| # taz.de -- „Racial Profiling“ in NRW: Amnesty fordert Untersuchung | |
| > Für ihren Silvestereinsatz erhält die Kölner Polizei viel Lob. Ein | |
| > gezieltes Vorgehen gegen bestimmte Ethnien ist laut einem Bericht schon | |
| > länger Praxis. | |
| Bild: Polizeieinsatz vorm Kölner Hauptbahnhof | |
| Berlin taz Für ihren Einsatz in der Silvesternacht erntet die Kölner | |
| Polizei Lob von fast allen Seiten. Um zu verhindern, dass sich die Vorfälle | |
| der Silvesternacht vor einem Jahr wiederholten, hatte die Polizei am Kölner | |
| Hauptbahnhof mehrere hundert junge Männer festgehalten. Augenzeugen | |
| berichten, sie habe die Ankommenden nach Hautfarben getrennt und | |
| „nordafrikanisch“ aussehende junge Männer eingekesselt und deren Papiere | |
| kontrolliert. | |
| „Damit hat die Polizei gegen das im deutschen Grundgesetz verankerte | |
| Diskriminierungsverbot verstoßen“, kritisiert jedoch Alexander Bosch, | |
| Polizeireferent bei Amnesty International. Er wirft den Beamten „Racial | |
| Profiling“ vor und fordert eine unabhängige Untersuchung. | |
| Die Polizei begründet ihr Vorgehen mit der unvermutet großen Zahl | |
| anreisender junger Männer. Teilweise seien Hunderte von ihnen mit der Bahn | |
| in die Domstadt geströmt, und vor Mitternacht habe im Bahnhof eine | |
| bedrohliche Atmosphäre geherrscht, so Kölns Polizeipräsident Jürgen | |
| Mathies. Auf der anderen Rheinseite am Bahnhof Köln-Deutz wurden deshalb | |
| rund 300 Menschen aus einem Zug geholt und überprüft. | |
| Nicht nur das Aussehen, sondern auch das Verhalten der jungen Männer habe | |
| den Ausschlag gegeben, sagte ein Sprecher der Kölner Polizei am Dienstag | |
| der taz. Wer etwa in Begleitung einer Frau aus dem Bahnhof gekommen sei, | |
| habe passieren können. Wer dagegen in einer Gruppe mit anderen, vielleicht | |
| alkoholisierten jungen Männern unterwegs war, sei kontrolliert worden. Auch | |
| habe man nicht nur junge Nordafrikaner, sondern auch Rocker und Hooligans | |
| im Blick gehabt, die ihr Kommen nach Köln angekündigt hatten. | |
| Insgesamt wurden rund 2.000 Menschen in und um den Kölner Hauptbahnhof und | |
| etwa 800 am Bahnhof in Düsseldorf festgehalten, heißt es seitens der | |
| Bundespolizei in Köln. Sie hat weitere 300 Personenkontrollen durchgeführt | |
| und 900 Platzverweise ausgesprochen gegen Menschen, die alkoholisiert im | |
| Bahnhofsbereich herumgelungert hätten. Aus der Menge vor dem Bahnhof wurden | |
| 650 Menschen von der Landespolizei überprüft, aber nur 48 Platzverweise | |
| ausgesprochen, weniger als in der Altstadt und am Rheinufer. | |
| ## Vertrauliches Fahndungsblatt | |
| Wie die Rheinische Post berichtet, ist das gezielte Vorgehen der Polizei | |
| gegen bestimmte Nationalitäten in Nordrhein-Westfalen allerdings nicht erst | |
| seit Silvester gängige Praxis. Die Zeitung zitierte am Dienstag ein | |
| vertrauliches Fahndungsblatt mit dem Titel „Mobile Täter im Visier | |
| (MOTIV)“, welches das Landeskriminalamt für die Streifenpolizisten im Land | |
| verfasst habe. In dem Papier heißt es: „Die Staatsangehörigen der | |
| MOTIV-Tatverdächtigen sind vorwiegend rumänisch, deutsch (häufig mit | |
| Migrationshintergrund), sowie in steigender Anzahl marokkanisch“. Zu | |
| „Nordafrikanischen Tatverdächtigen“ heißt es, sie begingen „insbesondere | |
| Raub- , Körperverletzungs- und Taschendiebstahlsdelikte“. Das Papier ist | |
