# taz.de -- Kommentar Fünf-Sterne-Bewegung Italien: Schon drei Jahre für fün… | |
> Die Fünf-Sterne-Bewegung gibt es in Italien nun schon länger, als viele | |
> erwartet hatten. Sie wollte ganz anders sein als die bisher bekannte | |
> Politik. | |
Bild: Beppe Grillo bei der Abschlussveranstaltung des Wahlkampfes 2013 | |
Vor drei Jahren erst, bei den nationalen Wahlen 2013, betrat Italiens | |
Fünf-Sterne-Bewegung die nationale Bühne, und das gleich mit einem | |
Paukenschlag. Bei den Parlamentswahlen holte das Movimento5Stelle aus dem | |
Stand 25 Prozent. | |
Von vielen wurde die von dem Komiker Beppe Grillo gegründete Bewegung | |
damals als Chaostruppe unter der Führung eines Politclowns geschmäht, als | |
Verein lärmender Populisten, der schnell scheitern, sich schnell selbst | |
entzaubern werde. | |
Doch das M5S konnte sich im italienischen Politikbetrieb etablieren, mit | |
einem originären Angebot an die Wähler. Ganz so wie die quer durch den | |
Kontinent erstarkenden populistischen Parteien setzt sie massiv auf die | |
Polemik gegen das eingesessene Establishment, mit zwei radikalen | |
Unterschieden allerdings. Zum einen verorteten sich die Fünf Sterne nie als | |
rechte Kraft, die Kapital vorneweg aus dem Kampf gegen Immigranten und | |
Islam zu schlagen sucht. | |
Und zum anderen dekliniert das M5S seine Anti-Establishment-Position als | |
Vision einer direkten Netz-Demokratie, in der es nur noch „Bürger“ gibt, | |
ohne Parteien, ohne vermittelnde Instanzen: Die einen entscheiden per | |
Mausklick, die anderen – die in die Institutionen entsandten „Sprecher“ d… | |
Bürger – exekutieren den Volkswillen. „Weder rechts noch links“ sei ihr | |
Ansatz, so das immer wieder verkündete Credo, und die Wähler nahmen diese | |
Botschaft willig auf. | |
Darüber wurde der diametrale Gegensatz zu den „Altparteien“ konstitutiv: | |
Dort die selbstbezogenen, machtversessenen, in die eigene Tasche | |
wirtschaftenden, korrupten Parteien, hier eine Bewegung, die als purer | |
Dienstleister für die Bürger antritt, bestehend aus uneigennützigen | |
Sachwaltern des Gemeininteresses. Mit religiöser Inbrunst bekennt sich das | |
M5S zu seiner „Andersartigkeit“ auf seinem Kreuzzug gegen den „Sumpf“ d… | |
italienischen Politik. | |
Das Problem der Bewegung ist allerdings, dass sie mittlerweile Wahlen | |
gewinnt, wie zuletzt im Juni in Rom oder Turin. Nun erweist sich, dass die | |
direkte Netz-Demokratie bisher pure Utopie ist, dass das M5S über keinerlei | |
durchstrukturierte Organisation mit klaren Entscheidungswegen verfügt. | |
Ausgerechnet jene Bewegung, die immer Transparenz predigt, glänzt oft genug | |
mit intransparenten Verfahren – und die Konstituierung kleiner Machtzirkel, | |
wie in Rom unter der neuen Bürgermeisterin, ist fast unvermeidlich. | |
Dies wäre den meisten Wählern wohl noch egal. Wenn jene Zirkel dann aber | |
Entscheidungen treffen, die ganz an die „alte Politik“ erinnern, wenn sie | |
zum Beispiel Ermittlungsverfahren gegen Politiker aus der Stadtspitze | |
verschweigen, dann rührt dies an die Existenzgrundlage des M5S, an ihr | |
Versprechen, radikal neu und anders zu sein. Und dann könnte es mit der | |
Hoffnung der Fünf Sterne, bald auch nationale Wahlen gewinnen zu können, | |
schnell wieder vorbei sein. | |
8 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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