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# taz.de -- Kolumne Kulturbeutel: Rodler im Grill
> In einer neuen TV-Serie tauchen plötzlich der Hackl-Schorsch und der
> Loch-Felix auf. Jedes Ochsenrennen ist größerer Sport.
Bild: Was hast du denn da? Der Hackl-Schorsch, der Loch-Felix und ein Packerl
Ochsenrennen sind eine große Gaudi in Bayern. Die Randsportart lebt auch
deshalb immer weiter, weil ihr der Regisseur Franz X. Bogner vor 30 Jahren
in seiner von vielen in Bayern kultisch verehrten TV-Serie [1][„Irgendwie
und Sowieso“] ein Denkmal gesetzt hat. Darin geht es um „Geschichten von
68“, die abseits der Landeshauptstadt München in der Provinz spielen.
Die Serie beginnt mit einem Ochsenrennen, das der von Sir Quickly (Ottfried
Fischer) gesteuerte Ochse Ringo gewinnt. Der ist immer dann besonders
schnell, wenn er Musik hört. Und so rast er angetrieben von „Mr. Tambourine
Man“ zum Sieg. Bei der Siegerehrung spielt die Blaskapelle Velden speziell
für den Gewinner, der bekannt dafür ist, dass sich zwischen Freising und
Rosenheim niemand so gut mit amerikanischer Musik auskennt wie er, den
Militärmarsch „Stars and Stripes forever“.
Von dem Ruhm, den ihm diese Serie eingebracht hat, die zeigt, dass es in
der 68er- Zeit in Bayern mehr gegeben hat als die Schwabinger Krawalle,
zehrt Franz X. Bogner bis heute, und so entwickelt er für den Bayerischen
Rundfunk regelmäßig neue Serienformate. Seine jüngstes heißt [2][„Moni’s
Grill“] und soll eine Mischung aus Fiktion und gespielten Interview sein.
Die im bayerischen Fernsehen beinahe unvermeidliche Schandgosche Monika
Gruber gibt dabei die Wirtin Moni, der am Vatertag nichts mehr zuwider ist
als sauflustige Männergruppen. Als sie eine solche Gruppe bewirtet, steht
plötzlich der berühmte Schlittenfahrer Hackl-Schorsch vor ihr, der zusammen
mit dem nicht minder berühmten Schlittenfahrer Loch-Felix auf ein Schnitzel
bei Moni in der Münchner Innenstadt einkehrt. So ein Zufall aber auch.
## Der bärige Berchtesgadener
„Keine Gruppen“ steht auf einem Schild, das Moni an die Eingangstür gehän…
hat, und so fragt der Hackl-Schorsch: „Zähln mir zwoa aa scho als Gruppn?“
Schnell ist klar, dass der bärige Berchtesgadener als Schauspieler nicht
unbedingt eine Granate ist und vielleicht sogar als Leiche im Münchner
„Tatort“ eine Fehlbesetzung wäre. Der Loch-Felix sagt zunächst einmal gar
nichts, was dem Produkt wahrscheinlich gar nicht mal so schlecht tut.
Der Hackl-Schorsch bestellt sich dann ein alkoholfreies Weißbier und der
Loch-Felix einen Spezi. Eine arg trockene Getränkewahl, die Erinnerungen an
die Tage der Olympischen Spiele von Sotschi wachruft. Da hatte der
Hackl-Schorsch über den gerade zum zweiten Mal bei Olympia siegreichen
Loch-Felix auf die Frage, ob er bei dem Superrodler noch irgendeinen Makel
feststellen könne, gesagt: „Er kann sich nicht richtig volllaufen lassen.“
Auch dass der Loch-Felix das zu widerlegen versucht hat, indem er bis in
die Nacht hinein im Kufenstüberl des Deutschen Hauses von Krasnaja Poljana
mit ganz viel Weißbier gefeiert hat, ist unvergessen. Jetzt also Spezi.
## Schnitzel kauender Superrodler
Währenddessen bemühen sich echte Schauspielerinnen und Schauspieler, die
wirre Geschichte von Monis Vater, der immer ein Schwabinger Hallodri
gewesen und bis heute nicht wohlgelitten ist bei seiner Tochter, und dem
spanischen Vater von Monis Nichte Conzuela zu erzählen. Das will in der
Kürze der Zeit – eine knappe halbe Stunde dauert die Folge – nicht so recht
gelingen.
Dazwischen wird zudem immer wieder auf den Tisch geschnitten, an dem die
Schlittenfahrer sitzen. Schnitzel kauend erzählt der Loch-Felix, dass er
das Glück habe, eigentlich alles essen zu dürfen. Und der Hackl-Schorsch
sagt: „Die, wo sich dem Leistungssport verschrieben haben, die wollen
gewinnen, die wollen nicht Zweiter werden.“ Solche Sachen halt.
Komisch so ein gespieltes Interview und irgendwie alles andere als bärig.
Und als am Ende auch noch Alfons Schuhbeck als Zeitungsverkäufer die Szene
betritt und einen weiteren Beweis dafür abliefert, dass ein gelernter
Schauspieler einfach besser schauspielern kann als ein Koch, wird’s richtig
unterirdisch. Kein großer Sport.
Solchen gibt es am Samstag in Aying. Der örtliche Burschenverein lädt zum
Ochsenrennen. Um 13 Uhr geht’s los.
7 Oct 2016
## LINKS
[1] http://www.irgendwie-und-sowieso.de/
[2] http://www.daserste.de/unterhaltung/serie/monis-grill/index.html
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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