| ein Politikum. Denn NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat stets | |
| bestritten, dass es in seinem Bundesland Racial Profiling gebe. | |
| In Nordrhein-Westfalen gibt es schon länger Probleme mit umherstreifenden | |
| Kleinkriminellen, von denen viele nordafrikanischer Herkunft sind. Daneben | |
| gibt es Stadtquartiere wie das Maghreb-Viertel in Düsseldorf, die von | |
| alteingesessenen Arbeitsmigranten aus dem Maghreb und deren Familien | |
| geprägt sind. Und kein Bundesland hat mehr Flüchtlinge aus Maghreb-Staaten | |
| aufgenommen. | |
| Vorgaben wie aus dem Fahndungsblatt würden den Polizeistreifen aber | |
| „suggerieren, dass die Polizeiführung in NRW nicht viel Wert auf | |
| Differenzierung legt“, kritisiert Thomas Feltes, Professor für Kriminologie | |
| und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, gegenüber der | |
| Rheinischen Post. Das Papier sei „schlimmste Vulgärkriminologie“. | |
| 3 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bax | |
| ## TAGS | |
| Migration | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| NRW | |
| Racial Profiling | |
| Silvester | |
| Maghreb | |
| Lesestück Interview | |
| Köln | |
| Köln | |
| Grüne | |
| Köln | |
| Köln | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Sexuelle Übergriffe | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Abgelehnte Asylsuchende aus Nordafrika: Viele Gründe für eine Duldung | |
| Nur sehr wenige Asylsuchende aus dem Maghreb werden wieder abgeschoben. | |
| Grund dafür sind Gefahren für Leib und Leben, aber auch fehlende Papiere. | |
| Boris Palmer über Polizeieinsatz in Köln: „Das muss man aushalten“ | |
| Die Grünen dürfen der Polizei nicht in den Rücken fallen, meint Tübingens | |
| grüner OB Boris Palmer. Man könne nicht die ganze Republik gegen sich | |
| aufbringen. | |
| Kommentar Polizeiverhalten in Köln: Alle dürfen sich sicher fühlen | |
| Der öffentliche Raum sollte für jede und jeden so sicher sein, wie es geht. | |
| Das ist oft nur mit Polizei möglich. Und Lernen aus Köln ist nicht | |
| ausgeschlossen. | |
| Debatte Silvester in Köln: In der weißen Blase | |
| Die Kritik an rassistischen Polizeikontrollen sollte in Deutschland | |
| Bürgerpflicht sein. Stattdessen wird sie jetzt diffamiert. | |
| Kölner Polizeieinsatz an Silvester: „Dumm“, „bescheuert“ und „perfid… | |
| Grünen-Chefin Simone Peter hat Zweifel am Vorgehen der Polizei in Köln | |
| geäußert – und sorgt für breite Empörung. Auch in den eigenen Reihen. | |
| Silvesternacht in Köln: Polizei lässt Kritik gelten | |
| Die Landespolizei verteidigt verschärfte Kontrollen und wehrt sich gegen | |
| den Vorwurf eines Racial Profiling. Der „Nafri“-Tweet sei aber falsch | |
| gewesen. | |
| Debatte über die Kölner Silvesternacht: Polizeipräsident bedauert Wortwahl | |
| Jürgen Mathies entschuldigt sich für den Begriff „Nafris“, verteidigt aber | |
| das Vorgehen der Polizei. Kritik kommt von Politikern der Grünen, | |
| Unterstützung von der CSU. | |
| Kommentar Racial Profiling auf Twitter: Die Sprache der Kölpos | |
| Die Kölner Polizei bezeichnet Männer, die mutmaßlich aus Nordafrika kommen, | |
| als „Nafris“. Das klingt nicht nur rassistisch – das ist es auch. | |
| Kommentar Racial Profiling in Köln: Psychologische Abschreckung | |
| Die Kölner Polizei kontrolliert in der Silvesternacht Menschen nach ihrer | |
| Hautfarbe. Festhalten ist zwar keine Strafe, aber es wirkt wie eine. |