# taz.de -- Katastrophen in Italien: Land der Beben und der Betrogenen | |
> Immer wieder erschüttern Erdbeben das Land. Nicht immer haben Politik und | |
> Verwaltung den Betroffenen effizient geholfen. | |
Bild: Nicht erdbebensicher: Rettungskräfte in der Katastrophenregion | |
Rom taz | Italien ist neben Griechenland das am stärksten | |
erdbebengefährdete Land Europas. Auf dem Stiefel drücken die eurasische, | |
die apulische und die afrikanische Platte gegeneinander, und immer wieder | |
entlädt sich dieser Druck wie [1][in der Nacht auf Mittwoch] in heftigen | |
Beben. | |
So traf es erst vor vier Jahren, im Mai 2012, die norditalienische Region | |
Emilia Romagna. Gleich zwei Beben innerhalb von neun Tagen forderten 27 | |
Menschenleben, viele von ihnen Arbeiter, die unter den Trümmern | |
einstürzender Fabrikhallen begraben wurden. | |
Das schwerste Beben der jüngeren Vergangenheit ereignete sich am 6. April | |
2009 in den Abruzzen, rund 100 Kilometer östlich von Rom. In der Stadt | |
L’Aquila wurden die Menschen im Schlaf überrascht; zahlreiche Wohngebäude | |
brachen wie Kartenhäuser zusammen. L’Aquila war gewissermaßen Silvio | |
Berlusconis Beben: Der damalige Ministerpräsident nutzte die Katastrophe, | |
um sich als effizienter Retter und Kümmerer in Szene zu setzen. Doch so | |
rund die PR-Maschine lief, so heftig beschwerten sich doch die Bürger | |
zahlreicher kleiner Abruzzendörfer, weil Einsatzkräfte bei ihnen erst nach | |
mehr als 24 Stunden eintrafen. | |
Auch die neuen Wohnbauten, die die Regierung Berlusconi für die Bürger von | |
L’Aquila errichten ließ, gerieten bald in die Kritik. Maßlos überteuert | |
waren sie, vor allem aber waren sie eines nicht: erdbebensicher. | |
## Korruptionsskandal um Wiederaufbau | |
Noch heftigere Polemiken hatte es nach dem größten Erdbeben seit 1945 | |
gegeben, als am 23. November 1980 weite Teile Kampaniens – der Region rund | |
um Neapel – verwüstet wurden. Etwa 3.000 Menschen ließen damals ihr Leben, | |
280.000 wurden obdachlos. Entsetzt mussten Italiens Bürger die Ineffizienz | |
der Rettungsmaßnahmen zur Kenntnis nehmen; in vielen der Bergdörfer trafen | |
Helfer erst Tage nach dem Beben ein. Der Wiederaufbau verwandelte sich in | |
einen Megakorruptionsskandal, in dem Milliarden Euro in die Taschen von | |
Bauunternehmern und Politikern flossen, Zehntausende Bürger aber über | |
Jahrzehnte weiter in Notunterkünften blieben. | |
Zugleich aber wurde das Beben von 1980 zur Geburtsstunde des heute gut | |
funktionierenden Zivilschutzes. Auch bei den Normen für Neubauten hat | |
Italien nachgelegt: Sie müssen erdbebensicher sein. Doch die 2012 in der | |
Emilia Romagna eingestürzten Fabrikhallen ebenso wie die nach dem Beben von | |
L’Aquila neu errichteten Wohnsiedlungen zeigen, dass diese Normen oft genug | |
schlicht nicht eingehalten werden. | |
Erschwert wird die Prävention zudem dadurch, dass viele der malerischen | |
Ortskerne aus oft jahrhundertealten Bauten bestehen. Millionen alter Häuser | |
wären zu sanieren, um Italien einigermaßen erdbebensicher zu machen. | |
24 Aug 2016 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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