Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Airbnb-Wohnungen in Berlin: Ein Verbot, viele Schlupflöcher
> Seit Mai gilt ein Gesetz gegen illegale Ferienwohnungen. Es ist nun
> schwieriger, über Airbnb zu vermieten. Zahlen zeigen: Nicht alle schreckt
> das ab.
Bild: Hier müssten doch eigentlich genug Leute wohnen können
Berlin taz | „Fabian“ lächelt freundlich in die Kamera, das Foto sieht aus
wie aus einer Bewerbungsmappe. Beim Punkt „Verifizierte Angaben“ auf Airbnb
sind die E-Mail-Adresse, die Telefonnummer und ein gültiger
Lichtbildausweis abgehakt. 18 Wohnungsangebote hat er ins Netz gestellt,
laut einer Analyse des Studios Karat, eines datenjournalistischen Projekts
der FH Potsdam, liegt er damit in Berlin auf Platz 6. Alles legal? Wer
weiß. Auf Anfragen der taz antwortet der Nutzer nicht.
[1][Seit Mai gilt in Berlin das Gesetz zum Zweckentfremdungsverbot] in
vollem Umfang. Es soll vor allem AnbieterInnen auf Internetplattformen wie
Airbnb, 9flats oder Wimdu treffen. Menschen, die ihre Wohnungen ohne
Genehmigung als Ferienwohnung vermieten. „Wenn man eine geringe Miete von
etwa 500 Euro im Monat zahlt und über Airbnb 3.000 Euro verlangt, kann man
richtig Geld damit machen“, sagt Stephan von Dassel, Bezirksbürgermeister
von Berlin-Mitte. Das Problem: Dem Wohnungsmarkt werden so Tausende
Wohnungen entzogen – vor allem im niedrigen Preissegment.
Aber wie effektiv Gesetze wie das in Berlin sind, ist fraglich. Auf Airbnb
wurden einst etwa 19.000 Berliner Wohnungen angeboten. Unmittelbar vor
Einführung des Zweckentfremdungsverbots sank die Anzahl auf etwa 11.000,
allerdings ist sie inzwischen wieder gestiegen – nach Angaben des Studios
Karat auf etwa 12.400.
Lässt der Abschreckungseffekt also schon wieder nach? Das Problem, sagt von
Dassel, sei der Verwaltungsaufwand. Bis VermieterInnen zu hohen Geldstrafen
verurteilt würden, dauere es schätzungsweise anderthalb Jahre. Das Verbot
ist aber erst ein halbes Jahr alt. „Es dauert halt viel länger, als die
Leute glauben“, sagt von Dassel. Das Verbot hält er trotzdem für richtig.
## Harte Sanktionen verteilen
Alexander Schwarz, Chef von Airbnb in Deutschland, sieht das anders. „Nicht
progressiv“ sei das Gesetz, es schade Berlin als Tourismusstandort, sagte
er vor Kurzem [2][auf einer Podiumsdiskussion]. Doch wem soll Berlin
dienen? Den BewohnerInnen oder den TouristInnen?
Airbnb meint, [3][das mit dem Gesetz vor allem sogenannte „Home Sharer“
getroffen würde]n. Menschen also, die ihr Zimmer oder ihre Wohnung nur
zeitweise untervermieten und damit keinen großen Gewinn machen. In einer
Stellungnahme heißt es: „Hamburg, wie auch zahlreiche andere Städte auf der
Welt, differenziert klar zwischen Home Sharern und anderen Anbietern“. In
Hamburg dürften NutzerInnen ihren Hauptwohnsitz bis zu 180 Tage im Jahr
vermieten
Das Problem, sagt von Dassel: Die KollegInnen in Hamburg seien unzufrieden
mit ihrem Gesetz. Sie könnten nicht kontrollieren, ob die VermieterInnen
sich dran halten. Berlin habe ein strengeres Gesetz geschaffen und könne
harte Sanktionen verteilen – wenn illegale Anbieter denn erwischt werden.
Dassel versteht nicht, warum Airbnb der Stadt nicht die Adressen der
Anbieter überlässt. Dann könne man leicht nachprüfen, wer nun eine
Genehmigung hat oder seine Wohnung illegal untervermietet.
