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# taz.de -- Ausbaukosten für das Stromnetz: Großzügige Umverteilung
> Die Kosten des Netzausbaus für nord- und ostdeutsche Kunden sollen
> gesenkt werden. Westdeutsche Betriebe sollen dafür mehr löhnen.
Bild: Die Kosten für den Ausbau des Hochspannungsnetzes sollen neu umgelegt we…
Berlin taz | Unternehmen in West- und Süddeutschland wehren sich gegen das
Vorhaben des Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel, die Ausbaukosten für die
Stromnetze neu zu berechnen. Für einige große Stromverbraucher unter
anderem in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg
könnte die geplante Vereinheitlichung der Netzentgelte zu teils erheblichen
Mehrkosten führen. „Wir halten das für nicht gerechtfertigt“, sagte ein
Sprecher der Bayer-Tochter Currenta in Leverkusen.
Gabriels Gesetzentwurf sieht vor, die Kosten für den Ausbau besser zu
verteilen. Bisher fallen die Ausgaben überproportional in den Gebieten an,
die die Firmen Tennet und 50 Hertz versorgen – unter anderem
Schleswig-Holstein, Ostdeutschland, Niedersachsen, Hessen und Bayern. Die
Strompreise für Firmen und Privatkunden steigen deshalb dort häufig stärker
als in den westlichen Regionen der Netzbetreiber Amprion und Transnet BW.
Der Grund: Tennet und 50 Hertz müssen mehr investieren, um den Windstrom
mittels neuer Trassen von Norden nach Süden zu leiten. Gabriel hält es für
fairer, wenn das Netz, das allen zugutekommt, auch von allen in gleicher
Höhe finanziert wird.
Wenn allerdings die Kunden im Osten entlastet werden, müssten die im Westen
einen höheren Anteil der Netzkosten übernehmen als bisher. Wie viel, hat
nun im Auftrag von Amprion das Institut [1][ewi Energy Research &
Scenarios] berechnet. „Auf der Höchstspannungsebene steigen die
Netzentgelte 2017 um bis zu 72 Prozent“, schreiben die Experten. Einzelne
Unternehmen müssten bis zu 5 Millionen Euro jährlich mehr für ihren Strom
zahlen. Amprion versorgt direkt etwa 80 Großkunden – Unternehmen wie Bayer,
Evonik, BP, ThyssenKrupp und Trimet.
Unternehmen im Tennet- und 50-Hertz-Gebiet hätten Vorteile, ebenso wie die
dortigen Privathaushalte. Für diese wäre die Auswirkung des Gesetzes aber
insgesamt nicht dramatisch. Im Osten würden die Kunden in der Größenordnung
von 10 Euro jährlich entlastet, im Westen stiegen die Stromrechnungen
entsprechend an.
## Kritik am Gesetz
Nun kritisieren einige Unternehmen das geplante Gesetz. „Eine
Vereinheitlichung der Netzentgelte belastet einseitig die west- und
süddeutsche Wirtschaft“, sagte Amprion-Geschäftsführer Hans-Jürgen Brick.
Die Bayer-Tochter Currenta sprach von einer „spürbaren Erhöhung der
Netzkosten“.
Currenta verwaltet die Bayer-Werke in Leverkusen, Dormagen und
Krefeld-Uerdingen. Beim Chemiekonzern Evonik in Essen hieß es, auf die
Firmen in NRW kämen Mehrausgaben von insgesamt 500 Millionen Euro jährlich
zu. „Regional zuordenbare Kosten müssen gemäß dem Verursacherprinzip
regional getragen werden“, sagte eine Sprecherin. „Eine weitere
Sozialisierung der Kostenbestandteile lehnen wir ab.“
Amprion-Geschäftsführer Brick hält es zwar für richtig, die
Netzfinanzierung, die etwa ein Viertel des Strompreises ausmacht, neu zu
berechnen. Allerdings lehnt auch er Gabriels Ost-West-Angleichung ab.
Stattdessen fordert er, die Anbindung der Windparks auf Nord- und Ostsee
vermehrt per Umlage auf den Strompreis zu finanzieren. Dann müssten alle
Privatkunden und die meisten Unternehmen bundesweit einen höheren Beitrag
zu den Netzkosten leisten. Den stromintensiven Konzernen blieben deutliche
Mehraufwendungen jedoch erspart.
Das Wirtschaftsministerium will den Gesetzentwurf vorerst nicht ändern.
Demnächst soll ihn das Kabinett beschließen. Gabriel war wiederholt
industriellen Großverbrauchern entgegengekommen.
5 Dec 2016
## LINKS
[1] http://www.ewi.uni-koeln.de/de/
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Kosten
Strom
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