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# taz.de -- Frauenrechte in Saudi-Arabien: Revolte gegen die Männerherrschaft
> Saudische Frauen dürfen nur heiraten oder arbeiten, wenn ihr männlicher
> Vormund es erlaubt. Tausende fordern nun ein Ende des Systems.
Bild: Noch die Ausnahme: saudische Frau allein am Steuer
Berlin taz Petitionen erhält König Salman viele. Doch diese dürfte die
Aufmerksamkeit des saudischen Monarchen wecken. Mehr als 14.000 Saudis
haben ihren Namen unter das Schriftstück gesetzt, das Aktivistinnen am
Montag zum königlichen Hof in Riad trugen. Besonders ungewöhnlich aber: Die
Unterschriften stammen von Frauen. Die Regierung, so die zentrale Forderung
der Unterzeichnerinnen, müsse [1][das sogenannte Vormundsystem] abschaffen.
Der Regelung zufolge brauchen Frauen die Zustimmung eines Mannes, etwa um
ins Ausland zu reisen oder zu heiraten. Auch Vermieter und Arbeitgeber
fragen oft nach dem Vormund, viele Behörden bleiben Frauen ohne Begleitung
verschlossen.
Normalerweise nickt der Vater oder der Ehemann die Anliegen der ihm
unterstellten Frau ab. Sollten diese aber verstorben oder nicht
zurechnungsfähig sein, kann die Vormundschaft auch auf den Bruder oder den
Sohn übergehen.
Unterstützung sammelte die Kampagne seit Wochen in den sozialen Netzwerken.
Am Montag twitterte die Aktivistin Aziza al-Jusuf ein [2][Foto, das sie auf
dem Weg zum königlichen Hof zeigt]. In der Hand: ein Umschlag mit der
Petition. Al-Jusuf hatte in der Vergangenheit bereits [3][für Schlagzeilen
gesorgt, als sie das Autofahrverbot für Frauen brach] und Fotos davon im
Netz verbreiten ließ.
## Vormundsystem als größte Hürde
MenschenrechtlerInnen fordern seit Jahren ein Ende des Vormundsystems. Die
Regierung unter Salmans Vorgänger König Abdullah hatte angekündigt, die
Regelung abzuschaffen. Passiert ist nichts.
Für viele Frauen ist das Vormundsystem die größte Hürde auf dem Weg zu mehr
Gleichberechtigung. Immer mehr Saudi-Araberinnen drängen auf den
Arbeitsmarkt, das Vormundsystem steht dem jedoch im Weg. „Frauen arbeiten
in Banken, in der Wissenschaft oder bei den Vereinten Nationen“, erklärt
Somayya Jabarti, Chefredakteurin der [4][Saudi Gazette].
Seit 2010 ist die Erwerbsquote von Frauen um 48 Prozent gestiegen, auf rund
16 Prozent. Für eine Gesellschaft, die auf die Wahrung traditioneller Werte
besonderen Wert legt, ist der Anstieg bemerkenswert. Drastischer noch ist
die Entwicklung im Privatsektor, wo der Anteil von Frauen in den
vergangenen fünf Jahren um das Fünffache gestiegen ist.
Die Entwicklung hat Gründe: Für viele Familien wird es schwieriger, von nur
einem Einkommen zu leben. Mit einer Bevölkerung, die sich seit dem Ölboom
der 70er Jahre verdreifacht hat, steigenden Lebenskosten und einem Ölpreis
unter 50-Dollar hat das Regime weniger Reichtum zu verteilen.
## Hohe Arbeitslosigkeit
Unter jungen Saudis ist die Arbeitslosigkeit hoch. Gleichzeitig bleibt der
Privatsektor abhängig von Gastarbeitern. Deren Zahl liegt um ein Vielfaches
höher als die berufstätiger Frauen.
Für Somayya Jabarti ist das Vormundsystem nicht nur ein wirtschaftliches
Problem. Die Journalistin fühlt sich persönlich gedemütigt. „Wenn ich
qualifiziert bin, um eine Zeitung und ein Team von Männern zu leiten, habe
ich auch die Freiheiten verdient, die mit der Verantwortung einhergehen“,
sagt sie.
Aktivistin al-Jusuf wartet auf eine Antwort der Regierung: Am Hof wurde sie
am Montag abgewiesen. Sie solle die Petition per Post schicken, hieß es.
27 Sep 2016
## LINKS
[1] https://www.hrw.org/report/2016/07/16/boxed/women-and-saudi-arabias-male-gu…
[2] https://twitter.com/azizayousef/status/780305986330451968?ref_src=twsrc%5Et…
[3] http://www.bbc.com/news/world-middle-east-25159880
[4] http://saudigazette.com.sa/
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
Saudi-Arabien
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Raif Badawi
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