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# taz.de -- Kommentar Ceta-Urteil: Jetzt wieder politisch diskutieren
> Das Bundesverfassungsgericht hat eine einstweilige Verfügung gegen Ceta
> abgelehnt. Die eingebauten Sicherungen sind vor allem symbolisch.
Bild: Der zweite Senat entscheidet, ein hölzerner Adler guckt dazu grimmig
[1][Das Ceta-Urteil] ist ein typisches Karlsruhe-Urteil: Die Regierung kann
ihre Pläne im Prinzip weiterverfolgen, doch das Bundesverfassungsgericht
baute einige Sicherungen ein. So nutzt das Urteil am Ende allen. Die
Bundesregierung erhält mehr Akzeptanz für die Freihandelspolitik der EU,
die ja nicht zuletzt der deutschen Wirtschaft nützt. Die Skeptiker dieser
Politik wurden aber angehört, ernst genommen und ihre Befürchtungen von den
Richtern aufgegriffen.
Dass Karlsruhe Ceta nicht schon vor der Unterzeichnung stoppt, war aber
bereits seit Wochen abzusehen. Denn anders als zunächst geplant, wird Ceta
von der EU jetzt als gemischtes Abkommen behandelt. Das heißt neben
EU-Ministerrat und Europäischem Parlament müssen auch alle nationalen
Parlamente zustimmen. Und bis dahin wird nur der unproblematischere Teil
des Abkommen – ohne das umstrittene Investitionsgericht – vorläufig
angewandt. Dass hier bis zur endgültigen Karlsruher Entscheidung
unumkehrbare Nachteile entstehen, war nicht wirklich zu befürchten.
Die Diskussion um den unkontrollierten Gemeinsamen Ceta-Ausschuss wirkte da
ziemlich aufgeblasen. Sie kam ja auch erst auf, als das
Investitionsgericht, bei dem Investoren gegen Staaten klagen können, von
der vorläufigen Anwendung ausgenommen wurde. Insofern haben auch die von
Karlsruhe eingebauten Sicherungen gegen Alleingänge des Gemeinsamen
Ausschusses eher symbolische Wirkung.
Die Debatte wird in nächster Zeit nun wieder mehr politisch als juristisch
geführt. Und wenn es um die Ratifizierung des Abkommens durch Bundestag und
Bundesrat geht, dann geht es um den vollen Inhalt des Abkommens, also auch
um den Investitionsgerichtshof. Vermutlich wird der Gemeinsame
Ceta-Ausschuss bald wieder zu einem Randthema werden.
## Ceta-Kritiker haben recht viel erreicht
Dabei ist festzuhalten, dass die Ceta-Kritiker schon recht viel erreicht
haben. Die privaten Schiedsgerichte wurden durch ein öffentliches
Investitionsgericht ersetzt. In einer verbindlichen Zusatzerklärung zum
Ceta-Vertrag geben die Vertragspartner allerlei Garantien, dass das
Investitionsgericht sich auf Fälle von Willkür beschränkt und legitime
Sozial- und Umweltregeln akzeptiert. Geht es jetzt nur noch um das Prinzip?
Natürlich braucht man in Deutschland kein Sonderrecht für Investoren. Aber
wenn Ceta ein Modell-Abkommen sein soll, dann kann man schlecht Deutschland
ausnehmen. Und schon die Entwicklung in vielen EU-Staaten Richtung
Nationalismus, Protektionismus und gegen Rechtsstaatlichkeit zeigt, dass
das bloße Vertrauen auf örtliche Gerichte oft keine gute Idee ist.
Aber die Diskussion um Ceta läuft ja nicht nur in Deutschland, sondern in
vielen Teilen Europas. Wenn Ceta in jedem Mitgliedsstaat ratifiziert werden
muss, dann kann Ceta auch in jedem Mitgliedsstaat zu Fall gebracht werden.
Oder auch in Teilen von Mitgliedsstaaten, etwa in Wallonien, einem
Gliedstaat Belgiens.
Wie das niederländische Referendum um das Assoziationsabkommen mit der
Ukraine gezeigt hat, lassen sich solche Debatten auch schnell von
Nationalisten, Rassisten und EU-Kritikern kapern. Dann geht es nicht mehr
um den Schutz vor Genpflanzen, sondern um die nationale Souveränität und
den Schutz vor „Überfremdung“.
Auch in Karlsruhe saß mit dem deutschnationalen Rechtsprofessor
Karl-Albrecht Schachtschneider ein stramm-rechter Ceta-Gegner mit auf der
Klägerbank. Ob der europaweite Widerstand gegen Ceta eine
zivilgesellschaftliche Erfolgs-Story wird, ist noch sehr zu bezweifeln. Die
linken und demokratischen Ceta-Gegner brauchen jedenfalls sehr viel
strategisches Geschick, um hier nicht des billigen Erfolgs willen die
falschen Kräfte zu stärken.
14 Oct 2016
## LINKS
[1] /Entscheid-des-Bundesverfassungsgerichts/!5348470
## AUTOREN
Christian Rath
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