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# taz.de -- Koalitionsvertrag von R2G in Berlin: Die Bürger als Partner
> Rot-Rot-Grün kündigt eine progressive Reformregierung an. Soziale Themen
> wie der Wohnungsbau sollen im Mittelpunkt stehen.
Bild: Ramona Pop, Michael Müller und Klaus Lederer am Mittwochabend
Berlin taz | Müde sahen sie aus, abgekämpft, erschöpft. Sechs Wochen lang
haben rund 30 Unterhändler von SPD, Linken und Grünen verhandelt,
gefeilscht, auch mal gedroht. Und nach den Gesprächen oft Bilder von der
Uhr im Turm des Roten Rathauses getwittert: 2.30 Uhr morgens zeigte die
bisweilen, manchmal war es noch später. Auch am Mittwochnachmittag dauert
es länger als geplant, bis sich der alte und künftige Regierungschef
Michael Müller (SPD) vor die Presse stellen kann und sagt: „Es waren harte,
arbeitsreiche und intensive Verhandlungen. Aber von Anfang an war zu
spüren, dass wir alle drei etwas erreichen wollen.“
Müller verkündet das mit nüchterner Miene, kein Lächeln. Trotzdem glaubt
man dem Regierenden Bürgermeister, wenn er sagt: „Wir haben alle richtig
Lust aufs Regieren.“
Neben ihm sitzen der Noch-Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer, künftig
wohl Kultursenator, und die Noch-Fraktionschefin der Grünen, Ramona Pop,
die als Wirtschaftssenatorin gehandelt wird. Auch sie wirken angespannt,
abgespannt. Lederer, dessen Linkspartei am 18. September leicht besser
abgeschnitten hat, darf als Erster sprechen. Er kündigt eine „progressive
Reformregierung“ an. Wichtig seien Fragen des Wohnens, des Verkehrs, der
Erhalt von kulturellen Freiräumen. Kurz: „Wir wollen die Stadt den Menschen
zurückgeben, die hier wohnen.“ Dazu gehört laut Lederer auch eine intensive
Bürgerbeteiligung. Man wolle die „Bürger als Partner“ begreifen.
Wie Müller betont auch Lederer den sozialen Aspekt dieser ersten
rot-rot-grünen Regierung. „Soziale Themen wollen wir in den Mittelpunkt
stellen“, sagt Müller. Die neue Regierung müsse die Lebenssituation der
Menschen verbessern, „soziale Spaltung verhindern oder dort, wo sie bereits
besteht, ihr entgegenwirken“. Deswegen soll auch viel sozialer Wohnraum neu
gebaut werden. Das sei ein wichtiger, wenn auch teurer Bereich. Aber, so
Müller: „Gutes Leben, gutes Zusammenleben ist nur möglich mit dem
entsprechenden Wohnungsangebot.“
## Je drei Ressorts gehen an Linke und Grüne
Lederer tritt Kritik entgegen, die neue Koalition würde auf Pump arbeiten
und „das Geld zum Fenster hinauswerfen“. Denn in den vergangenen Wochen
hatten die drei Parteien nach den Verhandlungen ihre gemeinsamen, oft nicht
ganz billigen Ergebnisse und Ziele verkündet. Woher das Geld dafür kommen
sollte, war indes oft unklar. Lederer betont nun: „Unsere Prioritäten sind
finanziell abgesichert durch die Einnahmen, die wir erwirtschaften.“ Und
kündigt ein 100-Tage-Programm an. Ramona Pop spricht von klaren Zielen und
Prioritäten, die Rot-Rot-Grün setzen und umsetzen werde.
Die neue Regierung wird aus 10 SenatorInnen und dem Regierenden
Bürgermeister bestehen. Je drei Ressorts gehen an Linke und Grüne, wobei es
den kleinen Parteien gelang, das wichtige Stadtentwicklungsressort der SPD
abzuluchsen, die es seit 1999 geführt hatte. Künftig wird sich die Linke um
Bauen und Wohnen kümmern, die Grünen bekommen Umwelt und Verkehr.
Auch einen Kultursenator wird es nach zehn Jahren erstmals in Berlin wieder
geben. Müller, der bisher diesen Bereich selbst verwaltete, sprach davon,
dass es „wehtue“, dafür nicht mehr zuständig zu sein. Statt um Kultur
kümmert sich Müller künftig um Wissenschaft und Forschung.
Am Ende bedankt sich Pop für „sechs spannende und abwechslungsreiche
Wochen“. Und da wird dann auf dem Podium tatsächlich gelächelt.
16 Nov 2016
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
R2G Berlin
Koalitionsvertrag
Michael Müller
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Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Klaus Lederer
R2G Berlin
Berlinwahl 2016
Gastkommentar
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