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# taz.de -- Krise im Movimento5Stelle: Das geht jetzt ans Eingemachte
> Bislang ist es nicht weit her mit den hochgehaltenen Werten Ehrlichkeit
> und Transparenz bei den alternativen Fünf Sternen in Italien.
Bild: Die Fünf-Sterne-Bürgermeisterin von Rom, Frau Raggi, beim Tete a Tete m…
Rom taz | Vom größten Erfolg zur bisher schwersten Krise: Nicht einmal drei
Monate nach dem Sieg bei den Kommunalwahlen Roms droht dem Movimento5Stelle
(M5S – Fünf-Sterne-Bewegung) ein politisches Fiasko.
Am 19. Juni zog die 38-jährige Virginia Raggi als strahlende Siegerin ins
Rathaus Roms ein; in den Stichwahlen um den Posten des Bürgermeisters hatte
sie 67 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt. Der Überdruss der Römer mit
den bisherigen Kommunalregierungen, die – egal ob rechts oder links – vor
allem mit Korruptionsaffären und Unfähigkeit aufgefallen waren, hatte Raggi
und die Protestbewegung M5S nach oben gespült.
Gerne glaubten die Bürger der Verheißung, in Zukunft würden „Onestà“ und
„Trasparenza“ – Ehrlichkeit und Transparenz – herrschen. Den Augiasstall
der Kommunalverwaltung ausmisten, die heruntergekommenen kommunalen
Betriebe, vor allem den Verkehrsbetrieb und die Müllabfuhr, wieder auf
Vordermann bringen: dies waren die zentralen Versprechen der „Fünf Sterne“.
Stattdessen fällt die neue Stadtspitze jedoch durch heftige interne
Auseinandersetzungen und zuletzt durch einen Skandal auf, der den
Markenkern des M5S, die „Transparenz“, berührt. Von Anfang an setzte Raggi
darauf, an weiten Teilen der eigenen Bewegung vorbei ein Küchenkabinett um
sich zu scharen.
Eine zentrale Figur, der Chef ihres Sekretariats Raffaele Marra, hatte
seine Karriere in der Kommunalverwaltung unter dem in den Jahren 2008 bis
2013 regierenden stramm rechten Exfaschisten Gianni Alemanno begonnen.
## Intransparente Entscheidungen
Doch ideologisch kennt Raggi keine Berührungsängste; sie selbst hatte ihr
Rechtsanwalts-Referendariat in der Kanzlei Cesare Previtis absolviert, eine
der dunkelsten Figuren aus dem engsten Umkreis Silvio Berlusconis; Previti
wurde am Ende wegen Korruptionsdelikten zu einer mehrjährigen Haftstrafe
verurteilt.
Schon die Tatsache, dass sie bei allen Entscheidungen nur den engen Kreis
ihrer Vertrauten konsultierte, führte schnell zu Verdruss, ebenso wie die
intransparenten Entscheidungen über deren Gehälter. Vor wenigen Tagen
explodierte der Konflikt, als der gerade erst berufene Dezernent für
Finanzen und Städtische Beteiligungen das Handtuch warf, im Verein nicht
nur mit der Kabinettschefin Raggis, sondern auch der Vorstände der
Müllabfuhrgesellschaft und der Verkehrsbetriebe.
Doch wirklich gefährlich wird die Krise für das M5S, weil jetzt bekannt
wurde, dass gegen die Umweltdezernentin – die auch für Müllabfuhr und
Stadtreinigung zuständig ist – seit Monaten ein Ermittlungsverfahren läuft.
Paola Muraro, die neue Dezernentin, soll in ihrer vorherigen Tätigkeit als
Beraterin ausgerechnet der städtischen Müllabfuhr Roms Umweltvergehen
begangen haben.
## Es steht Spitz auf Knopf
Dramatisch sind weniger diese Ermittlungen selbst als die Tatsache, dass
Raggi sie hartnäckig verschwieg, obwohl sie seit Anfang August von ihnen
wusste. Und, schlimmer noch, sie hatte umgehend den bisher wichtigsten
Hoffnungsträger des M5S, Luigi Di Maio, eingeweiht.
Der smarte 30-Jährige galt als der kommende Mann, der bei den nächsten
nationalen Wahlen als Spitzenkandidat gegen Ministerpräsident Matteo Renzi
antreten sollte. Doch auch Di Maio behielt sein Wissen um die Ermittlungen
für sich, weihte die übrigen Mitglieder der nationalen Führung ebenso wenig
ein wie den Gründer und Übervater Beppe Grillo.
Die Bombe platzte dann am Montagabend, als Raggi und Muraro bei einer
Anhörung im Abgeordnetenhaus zur Müllkrise Roms ungerührt erklärten, sie
wüssten seit Wochen von den laufenden Ermittlungen.
Seitdem jagt eine Krisensitzung des M5S die andere. Am Mittwoch schließlich
kam es zu einem Kompromiss, der die Probleme nicht löst, sondern nur
vertagt. Raggi verzichtet auf ihren Vize-Kabinettschef, doch die
Umweltdezernentin bleibt vorerst im Amt.
Druck bekommt Raggi aus den eigenen Reihen. Denn Rom ist für die
Fünf-Sterne-Bewegung zur Existenzfrage geworden, spätestens seitdem Beppe
Grillo gesagt hat: „Sie setzen darauf, dass wir hier ein Jahr regieren,
dann müssen wir den Haushalt vorlegen. Schaffen wir das nicht, gibt es
Neuwahlen. Und wenn es in dieser Stadt zu Neuwahlen kommt, ist die
Fünf-Sterne-Bewegung am Ende.“
8 Sep 2016
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
Rom
Fünf-Sterne-Bewegung
Beppe Grillo
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Virginia Raggi
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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