# taz.de -- Proteste im Kongo: Trillerpfeifen und Todesschüsse | |
> Nach dem offiziellen Ende des Mandats von Präsident Kabila weiten sich | |
> die Proteste aus. Das neue Kabinett wurde mitten in der Nacht | |
> vorgestellt. | |
Bild: Demonstranten im Schutz eines UN-Panzers, Kinshasa am 20. Dezember | |
BERLIN taz | Die Proteste in der Demokratischen Republik Kongo gegen | |
Präsident Joseph Kabila haben sich am Tag nach dem verfassungsmäßigen Ende | |
seiner Amtszeit weiter zugespitzt. Nach einer Zählung von Oppositionellen | |
starben allein in Kongos zweitgrößter Stadt Lubumbashi, im Bergbaurevier im | |
äußersten Süden des Landes, bis Dienstag mittag 19 Menschen, davon vier | |
Polizisten und zwei Soldaten. Eine unabhängige Bilanz lag zunächst nicht | |
vor. | |
Um Mitternacht in der Nacht zum Dienstag war die verfassungsmäßig letzte | |
Amtszeit von Präsident Joseph Kabila zu Ende gegangen. Er bleibt mangels | |
Neuwahlen im Amt. | |
In zahlreichen Vierteln der Hauptstadt Kinshasa gingen in der Nacht | |
Protestierende mit Trillerpfeifen auf die Straße, als Symbol des Abpfiffs | |
für den Präsidenten. Verschiedentlich fielen Schüsse. Am Morgen gingen dann | |
in mehreren Städten die Demonstrationen erneut los, die am Montag meist | |
sofort mit Gewalt beendet worden waren. | |
Aus einigen Stadtteilen Kinshasas wurden schon am Dienstag vormittag Tote | |
und Verletzte gemeldet. UN-Blauhelme fuhren in Oppositionshochburgen | |
Patrouille, Demonstranten sammelten sich im Schutz der weißen UN-Panzer und | |
zogen mit ihnen durch die Straßen. | |
Die UN-Mission im Kongo äußerte Kritik an der „Verhaftungswelle“ des | |
Regimes, die Menschen träfe, die „lediglich ihre politische Meinung | |
geäußert“ hätten. | |
## Vorfälle in verschiedenen Städten | |
Aus Lubumbashi wurde berichtet, Sicherheitskräfte hätten sich vereinzelt | |
mit Demonstranten solidarisiert und ganze Straßenzüge seien unter Kontrolle | |
radikalisierter Jugendlicher geraten. Mehrere Polizeistationen in der zwei | |
Millionen Einwohner zählenden Stadt seien gestürmt und Schulgebäude | |
angezündet worden. | |
Aus der östlichen Metropole Goma wurden brennende Straßensperren gemeldet, | |
aus der westlichen Hafenstadt Boma mehrere Tote. | |
In Kananga, Hauptstadt der Provinz Kasai im Zentrum des Landes, sollen die | |
seit mehreren Monaten aktiven Milizionäre des von der Polizei getöteten | |
traditionellen Führers Kamwina Nsapu erneut angegriffen haben. | |
Milizen eines aufständischen Pygmäenvolkes rückten in die südöstliche Stadt | |
Manono in der Heimatregion der Kabila-Familie ein. | |
## „Widerstand gegen den Putsch“ | |
Kongos wichtigster Oppositionsführer Etienne Tshisekedi rief in einer im | |
Internet verbreiteten Ansprache dazu auf, die „illegale und illegitime“ | |
Herrschaft Kabilas nicht mehr anzuerkennen und „friedlichen Widerstand | |
gegen den Putsch“ zu leisten. Alle Versuche zu einer politischen Lösung des | |
Konflikts seien folgenlos geblieben. | |
Wenige Minuten vor Mitternacht war im Staatsfernsehen das neue | |
Regierungskabinett des vor wenigen Wochen von Präsident Kabila zum | |
Premierminister ernannten ehemaligen Oppositionsabgeordneten Samy Badibanga | |
verkündet worden. | |
Die Regierungsbildung kam überraschend, sollen doch eigentlich diesen | |
Mittwoch Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition im Kongo unter | |
Vermittlung der katholischen Bischofskonferenz des Landes weitergehen, die | |
am Samstag ergebnislos unterbrochen worden waren. | |
Bei diesen Verhandlungen liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, Kabila für ein | |
Jahr im Amt zu lassen, der radikalen Opposition den Posten des | |
Premierministers zu geben und eine paritätisch zwischen Kabila-Lager und | |
Opposition geteilte Regierung zu bilden. | |
20 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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