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# taz.de -- Filmfest in Venedig: Ins Netz gegangen
> Üble Geheimdienstmachenschaften: In Kim Ki-duks Films „The Net“ gerät e…
> nordkoreanischer Fischer in die Fänge des südkoreanischen Militärs.
Bild: Regisseur Kim Ki-Duk mit den Schauspielern Ryoo Seung-bum (rechts) und Le…
Der Rasen wirkt so saftig grün und frisch verlegt, dass man der Versuchung
nicht widerstehen kann, seinen noch ungebrochenen Widerstand unter den
Füßen zu spüren. In diesem Jahr gibt es nämlich, umringt von einer kräftig
leuchtenden Grünfläche, einen Neubau auf dem Festivalgelände, der auf den
passenden Namen „Sala Giardino“ hört. Jahrelang gab es an derselben Stelle
lediglich ein klaffendes Loch und ambitionierte Baupläne, die Italiener
sprachen schon vom „buco della vergonia“, dem Loch der Schande.
Rot glänzend, wirkt der Kasten mit Leichtbaustruktur gleichwohl wie ein
Provisorium. Der Eindruck bestätigt sich innen, wo die Sitzreihen auf
knarrenden Spanplatten befestigt sind. Tatsächlich gibt es hier noch
Verbesserungsbedarf: Kurz vor Filmbeginn sorgt das Geräusch von Akkubohrern
für ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums.
Der Grund sind Stuhlreihen, die nicht ausreichend in den Brettern verankert
sind, weshalb noch einmal ausgiebig nachjustiert wird. Tatsächlich beginnen
nach und nach überall im Raum die Sitze bedenklich zu schwanken, vermehrt
wird der Ruf nach den Helfern laut, sogar als der Trailer der Mostra schon
längst zu laufen begonnen hat, surren die Bohrer noch. Darüber geht die
Begrüßung der Ehrengäste in der Sala Giardino fast unter.
Denn der koreanische Regisseur Kim Ki-duk, dessen Film „Geumul“ (The Net)
zur Einweihung des Saals gezeigt wird, sitzt mit zwei Hauptdarstellern im
Publikum. Der Titel „The Net“ ist doppeldeutig gewählt: Ein
nordkoreanischer Fischer, dessen Revier im Grenzgebiet zu Südkorea liegt,
gerät aus Versehen – sein Netz verfängt sich im Bootsmotor – auf die ande…
Seite seines Sees und wird dort von südkoreanischen Militärs in Empfang
genommen.
## Den Weg zurück ins frühere Leben finden
Von da an verfängt er sich, fast wie bei einem herkömmlichen
Spionagethriller, im symbolischen Netz der Geheimdienste. Erst auf
südkoreanischer Seite, wo er als Spion verdächtigt wird, bei seiner
Rückkehr dann auch auf nordkoreanischer Seite, wo man umgekehrt vermutet,
dass er von den Südkoreanern angeworben wurde.Der Fischer versucht bei
alledem, aufrecht zu seinem Land zu stehen. Was ihm auf südkoreanischer
Seite zunächst noch halbwegs leichtfällt.
Kim Ki-duk zeigt dabei nicht nur die fast identische Arbeitsweise der
Geheimdienste, er lässt seine „eigene“, die südkoreanische Seite, in ihrer
Vorgehensweise zudem keinesfalls vorteilhafter aussehen als die Kollegen im
Norden. Denn im Süden mag man einfach nicht glauben, dass es Menschen gibt,
die lieber bei ihrer Familie im Norden bleiben, als in den freien Süden
überlaufen wollen.
Am Ende lässt Kim Ki-duk seinen zweifach verratenen Protagonisten
vielleicht eine Spur zu konsequent handeln. Bis dahin ist man ihm in diesem
trocken inszenierten, graublaue Farbtöne bevorzugenden Film jedoch gebannt
gefolgt bei seinem Versuch, den Weg zurück zu finden in sein früheres
Leben.
Nachdem man selbst wieder seinen Weg nach draußen gefunden hat, gibt es
dann noch ein bisschen Starbeschau: Auf dem roten Teppich bereiten sich die
Jurymitglieder auf die Eröffnungsfeier vor, gut zu erkennen etwa die
Schauspielerin Nina Hoss und, ein Stück kleiner, die Künstlerin Laurie
Anderson. Jubilatorisches Gekreische wie bei Popstars. Stimmt ja auch.
6 Sep 2016
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Nordkorea
Südkorea
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