# taz.de -- Strompreise in Deutschland: Ostenergie bleibt teuer | |
> Nach Protesten aus NRW will Gabriel die Netzentgelte doch nicht | |
> vereinheitlichen. Etwas gerechter werden die Strompreise trotzdem. | |
Bild: Egal, wohin der Strom fließt: Für die Leitungen zahlen die Nutzer, die … | |
BERLIN taz | Das Bundeswirtschaftsministerium ist von seinem Plan | |
abgerückt, die Kosten für die überregionalen Stromleitungen, die | |
sogenannten Übertragungsnetze, bundesweit zu vereinheitlichen. Dies sei | |
„nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs“, der noch im Januar im Kabinett | |
verabschiedet werden soll, sagte eine Ministeriumssprecherin am Montag auf | |
taz-Anfrage und bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der FAZ. | |
Die Netzentgelte sind dort besonders hoch, wo wegen der Energiewende viele | |
neue Leitungen gebaut werden müssen. Das ist vor allem beim Betreiber 50 | |
Hertz der Fall, der ganz Ostdeutschland versorgt; auch im Gebiet von | |
Tennet, das sich von Schleswig-Holstein über Niedersachsen und Hessen bis | |
nach Bayern erstreckt, sind die Netzentgelte überdurchschnittlich hoch. | |
Das wollte das von SPD-Chef Sigmar Gabriel geführte Wirtschaftsministerium | |
ändern. Zum einen sollten die Übertragungsnetzentgelte bundesweit | |
vereinheitlicht werden, zum anderen die sogenannten vermiedenen | |
Netzentgelte abgeschafft werden – eine Regelung aus den Anfangsjahren der | |
Energiewende, die dazu führt, dass auch ein Teil der Ökostrom-Vergütung | |
über die Netzentgelte finanziert wird. | |
Umgesetzt wird nun der zweite Teil dieses Plans. „Im Fokus steht, die | |
vermiedenen Netzentgelte stufenweise abzuschmelzen“, sagte Gabriels | |
Sprecherin. Auch dadurch sinken die regionalen Unterschiede beim Strompreis | |
– allerdings mit viel Verzögerung, weil die Veränderung über einen Zeitraum | |
von 10 Jahren erfolgt. | |
## Heftige Kritik aus NRW | |
Die Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte taucht im Entwurf | |
hingegen gar nicht mehr auf. Das sei das Ergebnis von Gesprächen mit | |
Verbänden und Bundesländern. Diese seien in dieser Frage nicht | |
„einigungsbereit“ gewesen. Vor allem aus Nordrhein-Westfalen hatte es im | |
Vorfeld heftige Kritik an den Plänen gegeben, weil sie dort zu steigenden | |
Strompreisen geführt hätten. | |
Mit der Absage bringt Gabriel nun allerdings jene Länder gegen sich auf, | |
die zu den Gewinnern gehört hätten – vor allem im Osten ist die Wut groß. | |
„Damit können wir uns nicht einverstanden erklären“, sagte Sachsen-Anhalts | |
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Montag im MDR. Er kündigte an, | |
bei Kanzlerin Angela Merkel zu intervenieren. Auch Thüringens | |
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) kritisierte, dass die neuen | |
Länder bei den Strompreisen massiv benachteiligt seien. | |
Sorge bereitet der Kurswechsel auch dem Energieexperten Andreas Jahn, der | |
für den Thinktank Agora Energiewende eine Analyse zu den Netzentgelten | |
verfasst hat. „Das zeugt nicht gerade von Solidarität in der Energiewende“, | |
sagte er. Die Netzentgelte machen bei Haushaltskunden etwa ein Viertel des | |
Strompreises aus; in Stuttgart sind sie nur halb so hoch wie in vielen | |
Orten Mecklenburg-Vorpommerns. | |
9 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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