# taz.de -- Abgabe auf Brennelemente: Steuern sparen im AKW | |
> Weil 2017 die Brennelementesteuer endet, verzögern Konzerne die Beladung | |
> der Reaktoren. Dem Staat entgehen so hunderte Millionen Euro. | |
Bild: Brennstäbe im Abklingbecken: Hier kosten sie kein Geld | |
Mit einem banalen Steuertrick wollen die deutschen AKW-Betreiber Hunderte | |
von Millionen Euro sparen: Weil nach aktueller Gesetzeslage die Steuer auf | |
Kernbrennstoffe zum Jahresende ausläuft, haben die Atomunternehmen ihre | |
Revisionszeiten zum Austausch der Brennelemente auf den Jahresbeginn 2017 | |
verschoben. Üblicherweise werden solche Abschaltzeiten im Sommerhalbjahr | |
terminiert, weil dann der Stromverbrauch im Land und damit auch der | |
Börsenpreis der Kilowattstunden geringer ist. | |
Diesmal aber werden vier der acht deutschen Atomkraftwerke im Januar | |
abgeschaltet sein, die anderen vier in den Monaten Februar bis April. Denn | |
relevant für die Steuer in Höhe von 145 Euro je Gramm Kernbrennstoff ist | |
der Zeitpunkt, zu dem die nukleare Kettenreaktion startet, nachdem ein | |
Brennelement in einen Reaktor eingebracht wurde. Also versucht die | |
Atomwirtschaft, den Austausch des Brennstoffs so weit möglich über das | |
Jahresende hinauszuzögern. | |
Gerade 212 Brennelemente wurden im Jahr 2016 in den deutschen Reaktoren | |
nach einer Übersicht der Organisation ausgestrahlt bisher gewechselt. In | |
einem normalen Jahr sind es rund 600. Bis Ende Juli erzielte der Staat | |
daher lediglich 266 Millionen Euro an Einnahmen aus der | |
Brennelementesteuer, nur ein Drittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. | |
## 266 Millionen Einnahmen statt einer Milliarde | |
Für das ganze Jahre hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble mit Einnahmen | |
von einer Milliarde Euro gerechnet – „eine Luftnummer“ heißt es nun bei | |
ausgestrahlt. Denn für 2016 sei nur noch in einem einzigen AKW eine für den | |
Brennelemente-Austausch notwendige Abschaltung vorgesehen, nämlich derzeit | |
im AKW Neckarwestheim 2. Dort würden dann aber deutlich weniger | |
Brennelemente ausgetauscht als üblich. | |
Da die Unternehmen lediglich die Gestaltungsspielräume nutzen, die ihnen | |
die Politik gibt, richten Atomkraftgegner ihre Kritik an die | |
Bundesregierung. Zahlreiche Organisationen und auch einige | |
Landesregierungen haben sich in den vergangenen Wochen bereits dafür stark | |
gemacht, dass die Steuer bis zum Ende der Atomkraft in Deutschland, also | |
bis 2022, verlängert wird. „Es gab noch nie einen vernünftigen Grund, 2016 | |
die Brennelementesteuer auslaufen zu lassen“, sagt Hubert Weiger, | |
Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. | |
Eine Berechnung des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) kam | |
kürzlich zu dem Ergebnis, dass die AKW-Betreiber durch den Wegfall der | |
Steuer zusammen zwischen 2,9 und 4,4 Milliarden Euro an Zusatzgewinnen | |
einstreichen werden. Thomas E. Banning, Chef der Naturstrom AG, die das | |
FÖS-Gutachten in Auftrag gegeben hatte, sagt: „Steuerfrei Atommüll | |
produzieren, dessen Lagerung künftige Generationen auf Jahrtausende | |
beschäftigen wird – das geht nicht.“ | |
25 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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