## 95 Prozent seines Unterhalts verdient er damit
Aber selbst in diesem Fall blieben Schlupflöcher. Etwa beim Angebot eines
Airbnb-Nutzers, der anonym bleiben möchte: Nach eigenen Angaben kaufte er
ab dem Jahr 2011 nach und nach vier Wohnungen im Sprengelkiez im Bezirk
Wedding – eine für den Eigengebrauch, die anderen für Vermietungen an
Urlauber. 95 Prozent seines Lebensunterhalts verdient er damit. Das
Zweckentfremdungsgesetz hätte seine Geschäftsgrundlage beinahe zerstört.
Ausgerechnet eine Beamtin des Wohnungsamtes gab ihm aber einen Tipp: Wenn
er nur die Hälfte einer gesamten Wohnung vermietet, ist das auch ohne
Ausnahmegenehmigung legal. Also legte er die Wohnungen zusammen. Es
entstand eine Luxus-Maisonettewohnung, 240 Quadratmeter auf zwei
Stockwerken. Einen Teil davon bewohnt er mit seiner Familie, den anderen
vermietet er.
„Die Stadt würde die Wohnungen schon gerne einzeln haben. Das würde auch
richtig helfen“, sagt der Airbnb-Nutzer. Eine Handhabe haben die Behörden
aber nicht. Und wenn die Stadt ihr Gesetz verschärfen würde, sodass der
User seine jetzige Praxis ohne Ausnahmegenehmigung nicht fortführen dürfte?
Dann, so sagt er, würde er seine Wohnungen wahrscheinlich möbliert für je
zwei Monate vermieten. In dem Fall wäre er nämlich nicht vom
Zweckentfremdungsverbot betroffen und dennoch vom Mietpreisspiegel
entbunden. Die Wohnungen würden dem regulären Markt aber weiterhin nicht
wiederzugeführt.
12 Dec 2016
## LINKS
[1] /!5300658/
[2] /Archiv-Suche/!5351667&s=Erik+Peter/
[3] /Archiv-Suche/!5349717&s=Erik+Peter/
## AUTOREN
Valerie Höhne
## TAGS
Airbnb
Berlin
Zweckentfremdungsverbot
Wohnungsmarkt
Airbnb
Berliner Senat
Tourismus
R2G Berlin
Zweckentfremdung
Lesestück Recherche und Reportage
Ferienwohnungen
Ferienwohnungen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zweckentfremdungsgesetz in Berlin: Freischaffender Wohnraumvernichter
Internetportale wie Airbnb müssen Daten von Vermietern illegaler
Ferienwohnungen herausgeben. Ändern tut das bisher nicht viel.
Urteil zum Ferienwohnungsverbot: Senat will abwarten und lesen
Das Oberverwaltungsgericht zweifelt an der Zulässigkeit des Verbots von
Ferienwohnungen. Nun sei das Bundesverfassungsgericht am Zug, sagt der
Senat.
Gesetz zu Reiserichtlinien: Weniger Schutz für viele Urlauber
Bei der Reform des EU-Pauschalreiserechts drohen Verbrauchern
Verschlechterungen. Der Bundestag soll ein missratenes Gesetz beschließen.
Rot-rot-grüner Koalitionsvertrag in Berlin: Bau auf, bau auf, bau auf
R2G hat viel vor. In Wohnungen, Schulen und die Verwaltung soll investiert
werden, die Zeit des Kaputtsparens ist vorbei. Ein Überblick.
Zweckentfremdung in Berlin: Mit Slime gegen das Verbot
Airbnb-Chef Alexander Schwarz trifft Mittes Bezirksbürgermeister Stephan
van Dassel: Seine Lobbystrategie scheitert.
Lobbyismus von Airbnb: Die Zweckentfremdung
Ein anscheinend harmloser Club wirbt für Interessen, die denen des
US-Konzerns Airbnb ähneln. Kein Zufall, sondern Astroturfing.
Das bleibt von der Woche II: Urteil ohne dramatische Folgen
Es gibt Schlimmeres als die Ausnahme beim Ferienwohnungsverbot.
Entscheid zu Ferienwohnungen in Berlin: Urlauben bei Eigentümern
Das Verwaltungsgericht gestattet drei Besitzern von Zweitwohnungen die
Vermietung an Touristen. Weitere Klagen werden folgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.