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# taz.de -- Syriza-Politiker über Linke und Europa: „Es fehlt ein gemeinsame…
> Giorgos Chondros fordert, dem rechten und neoliberalen Diskurs zu
> trotzen. Die deutsche Linkspartei soll aus Solidarität mit Griechenland
> die Machtfrage stellen.
Bild: Die Rechten zündeln – die Linken müssten ihre Kräfte bündeln, meint…
taz: Herr Chondros, Sie werden am Parteitag der Europäischen Linken in
Berlin teilnehmen. Was versprechen Sie sich von dem Treffen?
Giorgos Chondros: Ich hoffe, dass es gelingt, kollektive Antworten zu
finden auf die neoliberale Katastrophe und den Aufschwung der äußersten
Rechten, den wir in vielen europäischen Ländern beobachten müssen.
Da klingt eine gewisse Skepsis an.
Ich sage offen: Die Linke hat es in den vergangenen Jahren nicht geschafft,
sich europaweit als überzeugende Alternative anzubieten. Die Erfolge des
Bloco de Esquerda und der Coligação Democrática Unitária in Portugal oder
des Wahlbündnisses der Izquierda Unida mit Podemos in Spanien machen zwar
Mut. Aber das alleine reicht nicht. Nach unserem Wahlsieg im Januar 2015
waren wir überzeugt, dass sich um Syriza eine starke europäische Linke
aufbauen würde, die mehr bewegt, als sie bisher bewegen konnte. Danach
sieht es momentan leider nicht aus. Der Parteitag bietet eine gute
Gelegenheit, einen Aufbruch zu bewirken.
Woran mangelt es?
Die in der Europäischen Linken versammelten Parteien müssen endlich die
Möglichkeit finden, trotz ihrer oft sehr unterschiedlichen Blickwinkel
einen gemeinsamen Plan zu erarbeiten, wie sie den gegenwärtigen Zumutungen
begegnen wollen. Es fehlt ein gemeinsames Projekt mit Ausstrahlungskraft.
Es gibt europaweit breite Massen, die mit dem herrschenden Establishment
unzufrieden sind. Aber die Linke erreicht sie nur unzureichend. Stattdessen
befinden sich in den Ländern Nord-, Mittel- und Osteuropas
rechtspopulistische Parteien im Aufwind. Das ist eine höchst gefährliche
Entwicklung. Doch wir dürfen unseren Traum von einem Europa der sozialen
Gerechtigkeit, der Demokratie, der Ökologie, des Friedens und der offenen
Grenzen nicht aufgeben.
Was heißt das für den Parteitag der Europäischen Linken?
Wie können wir das bestehende Europa umgestalten, wiedererfinden,
neubegründen? Das müssen wir diskutieren. Wie sieht unsere Alternative zum
vorherrschenden neoliberalen Programm aus und was setzen wir dem rechten
Diskurs entgegen? Dabei müssen wir viel mehr auf unsere Gemeinsamkeiten
setzen und nicht auf unsere Differenzen. Aber leider diskutieren wir allzu
oft lieber über das, was uns trennt, und nicht über das, was uns eint. Das
ist eine Kinderkrankheit der Linken. Wenn wir mal so weit sind, dass wir
die neoliberale Logik der Kürzungspolitik und der Demokratieeinschränkung
beseitigt haben, dann kann ja jeder immer noch seinen eigenen Weg zum
Sozialismus gehen. Aber bis dahin müssen die linken Kräfte vereint kämpfen,
zusammen mit den sozialen Bewegungen, der Jugend und den Gewerkschaften.
Was erwarten Sie von der Linken in Deutschland?
Syriza hat nach wie vor eine Herkulesaufgabe: einerseits Griechenland unter
brutal schweren Bedingungen aus der tiefen sozialen und wirtschaftlichen
Krise zu führen – und andererseits das linke Beispiel für Europa zu
skizzieren. Das ist ganz schön viel verlangt für eine Partei, die immer
noch klein ist. Bei allen Fehlern, die wir nicht zuletzt aufgrund unseres
Voluntarismus und unserer Unerfahrenheit gemacht haben, würde ich mich
daher über etwas mehr Solidarität freuen. Schäuble ist schließlich immer
noch Finanzminister in Deutschland, nicht in Griechenland. Was ich mir
deswegen wünsche, ist eigentlich ganz einfach: Die Linke muss in
Deutschland die Machtfrage stellen, so utopisch das klingen mag. Eine echte
Solidarität wäre es, wenn es ihr zusammen mit anderen Kräften links der
Union gelingen würde, endlich Merkel und Schäuble zusammen mit ihrer
Politik wegzubekommen und die bislang stabilste Festung der europäischen
Austeritätspolitik zu schleifen.
Gregor Gysi soll neuer Vorsitzender der Europäischen Linken werden. Was
halten Sie davon?
Wir kennen uns schon lange. Deswegen freue ich mich persönlich sehr, dass
er den Vorsitz übernimmt. Genosse Gregor ist im jetzigen Rahmen die
richtige politische Figur, um der Europäischen Linken eine aktivere Rolle
zu verleihen. Er hat unsere volle Unterstützung.
16 Dec 2016
## AUTOREN
Pascal Beucker
Anja Krüger
Giorgos Chondros
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EU
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