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# taz.de -- Jakob Augstein über Jürgen Todenhöfer: „Er ist kein Journalist…
> Der umstrittene Publizist Jürgen Todenhöfer wird Herausgeber der
> Wochenzeitung „Freitag“. Er begreife das als Experiment, sagt Verleger
> Jakob Augstein.
Bild: Sitzt gerne in Talkshows: Jürgen Todenhöfer bei „Menschen bei Maischb…
taz: Herr Augstein, Sie haben Jürgen Todenhöfer zum Herausgeber des
„Freitag“ berufen. Warum?
Jakob Augstein: Ich kenne Jürgen Todenhöfer schon lange und finde, dass er
eine sehr ungewöhnliche Figur ist: ein unabhängiger Kopf, kontrovers und
deswegen passt er zu uns. Wir sind nicht in allem einer Meinung, aber mir
war wichtig: Er ist kein Mainstreampublizist und der Freitag ist kein
Mainstream-Medium.
In welchen Punkten stimmen sie überein?
Er ist einer der schärfsten Kriegskritiker. Ich halte ihn für einen
Pazifisten. Er glaubt, dass es keine guten und keine bösen Kriege, keine
guten Bomben und keine bösen Bomben gibt – darin sind wir uns einig. Ihn
zeichnet seine hohe Glaubwürdigkeit aus, er weiß wovon er spricht, wenn er
vom Krieg berichtet. Er war dort.
In vielen Kreisen hat er keine Glaubwürdigkeit. Zuletzt stand er [1][in der
Kritik, weil er ein Interview mit einem vermeintlichen Al-Nusra-Mitglied
geführt hat, das eventuell gar keins war].
Ich fand die Kritik an dem Interview nicht überzeugend. Ich kann das nicht
beurteilen, verlasse mich aber auf sein Wort.
Ihm wird auch eine zu große Nähe zu Assad vorgeworfen: [2][Er soll guten
Kontakt zu Assad-Vertrauten haben], [3][2012 hat er den syrischen Diktator
interviewt und kaum kritische Fragen gestellt].
Ich fand das Interview nicht unkritisch. Interessant ist doch, dass, wann
immer es um Todenhöfer geht, dieses Assad-Interview rausgeholt wird. Und
wenn sie diesen Maßstab – zu große Nähe zwischen Interviewpartner und
Interviewtem anlegen –, dann dünnen sich die Reihen der guten Journalisten
schnell aus. Ich glaube, viele Leute stören sich an seinen Meinungen und an
seiner Kritik an der militärisch gestützten Außenpolitik der USA. Das
wollen viele Leute nicht hören und kritisieren deswegen sein
journalistisches Handwerk. Übrigens: Todenhöfer ist kein Journalist. Das
muss er als Freitag-Herausgeber auch nicht sein.
In den sozialen Netzwerken haben einige Leute die Nachricht kommentiert
mit: „Augstein und Todenhöfer, das passt ja gut zusammen.“ Können Sie sich
vorstellen, was damit gemeint ist?
Das ist ein Zitat von bild.de-Chef Julian Reichelt. Zitiert die taz jetzt
die Bild?
Das kommt nicht nur von Reichelt, sondern von vielen Twitterern.
Okay, ich weiß aber nicht, was es bedeuten soll.
Ihnen ist auch schon Antisemitismus vorgeworfen worden.
Ich habe keinen Hinweis darauf, dass Todenhöfer Antisemit ist. Er lehnt die
israelische Siedlungspolitik ab, das tue ich auch. Aber das ist doch noch
nicht antisemitisch.
Um bei Todenhöfer zu bleiben: Er hat zum Beispiel auf [4][Facebook Xavier
Naidoo promoted und dessen Lied „Nie mehr Krieg“, in dem er singt, Muslime
trügen heute den Judenstern]. Finden Sie das nicht antisemitisch?
Ich finde die Formulierung unsäglich. Richtig ist, dass es in Deutschland
und Europa eine gefährliche Muslimfeindlichkeit gibt. Abgesehen davon muss
ich nicht alles gut finden, was Todenhöfer macht. Sie fragen doch auch
nicht Giovanni di Lorenzo, ob er alles mitträgt, was Helmut Schmidt in
einem langen Politikerleben gesagt hat.
Der „Spiegel“, dessen Gesellschafter sie sind, hatte dieses Jahr einen
Rechtsstreit mit Todenhöfer, [5][der im Vergleich endete]. Der „Spiegel“
hat den Artikel, in dem Zweifel an Todenhöfers Recherchen zu seinem
aktuellen Buch „Inside IS“ erhoben werden, aus dem Netz gelöscht. Hat diese
Auseinandersetzung etwas mit ihrer Entscheidung zu tun?
Nein. Ich habe von dem Rechtsstreit auch erst spät erfahren. Als
Minderheitengesellschafter bin ich von so etwas zu weit weg. Wenn der
Spiegel Recht gehabt hätte, hätte ich Todenhöfer nicht zum Herausgeber
gemacht. Hat er aber nicht.
Welche Befugnisse wird Todenhöfer als Herausgeber haben?
Er berät die Chefredaktion und darf in die Konferenzen kommen.
Das ist nicht viel. Wozu brauchen Sie ihn dann?
Ich finde es paradox, dass jemand wie Todenhöfer – 76 Jahre alt, Politiker
unter Kohl gewesen – so eine riesige Fangemeinde im Internet hat. Er ist
einer der wenigen, vielleicht neben Sascha Lobo der einzige, völlig
unabhängige Publizist, mit so einer Internet-Präsenz. Das zeigt doch, dass
den klassischen Journalisten die Deutungshoheit entrissen wird und
Todenhöfer verstanden zu haben scheint, wie er darauf reagieren kann. Seine
Benennung ist für uns auch ein Experiment auf der Suche nach der Zukunft
des Journalismus.
Knapp 700.000 Fans hat er bei Facebook. Erhoffen Sie sich auch, unter denen
neue Leser zu gewinnen?
Natürlich. Dem Freitag geht es zwar gut, wir wachsen. Trotzdem ist
Todenhöfer für uns ein Gewinn.
8 Dec 2016
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/spiegel/krieg-in-syrien-zweifel-am-todenhoefer-interv…
[2] https://now.mmedia.me/lb/en/AssadLeaks/565291-friends-in-the-media
[3] https://www.youtube.com/watch?v=PPR4TePt-6g
[4] https://www.facebook.com/JuergenTodenhoefer/videos/10153364608470838/
[5] http://www.ksta.de/kultur/rechtsstreit-um--schmaehartikel--der--spiegel--lo…
## AUTOREN
Anne Fromm
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