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# taz.de -- Lage in der Ukraine: Kriegsmüdigkeit auf beiden Seiten
> Im Donbass wird noch gekämpft. Aber selbst die radikale Politikerin
> Sawtschenko spricht jetzt mit den „Volksrepubliken“.
Bild: Im Austausch gegen zwei russische Gefangene wurde Nadija Sawtschenko im M…
Berlin taz | Um die Ostukraine ist es still geworden. Sowohl die Nato als
auch die OSZE bestätigen aber, dass sich die Lage an der „Kontaktlinie“
zwischen Regierungsarmee und Rebellen im Osten in den letzten Wochen massiv
zugespitzt hat. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verkündete am
Donnerstag immerhin, dass sich die trilaterale Kontaktgruppe auf eine
Waffenruhe über Weihnachten geeinigt habe. Sie soll ab Mitternacht am 24.
Dezember gelten.
Erwartungsgemäß stand die Lage im Donbass im Zentrum der Pressekonferenz,
die die ukrainische Abgeordnete Nadija Sawtschenko am Donnerstag im
Berliner Mauermuseum gab. Die als unversöhnliche Gegnerin Russlands
bekanntgewordene ehemalige Kampfpilotin stimmte versöhnliche Töne an: Die
Menschen im Donbass seien „würdige Gegner“; es seien auch Menschen, genauso
erschöpft und kriegsmüde wie die auf der anderen Seite.
Seit dem spektakulären Tausch Sawtschenkos gegen zwei russische Gefangene
und ihrer Rückkehr aus Russland in die Ukraine im Mai dieses Jahres hat die
35-jahrige Expilotin in ihrer Heimat immer wieder für Schlagzeilen gesorgt.
So wie sie während ihrer zweijährigen Haft in Russland in Bezug auf den
Kreml sich kein Blatt vor den Mund nahm, macht sie auch in Kiew immer
wieder durch radikale Statements von sich reden – nun allerdings über die
ukrainischen Politiker. Aber sie entspricht dabei nicht dem Klischee der
radikalen Nationalistin: Vor einer Woche wurde die einstige Nummer eins der
Liste der Partei Vaterland von Expremierministerin Julia Timoschenko aus
ihrer Fraktion ausgeschlossen – der Grund: ein heimliches Treffen mit
Führern der separatistischen sogenannten Volksrepubliken Donezk und
Luhansk, Alexander Sahartschenko und Igor Plotnizki, im weißrussischen
Minsk.
## Vorwürfe gegen Sawtschenko
„Die Vaterlandspartei ist kategorisch gegen jegliche Verhandlungen mit
Terroristen, gegen eine Amnestie der Mörder von Ukrainern, gegen die
Legalisierung der Banden im Donbass“, hieß es zur Begründung aus dem Munde
Timoschenkos. Sawtschenko lehnte nun die Anschuldigung, die
„Volksrepubliken“ im Donbass durch ihre Gespräche legitimieren zu wollen,
vehement ab. Das sei ohnehin bereits beim Minsker Friedensabkommen von 2014
passiert, sagte sie in Berlin. Dieses Abkommen wurde auch von den
Vertretern von Donezk und Luhansk unterschrieben. Zu behaupten, diese
Republiken existierten nicht, sei pure Heuchelei, so Sawtschenko.
Ihre ungewöhnliche Zusammenkunft in Minsk hatte eine völlig neue Qualität.
Es war das erste Treffen einer ukrainischen Parlamentsabgeordneten mit den
Vertretern der international nicht anerkannten „Volksrepubliken“ im
Donbass.
Seit ihrer Freilassung bemüht sich Sawtschenko um die Freilassung anderer
Gefangener, die in Russland beziehungsweise im Donbass inhaftiert sind.
Auch dazu nahm Sawtschenko in Berlin Stellung: Das Leben jedes einzelnen
Gefangenen habe für sie absolute Priorität. Um ein einziges Leben zu
retten, sei sie bereit, mit dem Teufel zu sprechen, sagte sie, und sie
wolle nichts ungenutzt lassen, um die Aufmerksamkeit der Welt auf das
Problem in ihrem Land lenken zu wollen: den andauernden Krieg.
Jemand müsse diesen ersten Schritt tun, wenn die ukrainischen Politiker
offensichtlich nicht willens oder dazu nicht imstande seien, fuhr sie fort.
Hätte die Ukraine sofort das Kriegsrecht ausgerufen und die
wirtschaftlichen Beziehungen und den visafreien Verkehr mit Russland
gestoppt, dann gäbe es heute keine „Separatisten“ und „Terroristen“.
Eine junge Frau aus der Krim fragte, ob Sawtschenko eine Lösung auch für
ihre Heimat habe. „Sicherlich. Ich habe darauf meine Sicht, die in unserem
Parlament leider keine Mehrheit hat. Auf die Details kann ich nicht
eingehen, wir wollen ja vor dem Feind keine Karten offen legen. Aber seien
Sie sicher, dass noch nichts verloren ist.“
22 Dec 2016
## AUTOREN
Irina Serdyuk
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