# taz.de -- Die AfD und der Berliner Anschlag: „Geplante Provokation“ | |
> Der Tabubruch gehört zur Strategie der AfD – so auch nach dem Anschlag in | |
> Berlin. Das Reiz-Reaktions-Schema ist immer das gleiche. | |
Bild: War schon kurz nach dem Anschlag mit der ersten Provokation zur Stelle: A… | |
BERLIN taz | Kurz vor dem Berliner Anschlag hatte der AfD-Bundesvorstand | |
ein Strategiepapier beschlossen: Die Partei will mit Provokationen und | |
Tabu-Themen auf Stimmenfang gehen. In dem Papier heißt es, die AfD solle im | |
Bundestagswahlkampf gezielt Themen ansprechen, die den Bürgern Sorgen | |
bereiteten, von den etablierten Parteien aber nicht offen diskutiert | |
würden. Mit „sorgfältig geplanten Provokationen“ wolle man die anderen | |
Parteien zudem zu nervösen und unfairen Reaktionen verleiten. Je mehr die | |
AfD von ihnen stigmatisiert werde, desto positiver sei das für ihr Profil. | |
Neu ist das nicht. Parteichefin Frauke Petry hatte Ähnliches intern schon | |
mehrfach propagiert – und selbst in die Realität umgesetzt. In Interviews | |
etwa, wenn sie sagte, dass Polizisten, um illegale Grenzübertritte zu | |
verhindern, in letzter Konsequenz auch auf Flüchtlinge schießen müssten. | |
Oder wenn sie darüber sinnierte, ob man den Begriff „völkisch“ nicht auch | |
positiv besetzen könne. Auch Gaulands Einlassungen über die Nachbarschaft | |
des Nationalspielers Jérôme Boateng gehören in diese Kategorie, genauso wie | |
die Reaktionen von AfD-Politiker auf den Anschlag an der Gedächtniskirche. | |
Da wünschte Sven Tritschler, Chef der AfD-Nachwuchsorganisation Junge | |
Alternative, dem SPD-Vize Ralf Stegner auf Twitter „fast Bekanntschaft mit | |
einem Lkw-Reifen“. Stegner hatte geschrieben, dass es absolute Sicherheit | |
in einer freiheitlichen Demokratie nicht gebe. Tritschler ist einer der | |
aussichtsreichen AfD-Kandidaten für die Wahl in Nordrhein-Westfalen. André | |
Poggenburg, Fraktionschef in Sachsen-Anhalt vom rechten Rand der Partei, | |
twitterte: „Das Gutmenschengejaule zu Terror in Berlin wird gleich | |
einsetzen.“ | |
Die Nachricht mit dem vermutlich größten Ekelfaktor setzte Marcus Pretzell, | |
Spitzenkandidat in NRW, auf dem Kurznachrichtendienst ab: „Wann hört diese | |
verfluchte Heuchelei endlich auf? Es sind Merkels Tote!“, schrieb er am | |
Montag um 21.15 Uhr. Gut eine Stunde nach der Tat. Fakten waren zu diesem | |
Zeitpunkt noch so gut wie keine bekannt. Aber was soll’s? Schnell machte | |
sich Empörung im Netz breit. Pretzells Einlassung wurde vielfach retweetet | |
und kommentiert. Und wurde damit größer und größer. | |
Das Reiz-Reaktions-Schema ist immer das Gleiche: Auf die Provokation folgt | |
die Aufmerksamkeit, darauf die Empörung und noch mehr Aufmerksamkeit. Dann | |
hat die AfD, was sie will: Alle hören, was sie sagt. Sie kann ihre Themen | |
platzieren. | |
Für Journalisten ist das ein Dilemma, denn sie sind Teil dieser Strategie. | |
Will man über alles Relevante berichten, gehören die gezielten | |
Provokationen der AfD mitunter dazu. Schließlich ist es nicht | |
bedeutungslos, wenn die Chefin einer Partei, die bald im Bundestag sitzen | |
wird, den Begriff des „Völkischen“ rehabilitieren will. | |
Und doch bekommt auch mit kritischer Berichterstattung die Partei, was sie | |
will: Aufmerksamkeit. Da Ignorieren aus journalistischer Perspektive aber | |
auch auch keine Lösung sein kann, bleibt nur das kritische Abwägen in jedem | |
Einzelfall. Das wird im kommenden Jahr zu einer Herausforderung für die | |
Medien werden. | |
Lesen Sie auch: Daniel Bax zu [1][rechten Politikern, die das Geschäft des | |
IS verrichten], Sabine am Orde zur [2][schlecht besuchten AfD-“Mahnwache“ | |
nach dem Anschlag] | |
22 Dec 2016 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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