sie, unterstützt vom thüringischen | |
NPD-Lautsprecherwagen, „Stille Nacht, heilige Nacht“ anstimmten. | |
Viel mehr ist auch nicht zu sagen, zu der von der Facebookseite „Berlin | |
wehrt sich“ organisierten und von der NPD unterstützten Veranstaltung mit | |
dem simplen Titel „Grenzen dicht machen – An Merkels Händen klebt Blut“. | |
Weder war dem überwiegend jogginghosenbebeinten Mob eine Demonstration | |
vergönnt, noch gelang es ihnen, sich als ernsthafter, auf Trauer bedachter | |
politischer Akteur zu präsentieren. Dafür waren sie zu wenige – und man | |
kann es nicht anders sagen – zu atzig. | |
Und vor allem gelang es ihnen nicht zu punkten gegen die bis zu 800 | |
Menschen, die ihnen in Sichtweite des Breitscheidplatzes die Straße nicht | |
überließen. Eine bunte Mischung war hier zusammengekommen: vom Grünen Özcan | |
Mutlu bis zu autonomen Antifas. Hunderte Rote Herzen hielten sie den | |
Rechten entgegen, darauf Sprüche wie: „Wer Hass schürt, soll von Opfern | |
schweigen.“ | |
Charlottenburg-Wilmersdorfs Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann machte | |
deutlich, dass die meisten sich diesen Termin gern gespart hätten: Doch der | |
„Instrumentalisierung des Anschlages“ müsse widersprochen werden. „Mitten | |
in unserer Trauer, keine 48 Stunden nach der Tat, müssen wir als Demokraten | |
und Antifaschisten den Nazis die rote Karte zeigen.“ | |
## Viel Prominenz, wenig Fußvolk | |
Zu einer [1][weiteren rechtsextremen Veranstaltung] kamen am Abend im | |
finsteren Niemandsland zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus etwa 150 | |
Menschen zusammen, darunter allerlei AfD-Prominenz, von Björn Höcke bis | |
Alexander Gauland, sowie die in der Szene der Neuen Rechten gefeierten Götz | |
Kubitschek und Jürgen Elsässer. Mit den bekannten „Merkel muss | |
weg“-Schildern wollten sie ihren Machtanspruch demonstrieren – scheiterten | |
aber auch am mangelnden Interesse ihrer Gefolgschaft, die lieber die | |
Demoaufrufe massenhaft auf Facebook teilt, statt sich selbst in die Kälte | |
zu stellen. | |
Die wenigen, die gekommen waren, hatten die 50 Lenze meist überschritten | |
und trugen feine Mäntel. Zu klassischer Musik passierte dann: so gut wie | |
nichts. Sieht man einmal vom Höckes Brandt'schem Kniefall-Moment beim | |
Ablegen einer Kerze ab, bei dem man ihm nach quälend langen Sekunden fast | |
wieder auf die Beine helfen wollte. Inszeniert wurde staatstragende Trauer, | |
die wenigstens nicht von Reden unterbrochen wurde. Nach 45 Minuten war | |
Schluss – und auch die 20 gelangweilten Antifas konnten wieder nach Hause. | |
Ein paar ihrer sportlichen Kollegen lieferten sich wohl in der Nähe der | |
CDU-Zentrale noch [2][handfeste Auseinandersetzungen] mit einer Gruppe der | |
rechtsextremen Identitären, die zuvor eine Dreiviertelstunde Merkels | |
Parteihaus „besetzt“ hielt, also davor auf dem Bürgersteig saß. Auch die | |
momentan wohl modernste Nazi-Formation konnte trotz bundesweiter (inklusive | |
Österreich) Teilnahme nur 30 Wackere für ihre Aktion gewinnen. Fazit: Viel | |
Gewese, nichts gewesen. | |
22 Dec 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Kundgebung-der-AfD-am-Kanzleramt/!5369419 | |
[2] https://linksunten.indymedia.org/de/node/199800 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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