# taz.de -- Krieg in der Ostukraine: Nichts wie weg aus Awdiiwka | |
> Die Kleinstadt unweit von Donezk ist heftig umkämpft. Die meisten | |
> Bewohner sind ohne Wasser und Strom. Die Evakuierung wird vorbereitet. | |
Bild: Ein verwundeter ukrainischer Soldat wird am Dienstag in Awdiiwka von sein… | |
Kiew taz | Die Ostukraine wird von den heftigsten Kämpfen seit 2014 | |
erschüttert. Jeden Tag registriert die Beobachtermission der OSZE über | |
tausend Verletzungen des Waffenstillstandes. Er ist zentraler Bestandteil | |
des Minsker Abkommens vom Februar 2015. | |
Die neu aufgeflammten Kämpfe konzentrieren sich vor allem um die Kleinstadt | |
Awdiiwka, knapp 20 Kilometer nördlich von Donezk. Dort wurden allein am | |
Sonntag und Montag sieben ukrainische Soldaten und am Dienstag ein Soldat | |
getötet. Seit dem Wochenende sind die Bewohner von Awdiiwka bei minus 18 | |
Grad weitgehend ohne Wasser und Strom. | |
Während viele Bewohner aus Angst vor der Artillerie in den Kellern | |
übernachten, tagsüber im Freien auf einem Feuer Essen zubereiten, wird die | |
Evakuierung eines großen Teiles der Bevölkerung vorbereitet. Zwei Züge und | |
80 Busse sollen schon in Awdiiwka eingetroffen sein, um mit der Evakuierung | |
von 4.000 Personen zu beginnen. „Ich schlafe die letzten Nächte mit meiner | |
Mütze und unter zwei Bettdecken“ berichtet eine Frau namens Olga der | |
ukrainischen Tageszeitung Vesti. Sie habe nicht vor, die Stadt zu | |
verlassen. „Wohin auch?“ | |
So viel Ruhe kann Anastasia, eine andere Bewohnern der von Kiew | |
kontrollierten Kleinstadt, nicht mehr aufbringen. „Die Situation ändert | |
sich hier doch im Minutentakt.“ Sie hat die Stadt schon verlassen. Überall | |
am Ortsausgang, so Anastasia gegenüber Vesti, stünden Bewohner, die per | |
Anhalter versuchten, wegzukommen. | |
Im Internet bietet eine Frau aus Charkiw „einer Familie aus Awdiiwka“ eine | |
Bleibe an. Ähnliche Erklärungen veröffentlichen auch Wohnungsbesitzer in | |
anderen Städten der Ukraine. Die größte Befürchtung der Bewohner Awdiiwkas | |
ist, dass ihre Heimatstadt ganz von der Landkarte verschwinden könnte. Es | |
ist das Kokswerk des ostukrainischen Oligarchen Rinat Achmetow in Awdiiwka, | |
das den Menschen nicht nur Arbeit gibt. | |
## Die Angst vor dem Stillstand | |
Nach einem Zusammenbruch der städtischen Gasversorgung versorgt die | |
Kokserei die Heizungen der Bewohner mit Gas. Doch niemand kann garantieren, | |
dass die Kokserei direkt im Kriegsgebiet ihren Betrieb aufrechterhalten | |
kann. Sollte es zum Stillstand kommen, werden nicht nur 4.000 Menschen ihre | |
Arbeit verlieren. Wenn die Fabrik einmal stillsteht, wird sie nie mehr neu | |
angefahren werden können, so Fachleute. Jederzeit können die Tanks mit dem | |
giftigen flüssigen Müll durch einen Beschuss aufbrechen. | |
Auch der Wasserversorgung im Gebiet Donezk drohen Ausfälle, in deren Folge | |
Hunderttausende auf beiden Seiten der Front von einer Trinkwasserversorgung | |
abgeschnitten wären. So ist die Wasserverteilstation Werchnekalmiusk im | |
Gebiet Donezk durch einen Beschuss funktionsunfähig. Wenn der Schaden nicht | |
behoben werde, so die OSZE, hätten Teile von Donezk, Awdiiwka, Makejewka | |
und Jasinowataja kein Trinkwasser mehr. | |
Unterdessen verstärken internationale Organisationen ihre Bemühungen für | |
die Menschen in den umkämpften Gebieten. Am Mittwoch erreichte ein Konvoi | |
des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes Awdiiwka. Das ICRC werde | |
seine Arbeit in der Ukraine intensivieren, kündigte der Chef der Kiewer | |
Mission des ICRC, Alan Ashliman, am Mittwoch in Kiew an. Am Donnerstag will | |
sich der Sicherheitsrat der UNO mit der Eskalation in der Ostukraine | |
beschäftigen. | |
1 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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